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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Abwechselnd an der Wurzel beißen, p2b_170.002
Sie nagten, zausten, gruben, wühlten, p2b_170.003
Die Erd' ab von der Wurzel spülten; p2b_170.004
Und wie sie rieselnd niederrann, p2b_170.005
Der Drach im Grund aufblickte dann, p2b_170.006
Zu sehn, wie bald mit seiner Bürde p2b_170.007
Der Strauch entwurzelt fallen würde. p2b_170.008
Der Mann in Angst und Furcht und Not, p2b_170.009
Umstellt, umlagert und umdroht, p2b_170.010
Jm Stand des jammerhaften Schwebens, p2b_170.011
Sah sich nach Rettung um vergebens. p2b_170.012
Und da er also um sich blickte, p2b_170.013
Sah er ein Zweiglein, welches nickte p2b_170.014
Vom Brombeerstrauch mit reifen Beeren; p2b_170.015
Da konnt' er doch der Lust nicht wehren. p2b_170.016
Er sah nicht des Kameles Wut, p2b_170.017
Und nicht den Drachen in der Flut, p2b_170.018
Und nicht der Mäuse Tückespiel, p2b_170.019
Als ihm die Beer' in's Auge fiel. p2b_170.020
Er ließ das Tier von oben rauschen, p2b_170.021
Und unter sich den Drachen lauschen, p2b_170.022
Und neben sich die Mäuse nagen, p2b_170.023
Griff nach den Beerlein mit Behagen, p2b_170.024
Sie däuchten ihm zu essen gut, p2b_170.025
Aß Beer auf Beerlein wohlgemut, p2b_170.026
Und durch die Süßigkeit im Essen p2b_170.027
War alle seine Furcht vergessen.
p2b_170.028
Du fragst: Wer ist der thöricht Mann, p2b_170.029
Der so die Furcht vergessen kann? p2b_170.030
So wiß, o Freund, der Mann bist du; p2b_170.031
Vernimm die Deutung auch dazu. p2b_170.032
Es ist der Drach' im Brunnengrund p2b_170.033
Des Todes aufgesperrter Schlund; p2b_170.034
Und das Kamel, das oben droht, p2b_170.035
Es ist des Lebens Angst und Not. p2b_170.036
Du bist's, der zwischen Tod und Leben p2b_170.037
Am grünen Strauch der Welt mußt schweben. p2b_170.038
Die beiden, so die Wurzel nagen, p2b_170.039
Dich samt den Zweigen, die dich tragen, p2b_170.040
Zu liefern in des Todes Macht, p2b_170.041
Die Mäuse heißen Tag und Nacht. p2b_170.042
Es nagt die schwarze wohl verborgen p2b_170.043
Vom Abend heimlich bis zum Morgen, p2b_170.044
Es nagt vom Morgen bis zum Abend p2b_170.045
Die weiße, wurzeluntergrabend. p2b_170.046
Und zwischen diesem Graus und Wust p2b_170.047
Lockt dich die Beere Sinnenlust, p2b_170.048
Daß du Kamel die Lebensnot, p2b_170.049
Daß du im Grund den Drachen Tod, p2b_170.050
Daß du die Mäuse Tag und Nacht p2b_170.051
Vergissest, und auf nichts hast Acht, p2b_170.052
Als daß du recht viel Beerlein haschest, p2b_170.053
Aus Grabes Brunnenritzen naschest.
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Abwechselnd an der Wurzel beißen, p2b_170.002
Sie nagten, zausten, gruben, wühlten, p2b_170.003
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/192>, abgerufen am 22.11.2024.