p1b_465.001 b - p. Unrein sind daher: Knabe - Knappe, rauben - Raupen, p1b_465.002 schreibest - kneipest, liebst - piepst. (Vgl. übrigens weiter unten bei a. p1b_465.003 S. 466 z. B. Abt - tappt.)
p1b_465.004 b - f, b - w, b - v. Unrein sind daher: Raben - schlafen (vgl. p1b_465.005 Rückerts Barbarossa), Fabel - Tafel (Goethe, Fuchs und Kranich), beben - p1b_465.006 Löwen (Wieland), schöbe - Möve.
p1b_465.007 d - t. Unrein sind: Freude - heu'te, Boden - drohten, öde - p1b_465.008 erhöhte, schaden - nahten. Wo der Klang nicht verschieden ist, muß der Reim p1b_465.009 d - t als rein gelten, z. B. scheiden - Zeiten, vergeuden - bedeuten, p1b_465.010 Handel - Mantel, Boden - angeboten. (Vgl. unten a.)
p1b_465.011 g - ch, g - k, g - ck. Unrein sind z. B. Sieg - siech, Tag - p1b_465.012 Fach, Sarg - stark, Gesang - Dank, gemengt - denkt, singt - trinkt, p1b_465.013 Weg - Dreck, mag - Geschmack. Bei gleichem Klang ist der Reim g - ch p1b_465.014 rein z. B. Augen - brauchen, Berge - Lerche, zeigt - schleicht, Zweige p1b_465.015 - Reiche, zeugtest - leuchtest. (Vgl. unten a.)
p1b_465.016 h als stummes Dehnungszeichen wird übersehen. Rein sind also z. B. p1b_465.017 Freie - Weihe, schreien - Reihen, befreien - verleihen, gut - ruht.
p1b_465.018 m - n. Unreinen Reim ergiebt die Verwechslung dieser Konsonanten, p1b_465.019 z. B. ihm - fliehn, Scham - gethan, Odem - Boden.
p1b_465.020 s - ß - ss. Über Reinheit oder Unreinheit des Reims bei s - ß - ss p1b_465.021 entscheidet die Aussprache. Unrein ist z. B. blasen - hassen, fraßen - Gassen, p1b_465.022 Glaser - Wasser, riesig - bissig. Rein dagegen: Eis - heiß, las - saß, p1b_465.023 weiß - leis, lasen - saßen, preisest - heißest, erwiesen - genießen. p1b_465.024 (Vgl. unten a.)
p1b_465.025 z - ds. Unrein ist daher z. B. Mainz - Feinds.
p1b_465.026 Grenze der Zulässigkeit unreiner Reime im Vokal und p1b_465.027 Konsonanten.
p1b_465.028 Die deutschen Dichter des 13. Jahrhunderts befleißigten sich einer peinlichen p1b_465.029 Reinheit des Reims im Vokal und Konsonanten. Es kamen bei ihnen p1b_465.030 nachweislich Gedichte von 50000 Verszeilen ohne einen einzigen unreinen Reim p1b_465.031 vor. Von den Neueren ist Platens Reinheit der Reime zu rühmen. Dagegen p1b_465.032 sind unserem formgewaltigen Fr. Rückert ein paar tausend unreine Reime in p1b_465.033 seinen 200000 Versen nachzuweisen, obwohl gerade er im Streben nach Reinheit p1b_465.034 des Reims bis zur pedantischen Übereinstimmung der Schreibung des Reimechos p1b_465.035 ging. (So schreibt er beispielsweise: Odem - Bodem == Boden, Eisen - p1b_465.036 beisen, red' es - bedes == beides, sättigen - bestättigen, Spieß - bewieß, p1b_465.037 Spindel - Bindel, Rede - Fede, Schätze - Gesätze, Kerze - Merze, Schimpfe p1b_465.038 - Nimpfe, Tafeln - Stafeln == Staffeln, Samen - zusamen. Noch fehlerhafter p1b_465.039 sind seine Reime: Thoren - Zoren == Zorn, er schaltet - haltet == hält, p1b_465.040 u. s. w. Freilich ist er nicht immer der Autor dieser Schreibweisen. Bodem p1b_465.041 ist z. B. alte Form und noch im Dialekt lebendig; bestättigen ist eine verbreitete p1b_465.042 ältere Schreibung; zusamen ist ursprünglich im Mhd. so geschrieben worden &c.)
