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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Formen zur Bewahrung des Wissenswerten im Gedächtnis scheint der Doppelspruch p1b_024.002
gewesen zu sein, dessen zweites Glied ungefähr dasselbe sagt wie das p1b_024.003
erste, wenn auch mit andern Worten: Der sogenannte Parallelismus p1b_024.004
der Glieder.
Jordan führt aus, wie ihn die Ägypter anwandten und nach p1b_024.005
ihnen die Hebräer, die ihn zum rhythmischen Satzpaar, zur Strophe (sogar p1b_024.006
zur gereimten) ausbildeten.

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§ 11. Etymologische Notiz über die Namen der Poesie.

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Die Bezeichnungen für Dichtkunst oder Poesie sind bei den verschiedenen p1b_024.009
Völkern verschieden, - je nachdem man die Beziehung der p1b_024.010
Poesie zur Sprache, zur Musik &c. dadurch ausdrücken wollte.

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Die bei uns gebräuchlichsten Worte: dichten, Dichter, Gedicht sind p1b_024.012
hergeleitet vom altdeutschen tihten, tihtaere, getihte, oder dem lateinischen p1b_024.013
dictare, welches auch diktieren, bei Horaz schon dichten bedeutet; es ist Jntensivum p1b_024.014
und Frequentativum von dicere (im Mittelalter soviel als schriftlich p1b_024.015
aufsetzen). Das Wort Dichtkunst, welches schon Harsdörffer (1648), Birken p1b_024.016
(1679) u. A. anwandten, bleibt seit Gottsched (1730) in Gebrauch, wozu p1b_024.017
noch durch Lessing und Herder das Wort Poesie in Aufnahme kam.

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Bei Homer ist jeder Dichter zugleich auch Sänger, weshalb er für dichten, p1b_024.019
Gedicht, Dichter dasselbe Wort wie für Singen, Gesang, Sänger hat. (aeidein, p1b_024.020
aoide, aoidos! a-Weid-o, wovon auch aWedon == aedon Nachtigall p1b_024.021
== die Sängerin.) Erst späterhin, als Dichtung und Musik auseinander gingen, p1b_024.022
brauchte man diese Ausdrücke lediglich vom Singen und bezeichnete nur höchstens p1b_024.023
noch durch ode ebenso Gesang, wie eine bestimmte Gattung lyrischer Gesänge. p1b_024.024
Dafür kommt allmählich für Dichter der besondere Ausdruck Poet (poieo, p1b_024.025
poietes, poiema, poiesis) auf, den wir erst bei Herodot finden, wo das p1b_024.026
Dichten als ein Schaffen bezeichnet wird. Die Römer haben die den Griechen p1b_024.027
entlehnten Bezeichnungen ebenso angewendet wie die lateinischen carmen, canere, p1b_024.028
vates
. Mit carmen hängt die lateinische Bezeichnung der Göttin der Dichtkunst p1b_024.029
Camena zusammen. (Die ältere Form war Casmena, Particip == die p1b_024.030
Sängerin.) Vates ist bei den Römern Weissager oder Dichter. Das Wort p1b_024.031
vates ist vielleicht gleichen Stammes mit sanskrit. ga == singen, verkünden, gatu p1b_024.032
Gesang.

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Was unsere deutschen Bezeichnungen betrifft, so ist bekannt, daß im p1b_024.034
Altdeutschen und Altsächsischen für Dichten == Singen oder Sagen (Singen und p1b_024.035
Sagen) gebraucht wurde. Die altsächsische Evangelienharmonie Heliand (V. 32) p1b_024.036
erwähnt von den Evangelisten, sie hätten gesagt und gesungen. Nach der p1b_024.037
Trennung von Poesie und Musik galt sagen nur noch von einem zum Lesen p1b_024.038
bestimmten Gedichte, singen von einem zum musikalischen Vortrag bestimmten; p1b_024.039
das erstere hieß buoch, das letztere sanc, liet.

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Die älteste Bezeichnung für Dichter ist scof, von der Wurzel schaffen, p1b_024.041
(Schaffer, Schöpfer). Jm Altnordischen heißt der Dichter Skald (Schelter),

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/58>, abgerufen am 24.11.2024.