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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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b. Wieland.
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Aus: "Oberon" (Zehnter Gesang, Stanze 2). p3b_267.003
[Beginn Spaltensatz] Ursprüngliche Fassung.

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Jhn hört Titania, in ein Gewölk verhüllt, p3b_267.005
Tief aus dem Wald herauf in langen p3b_267.006
Pausen ächzen, p3b_267.007
Sieht den Unglücklichen in stummer Angst p3b_267.008
verlechzen, p3b_267.009
Und weint und flieht. Denn ach! vergebens p3b_267.010
schwillt p3b_267.011
Jhr Herz von Mitgefühl! Ein eisernes p3b_267.012
Geschicke p3b_267.013
Stößt sie, so bald sie sich ihm nähern will, p3b_267.014
zurücke, p3b_267.015
Sie flieht, und wie sie nach dem einst geliebten p3b_267.016
Strand p3b_267.017
Noch einmal umschaut, blinkt ein Goldring p3b_267.018
aus dem Sand.
[Spaltenumbruch] p3b_267.101

Verbesserung und Feile p3b_267.102
Wielands.

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Und wendet sich von ihm. Denn auch vergebens p3b_267.104
schwillt p3b_267.105
Jhr zartes Herz von innigem Erbarmen.
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Ein stärkrer Zauber stößt mit unaufhaltbarn p3b_267.107
Armen p3b_267.108
Sie weg von ihm; und wie sie über'm p3b_267.109
Strand p3b_267.110
Dahin schwebt, blinkt vor ihr ein Goldreif p3b_267.111
aus dem Sand.
[Ende Spaltensatz]

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Beleuchtung einzelner Momente der Feile.

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Jn der ersten Fassung sagt der Dichter: "Ein eisernes Geschick stößt sie p3b_267.114
(Titania), sobald sie sich ihm (dem an den Baum Gebundenen) nähern will, p3b_267.115
zurück"; aber es stört ihn sodann, bei einer Elfenkönigin von Geschick zu p3b_267.116
sprechen. Er empfindet etwas wie unrichtige Auffassung und begründet in p3b_267.117
richtiger Erkenntnis die Situation durch die Worte: "Ein stärkrer Zauber." p3b_267.118
Diese Verbesserung zwingt ihn, auf den früheren Reim zu verzichten; er wählt p3b_267.119
ein neues Reimpaar und ändert zur Erreichung des Anschlusses auch die vorhergehenden p3b_267.120
Worte. Und wie er nun auch hier überlegend anhält, empfindet p3b_267.121
er gegenüber dem Ausdruck "schwellen" die Bezeichnung "von Mitgefühl" als p3b_267.122
matt. Sofort greift er eine ganze Tonlage tiefer, indem er ein "inniges Erbarmen" p3b_267.123
obwalten läßt, das durch das "zarte" (Herz) noch wirkungsvoller p3b_267.124
hervortritt. Dadurch gelangt der poetische Gedanke in reinerer und natürlicherer p3b_267.125
Form zum schönen Ausdruck.

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Zum Schluß wird wohl der Hinweis nicht überflüssig sein, wie verständnisvoll p3b_267.127
der Dichter durch seine Besserung auch die Lautmalerei übte, um p3b_267.128
Wohllaut wie Klangschönheit zu erzielen (Poetik I, 119). Während die ursprüngliche p3b_267.129
Fassung vier i, zwei ä und zwei dumpfe a (mit darauffolgendem n) p3b_267.130
aufweist, vermindert die Änderung die Zahl der farblosen i und führt zwei p3b_267.131
offene, volle, klare a (mit darauffolgendem r) ein.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/293>, abgerufen am 22.11.2024.