Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_084.001 Wo rüstig Heldenleben längst auf Beschwörung lauscht, p3b_084.002 p3b_084.003Da trippelt man vorüber und schauert, wenn es rauscht. Brich denn aus deinem Sarge, steig aus dem düstern Chor p3b_084.004 Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor! p3b_084.005 Du schlugst dich unverwüstlich noch greise Jahr' entlang: p3b_084.006 Brich auch durch uns're Zeiten mit hellem Schwerterklang! p3b_084.007 Den Sorglosen. p3b_084.010 Lösung. Von Moritz Graf Strachwitz. p3b_084.023Auf, auf vom üppigen Mahle! der Wein ist blutig rot, p3b_084.024 p3b_084.027Es grinst aus jedem Pokale, aus jeder Schüssel der Tod; p3b_084.025 Ob eurem Haupte blitzen seh' ich am Haar das Schwert. p3b_084.026 Jhr bleibt behaglich sitzen, bis es herniederfährt. Die alte schottische Sitte, ist sie euch nicht bekannt, p3b_084.028 p3b_084.031Wenn in des Tisches Mitte der blutige Stierkopf stand? p3b_084.029 Es stand in roter Lache des schwarzen Büffels Haupt, p3b_084.030 Das war der Ruf der Rache, da kam der Tod geschnaubt. Da sprangen von den Sitzen der Schloßherr und sein Clan, p3b_084.032 p3b_084.035Das Blut begann zu spritzen, die Rache ward gethan; p3b_084.033 Sie schnitt die Faust vom Stumpfe, die eben den Becher nahm, p3b_084.034 Sie hieb den Kopf vom Rumpfe, eh' die Lippe zum Rande kam. Auf, auf vom vollen Becher, dem Tode sei getrotzt! p3b_084.036
Schaut, wie der stumme Rächer, der gräßliche Stierkopf glotzt, p3b_084.037 Schon lange hat's gegohren, und wenn ihr euch nicht rührt, p3b_084.038 So ist der Kopf verloren, eh' der Kelch zur Lippe geführt. p3b_084.001 Wo rüstig Heldenleben längst auf Beschwörung lauscht, p3b_084.002 p3b_084.003Da trippelt man vorüber und schauert, wenn es rauscht. Brich denn aus deinem Sarge, steig aus dem düstern Chor p3b_084.004 Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor! p3b_084.005 Du schlugst dich unverwüstlich noch greise Jahr' entlang: p3b_084.006 Brich auch durch uns're Zeiten mit hellem Schwerterklang! p3b_084.007 Den Sorglosen. p3b_084.010 Lösung. Von Moritz Graf Strachwitz. p3b_084.023Auf, auf vom üppigen Mahle! der Wein ist blutig rot, p3b_084.024 p3b_084.027Es grinst aus jedem Pokale, aus jeder Schüssel der Tod; p3b_084.025 Ob eurem Haupte blitzen seh' ich am Haar das Schwert. p3b_084.026 Jhr bleibt behaglich sitzen, bis es herniederfährt. Die alte schottische Sitte, ist sie euch nicht bekannt, p3b_084.028 p3b_084.031Wenn in des Tisches Mitte der blutige Stierkopf stand? p3b_084.029 Es stand in roter Lache des schwarzen Büffels Haupt, p3b_084.030 Das war der Ruf der Rache, da kam der Tod geschnaubt. Da sprangen von den Sitzen der Schloßherr und sein Clan, p3b_084.032 p3b_084.035Das Blut begann zu spritzen, die Rache ward gethan; p3b_084.033 Sie schnitt die Faust vom Stumpfe, die eben den Becher nahm, p3b_084.034 Sie hieb den Kopf vom Rumpfe, eh' die Lippe zum Rande kam. Auf, auf vom vollen Becher, dem Tode sei getrotzt! p3b_084.036
Schaut, wie der stumme Rächer, der gräßliche Stierkopf glotzt, p3b_084.037 Schon lange hat's gegohren, und wenn ihr euch nicht rührt, p3b_084.038 So ist der Kopf verloren, eh' der Kelch zur Lippe geführt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0110" n="84"/> <lb n="p3b_084.001"/> <lg> <l>Wo rüstig Heldenleben längst auf Beschwörung lauscht,</l> <lb n="p3b_084.002"/> <l>Da trippelt man vorüber und schauert, wenn es rauscht. </l> </lg> <lb n="p3b_084.003"/> <lg> <l>Brich denn aus deinem Sarge, steig aus dem düstern Chor</l> <lb n="p3b_084.004"/> <l>Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor!</l> <lb n="p3b_084.005"/> <l>Du schlugst dich unverwüstlich noch greise Jahr' entlang:</l> <lb n="p3b_084.006"/> <l>Brich auch durch uns're Zeiten mit hellem Schwerterklang!</l> </lg> <p><lb n="p3b_084.007"/><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 3. <hi rendition="#g">Vierzeilige neue Nibelungenstrophe mit Cäsurreim <lb n="p3b_084.008"/> und Anapästen.</hi></p> <lb n="p3b_084.009"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Den Sorglosen.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_084.010"/><hi rendition="#g">Stoff.</hi> 1. Erhebt euch vom Mahle. Der Wein ist blutig rot, │ aus <lb n="p3b_084.011"/> jedem Pokale und aus jeder Schüssel grinst der Tod entgegen. │ An einem <lb n="p3b_084.012"/> Härchen sehe ich über euern Häuptern das Schwert hängen; │ ihr aber bleibt <lb n="p3b_084.013"/> sorglos sitzen. ‖ 2. Jst euch die schottische Sitte nicht bekannt, │ wenn ein <lb n="p3b_084.014"/> blutiger Stierkopf auf den Tisch gestellt wurde? │ Das schwarze Büffelhaupt <lb n="p3b_084.015"/> auf blutiger Schüssel │ war die Aufforderung zur Rache. ‖ 3. Von den Sitzen <lb n="p3b_084.016"/> sprangen alle empor, │ das Blut spritzte, die Rache begann; │ sie schlug die <lb n="p3b_084.017"/> Faust, die eben noch nach dem Becher reichte, vom Stumpfe, │ und ehe die <lb n="p3b_084.018"/> Lippe den Becher berühren konnte, flog das Haupt vom Rumpfe. ‖ 4. Erhebt <lb n="p3b_084.019"/> euch vom Mahle, trotzt dem Tode. │ Seht ihr nicht den Stierkopf, die Aufforderung <lb n="p3b_084.020"/> zur Rache? │ Lange gährt es schon; rührt euch, │ damit nicht euer <lb n="p3b_084.021"/> Kopf verloren sei, bevor die Lippe den Becher berühren kann. ‖</p> <lb n="p3b_084.022"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Moritz Graf Strachwitz.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_084.023"/> <lg> <l>Auf, auf vom üppigen Mahle! der Wein ist blutig rot,</l> <lb n="p3b_084.024"/> <l>Es grinst aus jedem Pokale, aus jeder Schüssel der Tod;</l> <lb n="p3b_084.025"/> <l>Ob eurem Haupte blitzen seh' ich am Haar das Schwert.</l> <lb n="p3b_084.026"/> <l>Jhr bleibt behaglich sitzen, bis es herniederfährt. </l> </lg> <lb n="p3b_084.027"/> <lg> <l>Die alte schottische Sitte, ist sie euch nicht bekannt,</l> <lb n="p3b_084.028"/> <l>Wenn in des Tisches Mitte der blutige Stierkopf stand?</l> <lb n="p3b_084.029"/> <l>Es stand in roter Lache des schwarzen Büffels Haupt,</l> <lb n="p3b_084.030"/> <l>Das war der Ruf der Rache, da kam der Tod geschnaubt. </l> </lg> <lb n="p3b_084.031"/> <lg> <l>Da sprangen von den Sitzen der Schloßherr und sein Clan,</l> <lb n="p3b_084.032"/> <l>Das Blut begann zu spritzen, die Rache ward gethan;</l> <lb n="p3b_084.033"/> <l>Sie schnitt die Faust vom Stumpfe, die eben den Becher nahm,</l> <lb n="p3b_084.034"/> <l>Sie hieb den Kopf vom Rumpfe, eh' die Lippe zum Rande kam. </l> </lg> <lb n="p3b_084.035"/> <lg> <l>Auf, auf vom vollen Becher, dem Tode sei getrotzt!</l> <lb n="p3b_084.036"/> <l>Schaut, wie der stumme Rächer, der gräßliche Stierkopf glotzt,</l> <lb n="p3b_084.037"/> <l>Schon lange hat's gegohren, und wenn ihr euch nicht rührt,</l> <lb n="p3b_084.038"/> <l>So ist der Kopf verloren, eh' der Kelch zur Lippe geführt.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0110]
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Wo rüstig Heldenleben längst auf Beschwörung lauscht, p3b_084.002
Da trippelt man vorüber und schauert, wenn es rauscht.