p1b_465.001 b ─ p. Unrein sind daher: Knabe ─ Knappe, rauben ─ Raupen, p1b_465.002 schreibest ─ kneipest, liebst ─ piepst. (Vgl. übrigens weiter unten bei a. p1b_465.003 S. 466 z. B. Abt ─ tappt.)
p1b_465.004 b ─ f, b ─ w, b ─ v. Unrein sind daher: Raben ─ schlafen (vgl. p1b_465.005 Rückerts Barbarossa), Fabel ─ Tafel (Goethe, Fuchs und Kranich), beben ─ p1b_465.006 Löwen (Wieland), schöbe ─ Möve.
p1b_465.007 d ─ t. Unrein sind: Freude ─ heu'te, Boden ─ drohten, öde ─ p1b_465.008 erhöhte, schaden ─ nahten. Wo der Klang nicht verschieden ist, muß der Reim p1b_465.009 d ─ t als rein gelten, z. B. scheiden ─ Zeiten, vergeuden ─ bedeuten, p1b_465.010 Handel ─ Mantel, Boden ─ angeboten. (Vgl. unten a.)
p1b_465.011 g ─ ch, g ─ k, g ─ ck. Unrein sind z. B. Sieg ─ siech, Tag ─ p1b_465.012 Fach, Sarg ─ stark, Gesang ─ Dank, gemengt ─ denkt, singt ─ trinkt, p1b_465.013 Weg ─ Dreck, mag ─ Geschmack. Bei gleichem Klang ist der Reim g ─ ch p1b_465.014 rein z. B. Augen ─ brauchen, Berge ─ Lerche, zeigt ─ schleicht, Zweige p1b_465.015 ─ Reiche, zeugtest ─ leuchtest. (Vgl. unten a.)
p1b_465.016 h als stummes Dehnungszeichen wird übersehen. Rein sind also z. B. p1b_465.017 Freie ─ Weihe, schreien ─ Reihen, befreien ─ verleihen, gut ─ ruht.
p1b_465.018 m ─ n. Unreinen Reim ergiebt die Verwechslung dieser Konsonanten, p1b_465.019 z. B. ihm ─ fliehn, Scham ─ gethan, Odem ─ Boden.
p1b_465.020 s ─ ß ─ ss. Über Reinheit oder Unreinheit des Reims bei s ─ ß ─ ss p1b_465.021 entscheidet die Aussprache. Unrein ist z. B. blasen ─ hassen, fraßen ─ Gassen, p1b_465.022 Glaser ─ Wasser, riesig ─ bissig. Rein dagegen: Eis ─ heiß, las ─ saß, p1b_465.023 weiß ─ leis, lasen ─ saßen, preisest ─ heißest, erwiesen ─ genießen. p1b_465.024 (Vgl. unten a.)
p1b_465.025 z ─ ds. Unrein ist daher z. B. Mainz ─ Feinds.
p1b_465.026 Grenze der Zulässigkeit unreiner Reime im Vokal und p1b_465.027 Konsonanten.
