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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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[Beginn Spaltensatz]

3.

Süßer Trost sind mir die Nelken p3b_256.002
Für mein gar so frühes Grab, p3b_256.003
Denn der Einen Tag mir gab, p3b_256.004
Läßt auch sie nach zweien welken. p3b_256.005
So in Einem Garten blühend p3b_256.006
Kommen, gehn zusammen wir, p3b_256.007
Bläulich ich, sie purpurglühend; p3b_256.008
Lernt, ihr Blumen, lernt von mir.
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4.

Schön ist Blüte vom Jasmin; p3b_256.010
Doch auch sie ist bald entschwunden, p3b_256.011
Denn kaum lebt sie so viel Stunden, p3b_256.012
Als am Stern ihr Strahlen blühn.
[Spaltenumbruch] p3b_256.101
Wenn der Ambra wüchs' als Pflanze, p3b_256.102
Sicher blüht' er dann in ihr, p3b_256.103
Lebt' und stürb' in ihrem Glanze; p3b_256.104
Lernt, ihr Blumen, lernt von mir.
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5.

Nur der Goldlack nebenbei, p3b_256.106
Grob von Blättern, grob von Düften, p3b_256.107
Hält sich länger in den Lüften, p3b_256.108
Denn er sieht den ganzen Mai. p3b_256.109
Doch als Tausendschön zu sterben, p3b_256.110
Trag' ich wahrlich mehr Begier, p3b_256.111
Denn als Lack Heil zu erwerben: p3b_256.112
Lernt, ihr Blumen, lernt von mir.
[Ende Spaltensatz]

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Zur Beurteilung des Originalgedichts und der Übersetzung.

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1. Dieses Gedicht ist eine Art Zadschal (Klanggedicht) oder Muwaschaha, p3b_256.115
welche beide freundliche, sich gleichende, arabisch=spanische Volksliedformen wir p3b_256.116
unseren Dichtern zur Einführung in die deutsche Litteratur sehr empfehlen p3b_256.117
möchten. Das unterscheidende Kennzeichen ist, daß ein Reim oder ein Reimkomplex p3b_256.118
in einer Einleitungsstrophe, welche man auch das Thema nennen p3b_256.119
könnte, auftritt, dann von andern Reimen unterbrochen wird, aber am Ende p3b_256.120
jeder Strophe wiederkehrt und den Schluß des Ganzen bildet; die Anordnung p3b_256.121
im einzelnen und die Wahl des Metrums bleibt dem Belieben des Dichters p3b_256.122
anheimgegeben. (Vgl. für Näheres v. Schack "Poesie und Kunst der Araber p3b_256.123
in Spanien und Sicilien" 1865. Bd. II, S. 52 und 128 ff.)

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2. Geibels Strophen weichen vom Original ab, dessen didaktische, die p3b_256.125
Pointe des Ganzen enthaltende kurze Eingangsstrophe gekreuzte Reime hat, p3b_256.126
während die übrigen Strophen Zehnzeilen sind mit dem Schema: a b b a a c c b c b, p3b_256.127
oder (falls nur die 1. Zeile der Einleitungsstrophe wiederholt wird) Siebenzeilen p3b_256.128
mit dem Schema: a b b a a c c.

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3. Geibel giebt in der Einleitungsstrophe 2 Reimpaare; an Stelle der p3b_256.130
Zehn= (oder Sieben=) Zeilen bietet er Achtzeilen.

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4. Bei den letzteren nimmt er vom Strophenschema des Originals die p3b_256.132
erste Hälfte a b b a und bildet die 2. Hälfte nach der kurzen Einleitungsstrophe p3b_256.133
des Originalgedichts mit gekreuzten Reimen.

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5. Wie das Original, wechselt auch die Übersetzung in den einzelnen p3b_256.135
Strophen das Reimgeschlecht.

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6. Um sein Maß (die Achtzeile) zu füllen, muß der Übersetzer häufig p3b_256.137
den Stoff strecken. So ergeben ihm: in der 1. Strophe die 1. und 4. Zeile; p3b_256.138
in der 4. und 5. Strophe je die 6. Zeile den Stoff zu je 2 Zeilen; in der p3b_256.139
3. Strophe umschreibt er die 5. Zeile sogar durch 3 Verse.

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7. Zu Strophe 1 und 5 des Urbilds. Maravilla bedeutet (in p3b_256.141
der 1. Strophe) das Wunder. Es ist aber auch ein Blumenname mit verschiedenen p3b_256.142
Bedeutungen. Jn der fünften Strophe scheint es "die peruanische

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[Beginn Spaltensatz]

3.

Süßer Trost sind mir die Nelken p3b_256.002
Für mein gar so frühes Grab, p3b_256.003
Denn der Einen Tag mir gab, p3b_256.004
Läßt auch sie nach zweien welken. p3b_256.005
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Kommen, gehn zusammen wir, p3b_256.007
Bläulich ich, sie purpurglühend; p3b_256.008
Lernt, ihr Blumen, lernt von mir.
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4.

Schön ist Blüte vom Jasmin; p3b_256.010
Doch auch sie ist bald entschwunden, p3b_256.011
Denn kaum lebt sie so viel Stunden, p3b_256.012
Als am Stern ihr Strahlen blühn.
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Lernt, ihr Blumen, lernt von mir.
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Zur Beurteilung des Originalgedichts und der Übersetzung.

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1. Dieses Gedicht ist eine Art Zadschal (Klanggedicht) oder Muwaschaha, p3b_256.115
welche beide freundliche, sich gleichende, arabisch=spanische Volksliedformen wir p3b_256.116
unseren Dichtern zur Einführung in die deutsche Litteratur sehr empfehlen p3b_256.117
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in einer Einleitungsstrophe, welche man auch das Thema nennen p3b_256.119
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jeder Strophe wiederkehrt und den Schluß des Ganzen bildet; die Anordnung p3b_256.121
im einzelnen und die Wahl des Metrums bleibt dem Belieben des Dichters p3b_256.122
anheimgegeben. (Vgl. für Näheres v. Schack „Poesie und Kunst der Araber p3b_256.123
in Spanien und Sicilien“ 1865. Bd. II, S. 52 und 128 ff.)

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2. Geibels Strophen weichen vom Original ab, dessen didaktische, die p3b_256.125
Pointe des Ganzen enthaltende kurze Eingangsstrophe gekreuzte Reime hat, p3b_256.126
während die übrigen Strophen Zehnzeilen sind mit dem Schema: a b b a a c c b c b, p3b_256.127
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3. Geibel giebt in der Einleitungsstrophe 2 Reimpaare; an Stelle der p3b_256.130
Zehn= (oder Sieben=) Zeilen bietet er Achtzeilen.

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4. Bei den letzteren nimmt er vom Strophenschema des Originals die p3b_256.132
erste Hälfte a b b a und bildet die 2. Hälfte nach der kurzen Einleitungsstrophe p3b_256.133
des Originalgedichts mit gekreuzten Reimen.

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5. Wie das Original, wechselt auch die Übersetzung in den einzelnen p3b_256.135
Strophen das Reimgeschlecht.

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6. Um sein Maß (die Achtzeile) zu füllen, muß der Übersetzer häufig p3b_256.137
den Stoff strecken. So ergeben ihm: in der 1. Strophe die 1. und 4. Zeile; p3b_256.138
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Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/282>, abgerufen am 22.11.2024.