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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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3. Durch ihre überreichen weichen und süßen Klänge erhält die Sprache p3b_258.002
ein unmännliches, kraftloses Gepräge, was der deutsche Übersetzer sehr beachten p3b_258.003
muß, um bei der Übertragung keine Fehlgriffe zu thun.

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4. Dem Anfänger raten wir zur Übersetzung: die Lusiaden des p3b_258.005
Camoens,
welche alle Vorzüge der portugiesischen Sprache vereinen, dabei p3b_258.006
durch ihren Jnhalt, durch ihre glühende Vaterlandsliebe, durch ihre fesselnden p3b_258.007
Bilder löwenkühnen Mutes im Kampfe gegen die Mauren und zur See in p3b_258.008
Sturm und Schiffbruch, wie durch ihre Verehrung alles Schönen (also auch p3b_258.009
der Frauenschönheit) eine ungemein lohnende Übersetzungsaufgabe ergeben.

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5. Als Probe bieten wir eine Strophe, welche zu den schönsten unter p3b_258.011
allen Lusiaden-Strophen gehört und in der That durch ihre Malerei, Musik p3b_258.012
und Lebensweisheit als die beste, echteste Camoensstrophe für alle Zeiten gerühmt p3b_258.013
werden kann.

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Aufgabe.

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Eröffnungsstrophe des 4. Gesangs der Lusiaden des Camoens. p3b_258.016
Stoff.

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Despois de procellosa tempestade, p3b_258.018
Nocturna sombra, e sibilante vento, p3b_258.019
Traz a manha serena claridade, p3b_258.020
Esperanca de porto e salvamento: p3b_258.021
Aparta o sol a negra escuridade, p3b_258.022
Removendo o temor do pensamento: p3b_258.023
Assi no reino forte aconteceu, p3b_258.024
Despois que o rei Fernando falleceu.

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1. Übersetzung. Von Booch-Arkossy.

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Nach wilden Stürmen und nach grausen Nächten p3b_258.027
Ruht aus das Meer am hellen heitern Morgen; p3b_258.028
Der neue Tag trotzt all' den finstern Mächten, p3b_258.029
Des Hafens Hoffnung scheucht des Schiffers Sorgen, p3b_258.030
Und die von Kampf und Angst und Not Geschwächten p3b_258.031
Begrüßt das Licht der Sonne wohlgeborgen: p3b_258.032
So kam denn auch das tapfre Reich zum Frieden, p3b_258.033
Als König Fernand aus der Welt geschieden.
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2. Übersetzung. Von R. Ave=Lallemant.

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Nach wilder, schwerer Ungewitter Toben p3b_258.036
Die uns in dunkler Nacht, im Sturm getroffen, p3b_258.037
Bringt schon der Morgen heitres Licht von oben, p3b_258.038
Er läßt den Hafen, läßt die Rettung hoffen.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/284>, abgerufen am 21.11.2024.