p1b_465.028 Die deutschen Dichter des 13. Jahrhunderts befleißigten sich einer peinlichen p1b_465.029 Reinheit des Reims im Vokal und Konsonanten. Es kamen bei ihnen p1b_465.030 nachweislich Gedichte von 50000 Verszeilen ohne einen einzigen unreinen Reim p1b_465.031 vor. Von den Neueren ist Platens Reinheit der Reime zu rühmen. Dagegen p1b_465.032 sind unserem formgewaltigen Fr. Rückert ein paar tausend unreine Reime in p1b_465.033 seinen 200000 Versen nachzuweisen, obwohl gerade er im Streben nach Reinheit p1b_465.034 des Reims bis zur pedantischen Übereinstimmung der Schreibung des Reimechos p1b_465.035 ging. (So schreibt er beispielsweise: Odem ─ Bodem == Boden, Eisen ─ p1b_465.036 beisen, red' es ─ bedes == beides, sättigen ─ bestättigen, Spieß ─ bewieß, p1b_465.037 Spindel ─ Bindel, Rede ─ Fede, Schätze ─ Gesätze, Kerze ─ Merze, Schimpfe p1b_465.038 ─ Nimpfe, Tafeln ─ Stafeln == Staffeln, Samen ─ zusamen. Noch fehlerhafter p1b_465.039 sind seine Reime: Thoren ─ Zoren == Zorn, er schaltet ─ haltet == hält, p1b_465.040 u. s. w. Freilich ist er nicht immer der Autor dieser Schreibweisen. Bodem p1b_465.041 ist z. B. alte Form und noch im Dialekt lebendig; bestättigen ist eine verbreitete p1b_465.042 ältere Schreibung; zusamen ist ursprünglich im Mhd. so geschrieben worden &c.)
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b ─ f, b ─ w, b ─ v. Unrein sind daher: Raben ─ schlafen (vgl. p1b_465.005
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g ─ ch, g ─ k, g ─ ck. Unrein sind z. B. Sieg ─ siech, Tag ─ p1b_465.012
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p1b_465.016
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m ─ n. Unreinen Reim ergiebt die Verwechslung dieser Konsonanten, p1b_465.019
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s ─ ß ─ ss. Über Reinheit oder Unreinheit des Reims bei s ─ ß ─ ss p1b_465.021
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Glaser ─ Wasser, riesig ─ bissig. Rein dagegen: Eis ─ heiß, las ─ saß, p1b_465.023
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z ─ ds. Unrein ist daher z. B. Mainz ─ Feinds.
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Grenze der Zulässigkeit unreiner Reime im Vokal und p1b_465.027
Konsonanten.
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Die deutschen Dichter des 13. Jahrhunderts befleißigten sich einer peinlichen p1b_465.029
Reinheit des Reims im Vokal und Konsonanten. Es kamen bei ihnen p1b_465.030
nachweislich Gedichte von 50000 Verszeilen ohne einen einzigen unreinen Reim p1b_465.031
vor. Von den Neueren ist Platens Reinheit der Reime zu rühmen. Dagegen p1b_465.032
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seinen 200000 Versen nachzuweisen, obwohl gerade er im Streben nach Reinheit p1b_465.034
des Reims bis zur pedantischen Übereinstimmung der Schreibung des Reimechos p1b_465.035
ging. (So schreibt er beispielsweise: Odem ─ Bodem == Boden, Eisen ─ p1b_465.036
beisen, red' es ─ bedes == beides, sättigen ─ bestättigen, Spieß ─ bewieß, p1b_465.037
Spindel ─ Bindel, Rede ─ Fede, Schätze ─ Gesätze, Kerze ─ Merze, Schimpfe p1b_465.038
─ Nimpfe, Tafeln ─ Stafeln == Staffeln, Samen ─ zusamen. Noch fehlerhafter p1b_465.039
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u. s. w. Freilich ist er nicht immer der Autor dieser Schreibweisen. Bodem p1b_465.041
ist z. B. alte Form und noch im Dialekt lebendig; bestättigen ist eine verbreitete p1b_465.042
ältere Schreibung; zusamen ist ursprünglich im Mhd. so geschrieben worden &c.)
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/499>, abgerufen am 22.11.2024.
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