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Brich denn aus deinem Sarge, steig aus dem düstern Chor p3b_084.004
Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor! p3b_084.005
Du schlugst dich unverwüstlich noch greise Jahr' entlang: p3b_084.006
Brich auch durch uns're Zeiten mit hellem Schwerterklang!
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Aufgabe 3. Vierzeilige neue Nibelungenstrophe mit Cäsurreim p3b_084.008
und Anapästen.
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Den Sorglosen.
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Stoff. 1. Erhebt euch vom Mahle. Der Wein ist blutig rot, │ aus p3b_084.011
jedem Pokale und aus jeder Schüssel grinst der Tod entgegen. │ An einem p3b_084.012
Härchen sehe ich über euern Häuptern das Schwert hängen; │ ihr aber bleibt p3b_084.013
sorglos sitzen. ‖ 2. Jst euch die schottische Sitte nicht bekannt, │ wenn ein p3b_084.014
blutiger Stierkopf auf den Tisch gestellt wurde? │ Das schwarze Büffelhaupt p3b_084.015
auf blutiger Schüssel │ war die Aufforderung zur Rache. ‖ 3. Von den Sitzen p3b_084.016
sprangen alle empor, │ das Blut spritzte, die Rache begann; │ sie schlug die p3b_084.017
Faust, die eben noch nach dem Becher reichte, vom Stumpfe, │ und ehe die p3b_084.018
Lippe den Becher berühren konnte, flog das Haupt vom Rumpfe. ‖ 4. Erhebt p3b_084.019
euch vom Mahle, trotzt dem Tode. │ Seht ihr nicht den Stierkopf, die Aufforderung p3b_084.020
zur Rache? │ Lange gährt es schon; rührt euch, │ damit nicht euer p3b_084.021
Kopf verloren sei, bevor die Lippe den Becher berühren kann. ‖
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Lösung. Von Moritz Graf Strachwitz.
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Auf, auf vom üppigen Mahle! der Wein ist blutig rot, p3b_084.024
Es grinst aus jedem Pokale, aus jeder Schüssel der Tod; p3b_084.025
Ob eurem Haupte blitzen seh' ich am Haar das Schwert. p3b_084.026
Jhr bleibt behaglich sitzen, bis es herniederfährt.
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Die alte schottische Sitte, ist sie euch nicht bekannt, p3b_084.028
Wenn in des Tisches Mitte der blutige Stierkopf stand? p3b_084.029
Es stand in roter Lache des schwarzen Büffels Haupt, p3b_084.030
Das war der Ruf der Rache, da kam der Tod geschnaubt.
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Da sprangen von den Sitzen der Schloßherr und sein Clan, p3b_084.032
Das Blut begann zu spritzen, die Rache ward gethan; p3b_084.033
Sie schnitt die Faust vom Stumpfe, die eben den Becher nahm, p3b_084.034
Sie hieb den Kopf vom Rumpfe, eh' die Lippe zum Rande kam.
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Auf, auf vom vollen Becher, dem Tode sei getrotzt! p3b_084.036
Schaut, wie der stumme Rächer, der gräßliche Stierkopf glotzt, p3b_084.037
Schon lange hat's gegohren, und wenn ihr euch nicht rührt, p3b_084.038
So ist der Kopf verloren, eh' der Kelch zur Lippe geführt.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/110>, abgerufen am 16.02.2025. |