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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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soll. Wo seine innere Freiheit in Kampf mit der äußern Notwendigkeit tritt, p2b_426.002
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Der Prinz von Homburg von Kleist verliert zwar den Mut. Aber bald p2b_426.006
gewinnt er den Sieg über Feigheit und über menschliche Liebe zum Leben; p2b_426.007
er verachtet sich und erhebt sich zu einer des Helden würdigen Jdealität. Auch p2b_426.008
bei König Lear überragt der hohe ideale Sinn die menschlichen Schwächen. - p2b_426.009
Uriel Akosta von Gutzkow, welcher nicht einmal aus innerer Nötigung sich untreu p2b_426.010
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2. Der Held braucht nach rein moralischem Begriffe in der Tragödie p2b_426.012
gerade nicht immer ein sittlich hoher Charakter zu sein, ebensowenig wie im p2b_426.013
Epos. Ja, er kann sogar ein Verbrecher sein (z. B. Karl Moor, Richard III.), p2b_426.014
sofern sein Verbrechen eine Verirrung (amartia) ist. Der Charakter darf p2b_426.015
weder zu schuldlos sein, um die Wehmut zu verdienen, noch zu schuldvoll für p2b_426.016
diese. Die Tragödie will sittliche Unvollkommenheit der Charaktere; denn sie p2b_426.017
würde der Geschichte widersprechen, wollte sie Strafe vorführen ohne Schuld p2b_426.018
des Helden. (Calderons Standhafter Prinz ist ausnahmsweise ein Held, p2b_426.019
welcher schuldlos leidet.) Aristoteles sagt (Poet. 13): "Zuerst ist es klar, daß p2b_426.020
weder tugendhafte Männer aus Glück in Unglück übergehend erscheinen dürfen p2b_426.021
(denn das erweckt weder Furcht noch Mitleiden, sondern vielmehr Unbehagen), noch p2b_426.022
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So bleibt nur, der zwischen den bezeichneten in der Mitte ist. Das ist aber p2b_426.031
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(durch einen bestimmten Fehltritt). Und zwar muß es ein Hochangesehener p2b_426.034
und Beglückter sein, wie z. B. Ödipus, Thyestes, und sonst aus dergleichen p2b_426.035
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Tugendheld oder ein vollkommener Weiser wird nicht durch seine Schuld untergehen, p2b_426.037
da er zur rechten Zeit den Zwiespalt mit einer andern Macht durch p2b_426.038
Entsagung seines eigenen Willens aufheben wird.

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wir für ihn gewonnen und interessieren uns für ihn. Wenn wir auch schließlich

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soll. Wo seine innere Freiheit in Kampf mit der äußern Notwendigkeit tritt, p2b_426.002
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Der Prinz von Homburg von Kleist verliert zwar den Mut. Aber bald p2b_426.006
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Uriel Akosta von Gutzkow, welcher nicht einmal aus innerer Nötigung sich untreu p2b_426.010
wird, ist kein gelungener tragischer Held.

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2. Der Held braucht nach rein moralischem Begriffe in der Tragödie p2b_426.012
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/448>, abgerufen am 22.11.2024.