Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_100.001 [Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_100.005 p3b_100.010 Lösung. Von Chamisso. p3b_100.102Du sangest sonst von Frauen-Lieb und p3b_100.103 p3b_100.108Leben, p3b_100.104 Mein trauter Freund, mir schöne Lieder p3b_100.105 vor; p3b_100.106 An deinen lieben Lippen hing mein Ohr, p3b_100.107 Jch fühlte mich in Lieb und Lust erbeben. Du singst nicht mehr; - um deine p3b_100.109 [Ende Spaltensatz]
p3b_100.115Lyra weben p3b_100.110 Die Spinnen, dünkt mich, einen Trauerflor; p3b_100.111 p3b_100.112 Sprich, wirst du nie die Lust, die ich p3b_100.113 verlor, p3b_100.114 Du süßer Liedermund mir wiedergeben? c. Verbindung des Vollreims mit der Assonanz. p3b_100.116 Was rauschet, lauschet im Gebüsch? p3b_100.122 Was ringt sich auf dem Baum? p3b_100.123 Was senket aus der Wolke sich p3b_100.124 Und taucht aus Stromes Schaum. p3b_100.125 Dringe tief zu Berges Klüften, p3b_100.127 Wolken folge hoch zu Lüften, p3b_100.128 Muse ruft zu Bach und Thale p3b_100.129 Tausend abertausendmale &c. p3b_100.130 p3b_100.133 p3b_100.135 p3b_100.001 [Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_100.005 p3b_100.010 Lösung. Von Chamisso. p3b_100.102Du sangest sonst von Frauen-Lieb und p3b_100.103 p3b_100.108Leben, p3b_100.104 Mein trauter Freund, mir schöne Lieder p3b_100.105 vor; p3b_100.106 An deinen lieben Lippen hing mein Ohr, p3b_100.107 Jch fühlte mich in Lieb und Lust erbeben. Du singst nicht mehr; ─ um deine p3b_100.109 [Ende Spaltensatz]
p3b_100.115Lyra weben p3b_100.110 Die Spinnen, dünkt mich, einen Trauerflor; p3b_100.111 p3b_100.112 Sprich, wirst du nie die Lust, die ich p3b_100.113 verlor, p3b_100.114 Du süßer Liedermund mir wiedergeben? c. Verbindung des Vollreims mit der Assonanz. p3b_100.116 Was rauschet, lauschet im Gebüsch? p3b_100.122 Was ringt sich auf dem Baum? p3b_100.123 Was senket aus der Wolke sich p3b_100.124 Und taucht aus Stromes Schaum. p3b_100.125 Dringe tief zu Berges Klüften, p3b_100.127 Wolken folge hoch zu Lüften, p3b_100.128 Muse ruft zu Bach und Thale p3b_100.129 Tausend abertausendmale &c. p3b_100.130 p3b_100.133 p3b_100.135 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0126" n="100"/> <p> <lb n="p3b_100.001"/> <hi rendition="#g">Metrum: Der jambische Quinar. Zur Gewinnung eines <lb n="p3b_100.002"/> strophischen Charakteristikums kann irgend eine Zeile jeder <lb n="p3b_100.003"/> Strophe verkürzt werden.</hi> </p> <lb n="p3b_100.004"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Stoff.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_100.005"/> Du sangst mir, o Freund, sonst <lb n="p3b_100.006"/> Gesänge von Frauenliebe und =Leben <lb n="p3b_100.007"/> vor. Mein Ohr hing an deinem <lb n="p3b_100.008"/> Munde. Mein Herz erbebte in Freude <lb n="p3b_100.009"/> und Zuneigung.</p> <p><lb n="p3b_100.010"/> Du singst nicht mehr. Deine Lyra <lb n="p3b_100.011"/> ist mit Spinngewebe überzogen. Sprich, <lb n="p3b_100.012"/> wird mir dein süßer Gesang die verlorene <lb n="p3b_100.013"/> Freude nie wieder zurückgeben?</p> <cb/> <lb n="p3b_100.101"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Chamisso.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_100.102"/> <lg> <l>Du sangest sonst von Frauen-Lieb und</l> <lb n="p3b_100.103"/> <l> <hi rendition="#et">Leben,</hi> </l> <lb n="p3b_100.104"/> <l>Mein trauter Freund, mir schöne Lieder</l> <lb n="p3b_100.105"/> <l> <hi rendition="#et">vor;</hi> </l> <lb n="p3b_100.106"/> <l>An deinen lieben Lippen hing mein Ohr,</l> <lb n="p3b_100.107"/> <l>Jch fühlte mich in Lieb und Lust erbeben. </l> </lg> <lb n="p3b_100.108"/> <lg> <l>Du singst nicht mehr; ─ um deine</l> <lb n="p3b_100.109"/> <l> <hi rendition="#et">Lyra weben</hi> </l> <lb n="p3b_100.110"/> <l>Die Spinnen, dünkt mich, einen Trauerflor;</l> <lb n="p3b_100.111"/> <lb n="p3b_100.112"/> <l>Sprich, wirst du nie die Lust, die ich</l> <lb n="p3b_100.113"/> <l> <hi rendition="#et">verlor,</hi> </l> <lb n="p3b_100.114"/> <l>Du süßer Liedermund mir wiedergeben?</l> </lg> <cb type="end"/> <lb n="p3b_100.115"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Verbindung des Vollreims mit der Assonanz</hi>.