Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_004.001 Was blickt ihr mir nach, und was wollt ihr von mir? p2b_004.002 Jch habe die Freude getragen wie ihr p2b_004.003 Jn der Brust mit Lachen und Scherzen - p2b_004.004 Nun trag' ich den Tod im Herzen. p2b_004.005 Durch alle Wipfel der Lenzhauch geht, p2b_004.006 Jch bin der Baum, der laublos steht; p2b_004.007 Die Wasser rieseln so helle, p2b_004.008 Jch bin die vertrocknete Quelle. p2b_004.009 Die Treue, die Treue, darauf ich gebaut, p2b_004.010 Sie ist mit dem Schnee vor der Sonne zertaut; p2b_004.011 Wie Spreu vor dem Winde, so stiebet p2b_004.012 Meine Liebe, die ich geliebet. b. Die Verlassene, von Martin Greif. p2b_004.014 Denk' ich nach, was ich nun bin, p2b_004.015 Seit er mich verlassen, p2b_004.016 Tauscht' mit mir kein' Bettlerin p2b_004.017 Wahrlich auf der Straßen. p2b_004.018 Geh' ich auf den Bittgang mit, p2b_004.019 Weichen sie zur Seiten. p2b_004.020 Tanzen! Gott, mein Lebtag nit - p2b_004.021 Das Gesichterschneiden! p2b_004.022 Mach ich, was ich machen will, p2b_004.023 Niemand thu' ich's rechte: p2b_004.024 Trutzig heiß' ich, wenn ich still, p2b_004.025 Red' ich, heiß' ich schlechte. p2b_004.026 Tret' ich in die Kirche ein, p2b_004.027 Geht es an's Gedeute; p2b_004.028 Donnert recht der Pfarrer d'rein, p2b_004.029 Blinzeln alle Leute. p2b_004.030 Abends kann ich vor der Thür' p2b_004.031 Keine Stunde bleiben. p2b_004.032 Noch am liebsten ist es mir, p2b_004.033 Meine Gänse treiben. p2b_004.034 Komm ich an der Godel Haus, p2b_004.035 Muß' ich mich verfärben - p2b_004.036 Wollt', ich wär' zum Dorf hinaus p2b_004.037 Oder könnte sterben. p2b_004.038 c. Das verlassene Mägdlein, von Ed. Mörike. p2b_004.042 Früh', wann die Hähne krähn, p2b_004.043 Eh' die Sternlein verschwinden, p2b_004.044 Muß ich am Herde stehn, p2b_004.045 Muß Feuer zünden. p2b_004.046
Schön ist der Flammen Schein, p2b_004.047 Es springen die Funken; p2b_004.048 Jch schaue so drein, p2b_004.049 Jn Leid versunken. p2b_004.001 Was blickt ihr mir nach, und was wollt ihr von mir? p2b_004.002 Jch habe die Freude getragen wie ihr p2b_004.003 Jn der Brust mit Lachen und Scherzen ─ p2b_004.004 Nun trag' ich den Tod im Herzen. p2b_004.005 Durch alle Wipfel der Lenzhauch geht, p2b_004.006 Jch bin der Baum, der laublos steht; p2b_004.007 Die Wasser rieseln so helle, p2b_004.008 Jch bin die vertrocknete Quelle. p2b_004.009 Die Treue, die Treue, darauf ich gebaut, p2b_004.010 Sie ist mit dem Schnee vor der Sonne zertaut; p2b_004.011 Wie Spreu vor dem Winde, so stiebet p2b_004.012 Meine Liebe, die ich geliebet. b. Die Verlassene, von Martin Greif. p2b_004.014 Denk' ich nach, was ich nun bin, p2b_004.015 Seit er mich verlassen, p2b_004.016 Tauscht' mit mir kein' Bettlerin p2b_004.017 Wahrlich auf der Straßen. p2b_004.018 Geh' ich auf den Bittgang mit, p2b_004.019 Weichen sie zur Seiten. p2b_004.020 Tanzen! Gott, mein Lebtag nit ─ p2b_004.021 Das Gesichterschneiden! p2b_004.022 Mach ich, was ich machen will, p2b_004.023 Niemand thu' ich's rechte: p2b_004.024 Trutzig heiß' ich, wenn ich still, p2b_004.025 Red' ich, heiß' ich schlechte. p2b_004.026 Tret' ich in die Kirche ein, p2b_004.027 Geht es an's Gedeute; p2b_004.028 Donnert recht der Pfarrer d'rein, p2b_004.029 Blinzeln