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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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empfunden? .... Sein Tod selbst, welcher wenigstens meine Gerechtigkeitsliebe p2b_431.002
befriedigen sollte, unterhält noch meine Nemesis. Du bist wohlfeil p2b_431.003
weggekommen! denke ich: aber gut, daß es noch eine andere Gerechtigkeit giebt, p2b_431.004
als die poetische!" &c.

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Vorzügliche Vertreter der poet. Gerechtigkeit waren 1. Samuel Johnson, p2b_431.006
der s. Z. klassisch gebildete Shakespeare-Kritiker und Vorläufer der von p2b_431.007
Siebenlist (a. a. O. 161) aufgezählten Antishakespeareomanen. 2. Julius p2b_431.008
Frauenstädt und 3. Gottlieb Fichte, welch letzterer sich also vernehmen läßt: p2b_431.009
"Jm Trauerspiele sind wir nicht eher befriedigt, bis wenigstens die Ehre des p2b_431.010
unschuldig Verfolgten gerettet und seine Unschuld anerkannt, der ungerechte p2b_431.011
Verfolger aber entlarvt ist und die gerechte Strafe erlitten hat, so angemessen p2b_431.012
es auch dem gewöhnlichen Laufe der Dinge sein mag, daß dies nicht geschehe; p2b_431.013
zum sichern Beweise, daß wir es nicht von uns erhalten können, dergleichen p2b_431.014
Gegenstände, wie die Handlungen moralischer Wesen und ihre Folgen sind, p2b_431.015
bloß nach der Kausalität der Naturgesetze zu betrachten, sondern daß wir sie p2b_431.016
notwendig mit dem Begriffe des Rechtes vergleichen müssen. Wir sagen in p2b_431.017
solchen Fällen, das Stück sei nicht geendigt; und ebensowenig können wir bei p2b_431.018
Vorfällen in der wirklichen Welt, wenn wir z. B. den Bösewicht im höchsten p2b_431.019
Wohlstande, mit Ehre und Tugend gekrönt, oder den Tugendhaften verkannt, p2b_431.020
verfolgt und unter tausend Martern sterben sehen, uns befriedigen, wenn nun p2b_431.021
alles aus und der Schauplatz auf immer geschlossen sein soll. Unser Wohlgefallen p2b_431.022
an dem, was recht ist, ist also keine bloße Billigung, sondern es ist p2b_431.023
mit Jnteresse verbunden." (J. G. Fichte, Versuch einer Kritik aller Offenbarung p2b_431.024
1793, S. 48 ff.) Siebenlist (a. a. O. S. 161 ff.) weist nach, wie Schopenhauer p2b_431.025
den "bausbackenen" Standpunkt besonders Fichtes bekämpft, indem er p2b_431.026
zugleich (a. a. O. 165) auszuführen versucht, daß sich auch Aristoteles im p2b_431.027
13. Kap. seiner Poetik im allgemeinen ablehnend gegen die poetische Gerechtigkeit p2b_431.028
verhalte u. s. w.

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§ 158. Eigenartiges in der Technik der Tragödie.

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1. Die Tragödie als die gewaltigst wirkende und schwierigste p2b_431.031
Dichtungsgattung verlangt von ihrem Dichter das ernsteste Studium, p2b_431.032
die größte Darstellungsgabe und Menschenkenntnis. Hier bewährt sich p2b_431.033
der Ausspruch, daß der Gott der Dichtkunst zugleich der p2b_431.034
Gott der Weisheit sei
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Alle im § 20 ff. d. Bds. (S. 29-62) gegebenen Vorschriften p2b_431.036
sind auch für den Bau der Tragödie maßgebend. Besondere Beachtung p2b_431.037
erfordern jedoch außerdem noch:

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a. der Stoff,

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b. die Entwickelung der Handlung,

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c. Sprache und Form der Tragödie.

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a. Der Stoff. Die Tragödie lehnt sich bei der Wahl des Stoffes p2b_431.042
gern an den Mythus, an die Sage, an die Geschichte an. (Vgl. S. 37 d.

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Vorzügliche Vertreter der poet. Gerechtigkeit waren 1. Samuel Johnson, p2b_431.006
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/453>, abgerufen am 22.11.2024.