Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_435.001 g. Ganz in Unschuld, Lieb und Güte glühte die Wange dir &c. p1b_435.002(Platen, 12. Ghasel.) p1b_435.003 p1b_435.013 p1b_435.014 p1b_435.019 p1b_435.022 a. Herr Ulrich hat's vernommen: er ruft im grimmen Zorn: p1b_435.024 p1b_435.025Jn eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein Horn.(Uhland.) b. Der gelbe Wein ist Gold, der rote Wein ist Blut, p1b_435.026 p1b_435.027Dem Golde bin ich hold, dem Blute bin ich gut.(Rückert.) c. Der Bauer hat die Not, der Ochse hat die Plage, p1b_435.028 p1b_435.029Der Bauer schreit um's Brot, der Ochs hat keine Klage. (Rückert.) p1b_435.030d. Aus der staubigen Residenz p1b_435.031 p1b_435.037 Wer gleichet uns freudigen Fischern im Kahn? p1b_435.039 p1b_435.040Wir wissen die schmeidigen Fische zu fahn &c. e. Es schäumen die Wogen im brausenden Meer, p1b_435.041 p1b_435.044Dann farbiger Bogen im Äther gar hehr. p1b_435.042 Das Wechselnde waltet, die Zukunft uns winkt, p1b_435.043 Und was da veraltet, das wanket und sinkt &c. (Müller von der Werra.) p1b_435.045 p1b_435.001 g. Ganz in Unschuld, Lieb und Güte glühte die Wange dir &c. p1b_435.002(Platen, 12. Ghasel.) p1b_435.003 p1b_435.013 p1b_435.014 p1b_435.019 p1b_435.022 a. Herr Ulrich hat's vernommen: er ruft im grimmen Zorn: p1b_435.024 p1b_435.025Jn eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein Horn.(Uhland.) b. Der gelbe Wein ist Gold, der rote Wein ist Blut, p1b_435.026 p1b_435.027Dem Golde bin ich hold, dem Blute bin ich gut.(Rückert.) c. Der Bauer hat die Not, der Ochse hat die Plage, p1b_435.028 p1b_435.029Der Bauer schreit um's Brot, der Ochs hat keine Klage. (Rückert.) p1b_435.030d. Aus der staubigen Residenz p1b_435.031 p1b_435.037 Wer gleichet uns freudigen Fischern im Kahn? p1b_435.039 p1b_435.040Wir wissen die schmeidigen Fische zu fahn &c. e. Es schäumen die Wogen im brausenden Meer, p1b_435.041 p1b_435.044Dann farbiger Bogen im Äther gar hehr. p1b_435.042 Das Wechselnde waltet, die Zukunft uns winkt, p1b_435.043 Und was da veraltet, das wanket und sinkt &c. (Müller von der Werra.) p1b_435.045 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0469" n="435"/> <lb n="p1b_435.001"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">g</hi>.</p> <lg> <l>Ganz in Unschuld, Lieb und <hi rendition="#g">Güte glühte</hi> die Wange dir &c.</l> </lg> <lb n="p1b_435.002"/> <p> <hi rendition="#right">(Platen, 12. 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Der Mittelreim.</p> <p><lb n="p1b_435.014"/> Bei ihm reimt die Mitte des einen Verses mit der Mitte des <lb n="p1b_435.015"/> folgenden Verses. Meistenteils besteht neben ihm auch der Endreim. <lb n="p1b_435.016"/> Er wird irrtümlich zuweilen mit dem Binnenreim verwechselt. (Vgl. <lb n="p1b_435.017"/> z. B. Sanders Abriß d. deutsch. Silbenmessung S. 117 § 176 Z. 15 <lb n="p1b_435.018"/> und 25.)</p> <p><lb n="p1b_435.019"/> Der Mittelreim wird zum Endreim, wenn die Verszeilen gebrochen geschrieben <lb n="p1b_435.020"/> werden, was sehr häufig bei den Nibelungenversen geschieht. (Vgl. <lb n="p1b_435.021"/> S. 318 ff. d. B.)</p> <p> <lb n="p1b_435.022"/> <hi rendition="#g">Beispiele des Mittelreims:</hi> </p> <lb n="p1b_435.023"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l>Herr Ulrich hat's ver<hi rendition="#g">nommen:</hi> er ruft im grimmen Zorn:</l> <lb n="p1b_435.024"/> <l>Jn eure Stadt soll <hi rendition="#g">kommen</hi> kein Huf und auch kein Horn.<hi rendition="#right">(Uhland.)</hi> </l> </lg> <lb n="p1b_435.025"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">b</hi>.</p> <lg> <l>Der gelbe Wein ist <hi rendition="#g">Gold,</hi> der rote Wein ist Blut,</l> <lb n="p1b_435.026"/> <l>Dem Golde bin ich <hi rendition="#g">hold,</hi> dem Blute bin ich gut.<hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </l> </lg> <lb n="p1b_435.027"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">c</hi>.</p> <lg> <l>Der Bauer hat die <hi rendition="#g">Not,</hi> der Ochse hat die Plage,</l> <lb n="p1b_435.028"/> <l>Der Bauer schreit um's <hi rendition="#g">Brot,</hi> der Ochs hat keine Klage.</l> </lg> <lb n="p1b_435.029"/> <p> <hi rendition="#c">(Rückert.)</hi> </p> <lb n="p1b_435.030"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">d</hi>. 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g.
