Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_085.001 § 29. Bildung von Strophen aus gebrochen geschriebenen p3b_085.002 neuen Nibelungenversen. p3b_085.003 p3b_085.005 p3b_085.009 p3b_085.013 p3b_085.015 p3b_085.017 Aufgabe 1. Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen. p3b_085.022 [Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_085.024 Lösung. Von Anast. Grün. p3b_085.102Jch hab' eine alte Muhme, p3b_085.103 p3b_085.106Die ein altes Büchlein hat, p3b_085.104 Es liegt in dem alten Buche p3b_085.105 Ein altes dürres Blatt. So dürr sind wohl auch die Hände, p3b_085.107 [Ende Spaltensatz]
Die einst im Lenz ihr's gepflückt. p3b_085.108 Was mag doch die Alte haben? p3b_085.109 Sie weint, so oft sie's erblickt. p3b_085.110 p3b_085.001 § 29. Bildung von Strophen aus gebrochen geschriebenen p3b_085.002 neuen Nibelungenversen. p3b_085.003 p3b_085.005 p3b_085.009 p3b_085.013 p3b_085.015 p3b_085.017 Aufgabe 1. Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen. p3b_085.022 [Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_085.024 Lösung. Von Anast. Grün. p3b_085.102Jch hab' eine alte Muhme, p3b_085.103 p3b_085.106Die ein altes Büchlein hat, p3b_085.104 Es liegt in dem alten Buche p3b_085.105 Ein altes dürres Blatt. So dürr sind wohl auch die Hände, p3b_085.107 [Ende Spaltensatz]
Die einst im Lenz ihr's gepflückt. p3b_085.108 Was mag doch die Alte haben? p3b_085.109 Sie weint, so oft sie's erblickt. p3b_085.110 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" n="85"/> </div> <div n="2"> <lb n="p3b_085.001"/> <head> <hi rendition="#c">§ 29. Bildung von Strophen aus gebrochen geschriebenen <lb n="p3b_085.002"/> neuen Nibelungenversen.</hi> </head> <p><lb n="p3b_085.003"/> 1. Alle Nibelungenverse mit Cäsurreim eignen sich für gebrochene <lb n="p3b_085.004"/> Schreibung, ja, sie drängen zu ihr hin.</p> <p><lb n="p3b_085.005"/> 2. Schreibt man Nibelungenreimpaare ohne Mittelreim gebrochen, <lb n="p3b_085.006"/> so entstehen Strophen mit unterbrochenen Reimen (<hi rendition="#aq">x a x a</hi> &c.). Es <lb n="p3b_085.007"/> reimt in denselben nur die 2. mit der 4. Zeile, nicht aber die 1. <lb n="p3b_085.008"/> mit der 3.</p> <p><lb n="p3b_085.009"/> 3. Wird die vierzeilige Nibelungenstrophe gebrochen geschrieben, <lb n="p3b_085.010"/> so ergeben sich selbstredend achtzeilige Strophen, die ebenso wenig vierzeilig <lb n="p3b_085.011"/> geschrieben werden dürfen, als die vierzeiligen Nibelungenstrophen <lb n="p3b_085.012"/> zweizeilig.</p> <p><lb n="p3b_085.013"/> 4. Auch bei den gebrochen geschriebenen Nibelungenversen ist die <lb n="p3b_085.014"/> Einfügung von Anapästen ein Schönheitsmittel.</p> <p><lb n="p3b_085.015"/> 5. Die gebrochen geschriebenen Nibelungenverse ohne Mittelreim <lb n="p3b_085.016"/> sind leicht zu bilden, da die Reime nur sehr spärlich folgen.</p> <p><lb n="p3b_085.017"/> 6. Dies gilt auch für andere abwechselnd reimlose und gereimte <lb n="p3b_085.018"/> Verse, bei welchen mit Rücksicht auf die Architektonik des Reims die <lb n="p3b_085.019"/> Zeilenlänge nie mehr als höchstens 5 Takte betragen sollte, da in diesem <lb n="p3b_085.020"/> Fall die Entfernung des Reimechos ja immer 10 Takte umfaßt.</p> <lb n="p3b_085.021"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 1. <hi rendition="#g">Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen. <lb n="p3b_085.022"/> Das Blatt im Buche.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_085.023"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Stoff.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_085.024"/> 1. Meine alte Muhme │ besitzt ein <lb n="p3b_085.025"/> altes Büchlein, │ in welchem │ ein altes <lb n="p3b_085.026"/> dürres Blatt liegt. ‖ 2. So alt und <lb n="p3b_085.027"/> dürr sind wohl auch die Hände geworden, <lb n="p3b_085.028"/> │ die ihr das Blatt in der <lb n="p3b_085.029"/> Jugend gepflückt haben. │ Was mag <lb n="p3b_085.030"/> nur die Alte denken? │ Sie weint, so <lb n="p3b_085.031"/> oft sie das Blatt ansieht. ‖</p> <cb/> <lb n="p3b_085.101"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Anast. Grün.