</hi> </p> <p><lb n="p3b_100.116"/> 1. Eine Verbindung der <hi rendition="#g">freien</hi> Assonanz (innerhalb der Verszeile) <lb n="p3b_100.117"/> mit der <hi rendition="#g">versgliedernden</hi> Assonanz (am Ende der Verszeile), <lb n="p3b_100.118"/> welch letztere durch Übereinstimmung auch der Konsonanten zum <lb n="p3b_100.119"/> Vollreim wurde, finden wir bei unseren ersten Dichtern, z. B. bei <lb n="p3b_100.120"/> Uhland:</p> <lb n="p3b_100.121"/> <lg> <l>Was rauschet, lauschet im Gebüsch?</l> <lb n="p3b_100.122"/> <l>Was ringt sich auf dem Baum?</l> <lb n="p3b_100.123"/> <l>Was senket aus der Wolke sich</l> <lb n="p3b_100.124"/> <l>Und taucht aus Stromes Schaum.</l> </lg> <p><lb n="p3b_100.125"/> oder bei Goethe:</p> <lb n="p3b_100.126"/> <lg> <l>Dringe tief zu Berges Klüften,</l> <lb n="p3b_100.127"/> <l>Wolken folge hoch zu Lüften,</l> <lb n="p3b_100.128"/> <l>Muse ruft zu Bach und Thale</l> <lb n="p3b_100.129"/> <l>Tausend abertausendmale &c.</l> </lg> <p><lb n="p3b_100.130"/> 2. Als eine einfachere Verbindung der Assonanz mit dem Vollreim <lb n="p3b_100.131"/> ist es zu betrachten, wenn der <hi rendition="#g">gleiche</hi> Assonanzlaut in Verbindung <lb n="p3b_100.132"/> mit dem Vollreim durch das ganze Gedicht sich hindurchzieht.</p> <p><lb n="p3b_100.133"/> 3. Wir finden eine solche Verbindung im Gedicht von Rückert <hi rendition="#aq">I</hi>, 462 <lb n="p3b_100.134"/> unserer Poetik.</p> <p><lb n="p3b_100.135"/> 4. Als eine weitere Form dieser Verbindung kann das Ghasel <lb n="p3b_100.136"/> betrachtet werden, sofern es den gleichen Vokal in allen geraden Zeilen <lb n="p3b_100.137"/> beibehält.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0126]
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Metrum: Der jambische Quinar. Zur Gewinnung eines p3b_100.002
strophischen Charakteristikums kann irgend eine Zeile jeder p3b_100.003
Strophe verkürzt werden.
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Stoff.
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Du sangst mir, o Freund, sonst p3b_100.006
Gesänge von Frauenliebe und =Leben p3b_100.007
vor. Mein Ohr hing an deinem p3b_100.008
Munde. Mein Herz erbebte in Freude p3b_100.009
und Zuneigung.
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Du singst nicht mehr. Deine Lyra p3b_100.011
ist mit Spinngewebe überzogen. Sprich, p3b_100.012
wird mir dein süßer Gesang die verlorene p3b_100.013
Freude nie wieder zurückgeben?
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Lösung. Von Chamisso.
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Du sangest sonst von Frauen-Lieb und p3b_100.103
Leben, p3b_100.104
Mein trauter Freund, mir schöne Lieder p3b_100.105
vor; p3b_100.106
An deinen lieben Lippen hing mein Ohr, p3b_100.107
Jch fühlte mich in Lieb und Lust erbeben.
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Du singst nicht mehr; ─ um deine p3b_100.109
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Sprich, wirst du nie die Lust, die ich p3b_100.113
verlor, p3b_100.114
Du süßer Liedermund mir wiedergeben?
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c. Verbindung des Vollreims mit der Assonanz.
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1. Eine Verbindung der freien Assonanz (innerhalb der Verszeile) p3b_100.117
mit der versgliedernden Assonanz (am Ende der Verszeile), p3b_100.118
welch letztere durch Übereinstimmung auch der Konsonanten zum p3b_100.119
Vollreim wurde, finden wir bei unseren ersten Dichtern, z. B. bei p3b_100.120
Uhland:
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Was rauschet, lauschet im Gebüsch? p3b_100.122
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oder bei Goethe:
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Dringe tief zu Berges Klüften, p3b_100.127
Wolken folge hoch zu Lüften, p3b_100.128
Muse ruft zu Bach und Thale p3b_100.129
Tausend abertausendmale &c.
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2. Als eine einfachere Verbindung der Assonanz mit dem Vollreim p3b_100.131
ist es zu betrachten, wenn der gleiche Assonanzlaut in Verbindung p3b_100.132
mit dem Vollreim durch das ganze Gedicht sich hindurchzieht.
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3. Wir finden eine solche Verbindung im Gedicht von Rückert I, 462 p3b_100.134
unserer Poetik.
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4. Als eine weitere Form dieser Verbindung kann das Ghasel p3b_100.136
betrachtet werden, sofern es den gleichen Vokal in allen geraden Zeilen p3b_100.137
beibehält.
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