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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Der wahrhaft Fromme steht ewig einsam in sich mit seinem Geist, p1b_599.002
Einheitbeseelt, des Sinns Sieger, sonder Begier, von nichts berührt.
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Wer vereinigt sein Jnnres stets, und als Frommer den Geist beherrscht, p1b_599.004
Die höchste geistige Ruhe erreicht der, die da wohnt in mir.
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(Aus Fr. Schlegels Übers. d. Baghavad=Geita. Werke Bd. 9. S. 283.)

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III. Althochdeutsche und mittelhochdeutsche Strophen.

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§ 188. Die althochdeutschen Reimpaare.

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1. Die uns erhaltene älteste deutsche Strophenform (vgl. § 148. 3. p1b_599.009
S. 492) war ein allitterierendes oder gereimtes Langzeilendistichon.

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2. Bereits vor "König Artus Tafelrunde" (s. S. 45 d. B.) übertrugen p1b_599.011
fahrende Sänger die althochdeutschen Langzeilen-Reimpaare p1b_599.012
durch Teilung in kurze Reimpaare, wodurch die vierzeilige Strophe p1b_599.013
entstand.

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1. Jn den §§ 128 und 148. 3 haben wir nachgewiesen, daß sich p1b_599.015
in unserer ältesten deutschen Litteratur nur Strophen von je 2 durch Allitteration p1b_599.016
- und seit Otfried durch den Reim - verbundenen Langzeilen finden. Sie p1b_599.017
reihen sich (wie schon die Proben auf S. 222 d. B. zeigen) als Distichen p1b_599.018
ebenmäßig an einander. Diese Langzeilen, deren metrisches Gesetz wir S. 222 p1b_599.019
und in § 144 darlegen konnten, bildeten in ihrer Verbindung wohl eine fortlaufende p1b_599.020
Reihe, aber keine Strophen in unserem Sinne.

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2. Zur vierzeiligen Strophe wird das Langzeilen-Distichon, wenn man p1b_599.022
seine Verse gebrochen schreibt. Dies will u. A. Wackernagel, der aus der p1b_599.023
Stelle Otfrieds an Liutbert: "Sensus enim hic interdum ultra duo, p1b_599.024
vel tres versus, vel etiam quattuor in lectione debet esse p1b_599.025
suspensus,
ut legentibus, quod lectio signat, apertior fiat
" folgert, p1b_599.026
Otfrieds Gedicht sei in Kurzzeilen geschrieben gewesen, was indes Kelle (a. a. O. p1b_599.027
S. 94) bestreitet.

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Wir bilden einige solcher Vierzeilen durch Brechung Otfriedscher Langzeilen p1b_599.029
(Evangelienbuch V. 23. V. 17 ff.):

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Thes wolt ih hiar biginnan, p1b_599.031
Ni mag iz thoh bibringan, p1b_599.032
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Wio wunnisam thar wari;

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d.

Der wahrhaft Fromme steht ewig einsam in sich mit seinem Geist, p1b_599.002
Einheitbeseelt, des Sinns Sieger, sonder Begier, von nichts berührt.
p1b_599.003
Wer vereinigt sein Jnnres stets, und als Frommer den Geist beherrscht, p1b_599.004
Die höchste geistige Ruhe erreicht der, die da wohnt in mir.
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(Aus Fr. Schlegels Übers. d. Baghavad=Gîtâ. Werke Bd. 9. S. 283.)

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III. Althochdeutsche und mittelhochdeutsche Strophen.

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§ 188. Die althochdeutschen Reimpaare.

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1. Die uns erhaltene älteste deutsche Strophenform (vgl. § 148. 3. p1b_599.009
S. 492) war ein allitterierendes oder gereimtes Langzeilendistichon.

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2. Bereits vor „König Artus Tafelrunde“ (s. S. 45 d. B.) übertrugen p1b_599.011
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entstand.

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1. Jn den §§ 128 und 148. 3 haben wir nachgewiesen, daß sich p1b_599.015
in unserer ältesten deutschen Litteratur nur Strophen von je 2 durch Allitteration p1b_599.016
─ und seit Otfried durch den Reim ─ verbundenen Langzeilen finden. Sie p1b_599.017
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ebenmäßig an einander. Diese Langzeilen, deren metrisches Gesetz wir S. 222 p1b_599.019
und in § 144 darlegen konnten, bildeten in ihrer Verbindung wohl eine fortlaufende p1b_599.020
Reihe, aber keine Strophen in unserem Sinne.

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2. Zur vierzeiligen Strophe wird das Langzeilen-Distichon, wenn man p1b_599.022
seine Verse gebrochen schreibt. Dies will u. A. Wackernagel, der aus der p1b_599.023
Stelle Otfrieds an Liutbert: „Sensus enim hic interdum ultra duo, p1b_599.024
vel tres versus, vel etiam quattuor in lectione debet esse p1b_599.025
suspensus,
ut legentibus, quod lectio signat, apertior fiat
“ folgert, p1b_599.026
Otfrieds Gedicht sei in Kurzzeilen geschrieben gewesen, was indes Kelle (a. a. O. p1b_599.027
S. 94) bestreitet.

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Wir bilden einige solcher Vierzeilen durch Brechung Otfriedscher Langzeilen p1b_599.029
(Evangelienbuch V. 23. V. 17 ff.):

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Thes wólt ih hiar bigínnan, p1b_599.031
Ni mág iz thoh bibríngan, p1b_599.032
Thoh wílle ih zellen thánana p1b_599.033
Étheslicha rédina. ─
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Nist mán nihein in wórolti, p1b_599.035
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Wio wúnnisam thar wári;

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/633>, abgerufen am 22.11.2024.