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_085.102"/> <lg> <l>Jch hab' eine alte Muhme,</l> <lb n="p3b_085.103"/> <l>Die ein altes Büchlein hat,</l> <lb n="p3b_085.104"/> <l>Es liegt in dem alten Buche</l> <lb n="p3b_085.105"/> <l>Ein altes dürres Blatt. </l> </lg> <lb n="p3b_085.106"/> <lg> <l>So dürr sind wohl auch die Hände,</l> <lb n="p3b_085.107"/> <l>Die einst im Lenz ihr's gepflückt.</l> <lb n="p3b_085.108"/> <l>Was mag doch die Alte haben?</l> <lb n="p3b_085.109"/> <l>Sie weint, so oft sie's erblickt.</l> </lg> <cb type="end"/> <p><lb n="p3b_085.110"/><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 2. <hi rendition="#g">Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen, <lb n="p3b_085.111"/> bei welchen (nach Analogie der verlängerten</hi> 4. <hi rendition="#g">Langzeile <lb n="p3b_085.112"/> in der mittelhochdeutschen Nibelungenstrophe) ein strophisches <lb n="p3b_085.113"/> Charakteristikum durch Verlängerung der</hi> 4. <hi rendition="#g">Halbzeile um</hi> 1 <hi rendition="#g">Takt <lb n="p3b_085.114"/> geschaffen wurde.</hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0111]
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§ 29. Bildung von Strophen aus gebrochen geschriebenen p3b_085.002
neuen Nibelungenversen. p3b_085.003
1. Alle Nibelungenverse mit Cäsurreim eignen sich für gebrochene p3b_085.004
Schreibung, ja, sie drängen zu ihr hin.
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2. Schreibt man Nibelungenreimpaare ohne Mittelreim gebrochen, p3b_085.006
so entstehen Strophen mit unterbrochenen Reimen (x a x a &c.). Es p3b_085.007
reimt in denselben nur die 2. mit der 4. Zeile, nicht aber die 1. p3b_085.008
mit der 3.
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3. Wird die vierzeilige Nibelungenstrophe gebrochen geschrieben, p3b_085.010
so ergeben sich selbstredend achtzeilige Strophen, die ebenso wenig vierzeilig p3b_085.011
geschrieben werden dürfen, als die vierzeiligen Nibelungenstrophen p3b_085.012
zweizeilig.
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4. Auch bei den gebrochen geschriebenen Nibelungenversen ist die p3b_085.014
Einfügung von Anapästen ein Schönheitsmittel.
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5. Die gebrochen geschriebenen Nibelungenverse ohne Mittelreim p3b_085.016
sind leicht zu bilden, da die Reime nur sehr spärlich folgen.
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6. Dies gilt auch für andere abwechselnd reimlose und gereimte p3b_085.018
Verse, bei welchen mit Rücksicht auf die Architektonik des Reims die p3b_085.019
Zeilenlänge nie mehr als höchstens 5 Takte betragen sollte, da in diesem p3b_085.020
Fall die Entfernung des Reimechos ja immer 10 Takte umfaßt.
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Aufgabe 1. Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen. p3b_085.022
Das Blatt im Buche.
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Stoff.
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1. Meine alte Muhme │ besitzt ein p3b_085.025
altes Büchlein, │ in welchem │ ein altes p3b_085.026
dürres Blatt liegt. ‖ 2. So alt und p3b_085.027
dürr sind wohl auch die Hände geworden, p3b_085.028
│ die ihr das Blatt in der p3b_085.029
Jugend gepflückt haben. │ Was mag p3b_085.030
nur die Alte denken? │ Sie weint, so p3b_085.031
oft sie das Blatt ansieht. ‖
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Lösung. Von Anast. Grün.
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Jch hab' eine alte Muhme, p3b_085.103
Die ein altes Büchlein hat, p3b_085.104
Es liegt in dem alten Buche p3b_085.105
Ein altes dürres Blatt.
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So dürr sind wohl auch die Hände, p3b_085.107
Die einst im Lenz ihr's gepflückt. p3b_085.108
Was mag doch die Alte haben? p3b_085.109
Sie weint, so oft sie's erblickt.
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Aufgabe 2. Halbgereimte neue Nibelungenverse mit Anapästen, p3b_085.111
bei welchen (nach Analogie der verlängerten 4. Langzeile p3b_085.112
in der mittelhochdeutschen Nibelungenstrophe) ein strophisches p3b_085.113
Charakteristikum durch Verlängerung der 4. Halbzeile um 1 Takt p3b_085.114
geschaffen wurde.
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