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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Oft gewinnt er daher, wenn es der Gegenstand mit sich bringt, einen p1b_602.002
sanften, hüpfenden Gang, wie folgender:

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Do entswebete er an den betten | vil manegen sorgenden man.

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Zuweilen wird, anders geordnet, dieser daktylische Sprung auch ernsten p1b_602.005
Gegenständen angepaßt wie z. B. der letzte Vers des 33. Gesanges:

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Diu swert von handen legeten | die chunen rechen gemeit.

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Eine prachtvolle, oder auch schauerliche Wirkung entsteht, wenn im Gegenteile p1b_602.008
die unbetonten Silben fast ganz herausfallen, wie z. B. im letzten Halbvers p1b_602.009
folgender Zeilen, die zugleich als Muster dienen können, wie schön die p1b_602.010
bacchischen Reime sich ausnehmen:

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Vil gerne wänre ich dir | guot mit meinnem schilde, p1b_602.012
torst' ich dir'n bieten | vor Kriemhilde!

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Die Versart wird auch zuweilen gebraucht, um eine malerische Wirkung p1b_602.014
hervorzubringen, z. B.

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Gegen Mutaren | die Tunowe nider.

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Reine Jamben und Trochäen sind nicht selten, doch hat der Dichter p1b_602.017
Sorge getragen, daß sie nie eine ganze Strophe ausfüllen. So sind z. B. p1b_602.018
in folgender Strophe die ersten Halbverse der ersten und zweiten Zeile jambisch, p1b_602.019
die sich ihnen anschließenden trochäisch, bis der Jambus, der sich nicht abweisen p1b_602.020
läßt, das Übergewicht gewinnt, und die beiden letzten Verse ganz jambisch p1b_602.021
gebildet sind:

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Do suohte er nach den vergen | wider unde dan, p1b_602.023
er horte wazzer giezen, | losen er began: p1b_602.024
in einem schönen brunnen | taten daz weisiu weip, p1b_602.025
Die wolten sich da küelen | unde badeten ir leip.

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Platen führt noch eine besonders kunstvoll gebildete Stanze mit ihrer p1b_602.027
metrischen Einteilung an, die fast alle Tonarten des Nibelungenliedes in sich p1b_602.028
vereinigt:

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Do rief der herre Giselher | Wolfharten an: p1b_602.030
"owe, daz ich so grimmen | vient je gewan! p1b_602.031
edel ritter künne, | nu wendet gegen in; p1b_602.032
ich wil ez helfen enden, | ez mac niht anders gesin."

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Um den Nibelungenvers immer richtig zu lesen, (d. h. um lediglich p1b_602.034
die Hebungen zu accentuieren) verlangt auch Platen eine nähere Kenntnis p1b_602.035
der alten Sprache, die wie die homerische sich noch in manchen schwankenden p1b_602.036
Formen bewegt. Hierher sind besonders die Eigennamen zu zählen, deren p1b_602.037
Prosodie meist schwankend ist. So wird z. B. accentuiert: Gunther und

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Oft gewinnt er daher, wenn es der Gegenstand mit sich bringt, einen p1b_602.002
sanften, hüpfenden Gang, wie folgender:

p1b_602.003
Dŏ ĕntswēbĕtĕ ēr ăn dĕn bēttĕn │ vĭl mānĕgĕn sōrgĕndĕn mān.

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Zuweilen wird, anders geordnet, dieser daktylische Sprung auch ernsten p1b_602.005
Gegenständen angepaßt wie z. B. der letzte Vers des 33. Gesanges:

p1b_602.006
Dĭu swērt vŏn hāndĕn lēgĕtĕndĭe chūnĕn rēchĕn gĕmeīt.

p1b_602.007
Eine prachtvolle, oder auch schauerliche Wirkung entsteht, wenn im Gegenteile p1b_602.008
die unbetonten Silben fast ganz herausfallen, wie z. B. im letzten Halbvers p1b_602.009
folgender Zeilen, die zugleich als Muster dienen können, wie schön die p1b_602.010
bacchischen Reime sich ausnehmen:

p1b_602.011
Vĭl gērnĕ wǟrĕ īch dĭrgūot mĭt mî̄nĕm schīldĕ, p1b_602.012
tōrst' ĭch dīr'n bīetĕnvōr Krīemhīldĕ!

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Die Versart wird auch zuweilen gebraucht, um eine malerische Wirkung p1b_602.014
hervorzubringen, z. B.

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Gēgĕn Mūtārĕndĭe Tūnōwĕ nīdĕr.

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Reine Jamben und Trochäen sind nicht selten, doch hat der Dichter p1b_602.017
Sorge getragen, daß sie nie eine ganze Strophe ausfüllen. So sind z. B. p1b_602.018
in folgender Strophe die ersten Halbverse der ersten und zweiten Zeile jambisch, p1b_602.019
die sich ihnen anschließenden trochäisch, bis der Jambus, der sich nicht abweisen p1b_602.020
läßt, das Übergewicht gewinnt, und die beiden letzten Verse ganz jambisch p1b_602.021
gebildet sind:

p1b_602.022
Dô suohte er nâch den vergen │ wider unde dan, p1b_602.023
er hôrte wazzer giezen, │ losen er began: p1b_602.024
in einem schönen brunnen │ tâten daz wîsiu wîp, p1b_602.025
Die wolten sich da küelen │ unde badeten ir lîp.

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Platen führt noch eine besonders kunstvoll gebildete Stanze mit ihrer p1b_602.027
metrischen Einteilung an, die fast alle Tonarten des Nibelungenliedes in sich p1b_602.028
vereinigt:

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Dŏ rīef dĕr hērrĕ Gīsĕlhĕr │ Wōlfhārtĕn ān: p1b_602.030
„ŏwē, dăz īch sŏ grīmmĕn │ vīent jĕ gĕwān! p1b_602.031
ēdĕl rīttĕr kǖnĕ, │ nŭ wēndĕt gēgĕn īn; p1b_602.032
ĭch wīl ĕz hēlfĕn ēndĕn, │ ĕz māc nĭht āndĕrs gĕsīn.“

p1b_602.033
Um den Nibelungenvers immer richtig zu lesen, (d. h. um lediglich p1b_602.034
die Hebungen zu accentuieren) verlangt auch Platen eine nähere Kenntnis p1b_602.035
der alten Sprache, die wie die homerische sich noch in manchen schwankenden p1b_602.036
Formen bewegt. Hierher sind besonders die Eigennamen zu zählen, deren p1b_602.037
Prosodie meist schwankend ist. So wird z. B. accentuiert: Gūnthĕr und

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/636>, abgerufen am 22.11.2024.