alle Leute. p2b_004.030 Abends kann ich vor der Thür' p2b_004.031 Keine Stunde bleiben. p2b_004.032 Noch am liebsten ist es mir, p2b_004.033 Meine Gänse treiben. p2b_004.034 Komm ich an der Godel Haus, p2b_004.035 Muß' ich mich verfärben ─ p2b_004.036 Wollt', ich wär' zum Dorf hinaus p2b_004.037 Oder könnte sterben. p2b_004.038 c. Das verlassene Mägdlein, von Ed. Mörike. p2b_004.042 Früh', wann die Hähne krähn, p2b_004.043 Eh' die Sternlein verschwinden, p2b_004.044 Muß ich am Herde stehn, p2b_004.045 Muß Feuer zünden. p2b_004.046
Schön ist der Flammen Schein, p2b_004.047 Es springen die Funken; p2b_004.048 Jch schaue so drein, p2b_004.049 Jn Leid versunken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0026" n="4"/> <lb n="p2b_004.001"/> <lg> <l>Was blickt ihr mir nach, und was wollt ihr von mir?</l> <lb n="p2b_004.002"/> <l>Jch habe die Freude getragen wie ihr</l> <lb n="p2b_004.003"/> <l>Jn der Brust mit Lachen und Scherzen ─</l> <lb n="p2b_004.004"/> <l>Nun trag' ich den Tod im Herzen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.005"/> <l>Durch alle Wipfel der Lenzhauch geht,</l> <lb n="p2b_004.006"/> <l>Jch bin der Baum, der laublos steht;</l> <lb n="p2b_004.007"/> <l> Die Wasser rieseln so helle,</l> <lb n="p2b_004.008"/> <l> Jch bin die vertrocknete Quelle. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.009"/> <l>Die Treue, die Treue, darauf ich gebaut,</l> <lb n="p2b_004.010"/> <l>Sie ist mit dem Schnee vor der Sonne zertaut;</l> <lb n="p2b_004.011"/> <l> Wie Spreu vor dem Winde, so stiebet</l> <lb n="p2b_004.012"/> <l> Meine Liebe, die ich geliebet.</l> </lg> </p> <lb n="p2b_004.013"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">b</hi>. <hi rendition="#g">Die Verlassene, von Martin Greif.</hi></hi> <lb n="p2b_004.014"/> <lg> <l>Denk' ich nach, was ich nun bin,</l> <lb n="p2b_004.015"/> <l>Seit er mich verlassen,</l> <lb n="p2b_004.016"/> <l>Tauscht' mit mir kein' Bettlerin</l> <lb n="p2b_004.017"/> <l>Wahrlich auf der Straßen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.018"/> <l>Geh' ich auf den Bittgang mit,</l> <lb n="p2b_004.019"/> <l>Weichen sie zur Seiten.</l> <lb n="p2b_004.020"/> <l>Tanzen! Gott, mein Lebtag nit ─</l> <lb n="p2b_004.021"/> <l>Das Gesichterschneiden! </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.022"/> <l>Mach ich, was ich machen will,</l> <lb n="p2b_004.023"/> <l>Niemand thu' ich's rechte:</l> <lb n="p2b_004.024"/> <l>Trutzig heiß' ich, wenn ich still,</l> <lb n="p2b_004.025"/> <l>Red' ich, heiß' ich schlechte. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.026"/> <l>Tret' ich in die Kirche ein,</l> <lb n="p2b_004.027"/> <l>Geht es an's Gedeute;</l> <lb n="p2b_004.028"/> <l>Donnert recht der Pfarrer d'rein,</l> <lb n="p2b_004.029"/> <l>Blinzeln alle Leute. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.030"/> <l>Abends kann ich vor der Thür'</l> <lb n="p2b_004.031"/> <l>Keine Stunde bleiben.</l> <lb n="p2b_004.032"/> <l>Noch am liebsten ist es mir,</l> <lb n="p2b_004.033"/> <l>Meine Gänse treiben. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.034"/> <l>Komm ich an der Godel Haus,</l> <lb n="p2b_004.035"/> <l>Muß' ich mich verfärben ─</l> <lb n="p2b_004.036"/> <l>Wollt', ich wär' zum Dorf hinaus</l> <lb n="p2b_004.037"/> <l>Oder könnte sterben.