Ganz in Unschuld, Lieb und Güte glühte die Wange dir &c.
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(Platen, 12. Ghasel.)
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Als ein Beispiel der Verwendung des Binnenreims zur Lautmalerei ist p1b_435.004
neben dem Goetheschen Hochzeitliede das unter Lautmalerei (§ 28) gegebene von p1b_435.005
Clemens Brentano („Es sauset und brauset das Tambourin“) zu erwähnen. p1b_435.006
Der Lernende möge für Würdigung der Lautmalerei Goethes aus dem Hochzeitlied p1b_435.007
I. 156 ersehen, wie durch die Wiederholung desselben Klangs in den p1b_435.008
Wörtern knistern, flistern; dappeln, rappeln &c. eine treue Nachahmung des p1b_435.009
nächtlich unsicheren und verworrenen Spukgetöses entsteht u. s. w., wie somit p1b_435.010
der Dichter-Künstler im Binnenreim ein treffliches Mittel zur Lautmalerei besitzt, p1b_435.011
das er freilich sparsam verwenden muß, wenn die Dichtung nicht den Charakter p1b_435.012
einer spielerisch tändelnden Reimerei erhalten soll.
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11. Der Mittelreim.
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Bei ihm reimt die Mitte des einen Verses mit der Mitte des p1b_435.015
folgenden Verses. Meistenteils besteht neben ihm auch der Endreim. p1b_435.016
Er wird irrtümlich zuweilen mit dem Binnenreim verwechselt. (Vgl. p1b_435.017
z. B. Sanders Abriß d. deutsch. Silbenmessung S. 117 § 176 Z. 15 p1b_435.018
und 25.)
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Der Mittelreim wird zum Endreim, wenn die Verszeilen gebrochen geschrieben p1b_435.020
werden, was sehr häufig bei den Nibelungenversen geschieht. (Vgl. p1b_435.021
S. 318 ff. d. B.)
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Beispiele des Mittelreims:
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a.
Herr Ulrich hat's vernommen: er ruft im grimmen Zorn: p1b_435.024
Jn eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein Horn.(Uhland.)
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b.
Der gelbe Wein ist Gold, der rote Wein ist Blut, p1b_435.026
Dem Golde bin ich hold, dem Blute bin ich gut.(Rückert.)
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c.
Der Bauer hat die Not, der Ochse hat die Plage, p1b_435.028
Der Bauer schreit um's Brot, der Ochs hat keine Klage.
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(Rückert.)
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d. Aus der staubigen Residenz p1b_435.031
Jn den laubigen frischen Lenz, p1b_435.032
Aus dem tosenden Gassenschrei p1b_435.033
Jn den kosenden stillen Mei (man beachte diese Rückertsche Schreib= p1b_435.034
u. s. w. weise, die falsch schreibt, um rein p1b_435.035
zu reimen; freilich ist die fränkische p1b_435.036
Dialekt-Unsitte mit schuld.)
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Ähnlich wie Rückert in d reimt Overbeck in seinem Fischerlied:
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Wer gleichet uns freudigen Fischern im Kahn? p1b_435.039
Wir wissen die schmeidigen Fische zu fahn &c.
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e.
Es schäumen die Wogen im brausenden Meer, p1b_435.041
Dann farbiger Bogen im Äther gar hehr. p1b_435.042
Das Wechselnde waltet, die Zukunft uns winkt, p1b_435.043
Und was da veraltet, das wanket und sinkt &c.
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(Müller von der Werra.)
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(Man beachte Lautmalerei und Allitteration.)
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