</l> </lg> </p> <p><lb n="p2b_004.038"/><hi rendition="#aq">NB</hi>. Die Sprache dieser Bearbeitung hat nur hie und da etwas Gekünsteltes, <lb n="p2b_004.039"/> Verzwicktes, weil sie den Volkston treffen will, ohne doch die eigentliche Dialektform <lb n="p2b_004.040"/> zu wagen. Vgl. z. B. kein' für kei' u. s. w.</p> <lb n="p2b_004.041"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Das verlassene Mägdlein, von Ed. Mörike.</hi></hi> <lb n="p2b_004.042"/> <lg> <l>Früh', wann die Hähne krähn,</l> <lb n="p2b_004.043"/> <l>Eh' die Sternlein verschwinden,</l> <lb n="p2b_004.044"/> <l>Muß ich am Herde stehn,</l> <lb n="p2b_004.045"/> <l>Muß Feuer zünden. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_004.046"/> <l>Schön ist der Flammen Schein,</l> <lb n="p2b_004.047"/> <l>Es springen die Funken;</l> <lb n="p2b_004.048"/> <l>Jch schaue so drein,</l> <lb n="p2b_004.049"/> <l>Jn Leid versunken.</l> </lg> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0026]
p2b_004.001
Was blickt ihr mir nach, und was wollt ihr von mir? p2b_004.002
Jch habe die Freude getragen wie ihr p2b_004.003
Jn der Brust mit Lachen und Scherzen ─ p2b_004.004
Nun trag' ich den Tod im Herzen.
p2b_004.005
Durch alle Wipfel der Lenzhauch geht, p2b_004.006
Jch bin der Baum, der laublos steht; p2b_004.007
Die Wasser rieseln so helle, p2b_004.008
Jch bin die vertrocknete Quelle.
p2b_004.009
Die Treue, die Treue, darauf ich gebaut, p2b_004.010
Sie ist mit dem Schnee vor der Sonne zertaut; p2b_004.011
Wie Spreu vor dem Winde, so stiebet p2b_004.012
Meine Liebe, die ich geliebet.
p2b_004.013
b. Die Verlassene, von Martin Greif. p2b_004.014
Denk' ich nach, was ich nun bin, p2b_004.015
Seit er mich verlassen, p2b_004.016
Tauscht' mit mir kein' Bettlerin p2b_004.017
Wahrlich auf der Straßen.
p2b_004.018
Geh' ich auf den Bittgang mit, p2b_004.019
Weichen sie zur Seiten. p2b_004.020
Tanzen! Gott, mein Lebtag nit ─ p2b_004.021
Das Gesichterschneiden!
p2b_004.022
Mach ich, was ich machen will, p2b_004.023
Niemand thu' ich's rechte: p2b_004.024
Trutzig heiß' ich, wenn ich still, p2b_004.025
Red' ich, heiß' ich schlechte.
p2b_004.026
Tret' ich in die Kirche ein, p2b_004.027
Geht es an's Gedeute; p2b_004.028
Donnert recht der Pfarrer d'rein, p2b_004.029
Blinzeln alle Leute.
p2b_004.030
Abends kann ich vor der Thür' p2b_004.031
Keine Stunde bleiben. p2b_004.032
Noch am liebsten ist es mir, p2b_004.033
Meine Gänse treiben.
p2b_004.034
Komm ich an der Godel Haus, p2b_004.035
Muß' ich mich verfärben ─ p2b_004.036
Wollt', ich wär' zum Dorf hinaus p2b_004.037
Oder könnte sterben.
p2b_004.038
NB. Die Sprache dieser Bearbeitung hat nur hie und da etwas Gekünsteltes, p2b_004.039
Verzwicktes, weil sie den Volkston treffen will, ohne doch die eigentliche Dialektform p2b_004.040
zu wagen. Vgl. z. B. kein' für kei' u. s. w.
p2b_004.041
c. Das verlassene Mägdlein, von Ed. Mörike. p2b_004.042
Früh', wann die Hähne krähn, p2b_004.043
Eh' die Sternlein verschwinden, p2b_004.044
Muß ich am Herde stehn, p2b_004.045
Muß Feuer zünden.
p2b_004.046
Schön ist der Flammen Schein, p2b_004.047
Es springen die Funken; p2b_004.048
Jch schaue so drein, p2b_004.049
Jn Leid versunken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |