Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_020.001 Schon hab' ich Deinen Wunsch, den ich erkannt, vor Tagen p3b_020.002 p3b_020.003Der Götter und der Welt Urvater vorgetragen; Und so verliehen hat der durch sich Seiende p3b_020.004 Nun eine Tochter dir, der Allverleihende u. s. w. ------ p3b_020.005 II. Übungen im trochäischen Rhythmus. p3b_020.006§ 7. Bildung trochäischer Verstakte. p3b_020.007 Pfosten stürzen, Fenster klirren, p3b_020.012 Kinder jammern, Mütter irren, p3b_020.013 Tiere wimmern p3b_020.014 Unter Trümmern &c., p3b_020.015 Alles rennet, rettet, flüchtet &c., p3b_020.016 p3b_020.019 Lichtgeboren folgt's der Spur &c. (J. Hammer.) p3b_020.024Abgeschmackte Niedlichkeiten. (Sallet.) p3b_020.025 p3b_020.028 p3b_020.031 p3b_020.035 p3b_020.001 Schon hab' ich Deinen Wunsch, den ich erkannt, vor Tagen p3b_020.002 p3b_020.003Der Götter und der Welt Urvater vorgetragen; Und so verliehen hat der durch sich Seiende p3b_020.004 Nun eine Tochter dir, der Allverleihende u. s. w. ────── p3b_020.005 II. Übungen im trochäischen Rhythmus. p3b_020.006§ 7. Bildung trochäischer Verstakte. p3b_020.007 Pfosten stürzen, Fenster klirren, p3b_020.012 Kinder jammern, Mütter irren, p3b_020.013 Tiere wimmern p3b_020.014 Unter Trümmern &c., p3b_020.015 Alles rennet, rettet, flüchtet &c., p3b_020.016 p3b_020.019 Lichtgeboren folgt's der Spur &c. (J. Hammer.) p3b_020.024Abgeschmackte Niedlichkeiten. (Sallet.) p3b_020.025 p3b_020.028 p3b_020.031 p3b_020.035 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0046" n="20"/> <lb n="p3b_020.001"/> <lg> <l>Schon hab' ich Deinen Wunsch, den ich erkannt, vor Tagen</l> <lb n="p3b_020.002"/> <l>Der Götter und der Welt Urvater vorgetragen; </l> </lg> <lb n="p3b_020.003"/> <lg> <l>Und so verliehen hat der durch sich Seiende</l> <lb n="p3b_020.004"/> <l>Nun eine Tochter dir, der Allverleihende u. s. w.</l> </lg> <p> <hi rendition="#c">──────</hi> </p> </div> </div> <div n="2"> <lb n="p3b_020.005"/> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">II</hi>. Übungen im trochäischen Rhythmus.</hi> </head> <lb n="p3b_020.006"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">§ 7. Bildung trochäischer Verstakte.</hi> </head> <p><lb n="p3b_020.007"/> 1. Da der Grundrhythmus unserer Sprache trochäisch (–⏑) ist, <lb n="p3b_020.008"/> so fallen bei trochäischen Versen Satz- und Verstakte leicht zusammen. <lb n="p3b_020.009"/> Wenn auch dadurch hie und da eine besondere rhythmische Wirkung <lb n="p3b_020.010"/> erzielt wird, wie z. B. in der Stelle:</p> <lb n="p3b_020.011"/> <lg> <l>Pfosten stürzen, Fenster klirren,</l> <lb n="p3b_020.012"/> <l>Kinder jammern, Mütter irren,</l> <lb n="p3b_020.013"/> <l>Tiere wimmern</l> <lb n="p3b_020.014"/> <l>Unter Trümmern &c.,</l> <lb n="p3b_020.015"/> <l>Alles rennet, rettet, flüchtet &c.,</l> </lg> <p><lb n="p3b_020.016"/> so würde doch bei ununterbrochen sich folgenden Diäresen jeder Takt <lb n="p3b_020.017"/> als ein kleines Ganzes im Vers sich abheben und abschälen und die <lb n="p3b_020.018"/> Versverbindung lockern.</p> <p><lb n="p3b_020.019"/> 2. Man kann die Verbindung der Verstakte durch Einfügung <lb n="p3b_020.020"/> von jambischen <hi rendition="#g">Satztakten</hi> erzielen (z. B.: Lāß bĕglǖckt Gĕdūld ĕrflēhn <lb n="p3b_020.021"/> dĕm Frēund'). Oder man kann hiezu auch ditrochäische und <lb n="p3b_020.022"/> mehrsilbige Satztakte wählen, z. B.:</p> <lb n="p3b_020.023"/> <lg> <l><hi rendition="#g">Lichtgeboren</hi> folgt's der Spur &c.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(J. Hammer.)</hi> </p> <lb n="p3b_020.024"/> <lg> <l> <hi rendition="#g">Abgeschmackte Niedlichkeiten.</hi> </l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Sallet.)</hi> </p> <p><lb n="p3b_020.025"/> 3. Erinnert soll auch hier werden, daß bei Bildung katalektischer <lb n="p3b_020.026"/> (unvollzähliger) Verse die rhythmischen Pausen den Verstakten anzurechnen <lb n="p3b_020.027"/> sind.</p> <p><lb n="p3b_020.028"/> 4. Wichtig ist, daß in den Arsen (Stammsilben) volltönende Vokale <lb n="p3b_020.029"/> mit einander wechseln, sofern mehrere trochäische Verstakte mit <lb n="p3b_020.030"/> trochäischen Satztakten zusammenfallen (koincidieren).</p> <p><lb n="p3b_020.031"/> 5. Ferner ist zu beachten, daß in trochäischen Versen ausnahmsweise <lb n="p3b_020.032"/> sinkende Spondeen (─́–), sowie Daktylen (–⏑⏑) nicht bloß zulässig, <lb n="p3b_020.033"/> sondern zur Verminderung der Eintönigkeit hie und da sogar <lb n="p3b_020.034"/> erwünscht sind (besonders im dramatischen Vers).</p> <p><lb n="p3b_020.035"/> 6. Um nach einsilbigen Arsen jambische Satztakte zu erhalten, <lb n="p3b_020.036"/> wähle man Satztakte mit den thetischen Vorsilben ge, er, zer, em, emp, <lb n="p3b_020.037"/> ent, ver, be &c.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0046]
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Schon hab' ich Deinen Wunsch, den ich erkannt, vor Tagen p3b_020.002
Der Götter und der Welt Urvater vorgetragen;
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Und so verliehen hat der durch sich Seiende p3b_020.004
Nun eine Tochter dir, der Allverleihende u. s. w.
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II. Übungen im trochäischen Rhythmus. p3b_020.006
§ 7. Bildung trochäischer Verstakte. p3b_020.007
1. Da der Grundrhythmus unserer Sprache trochäisch (–⏑) ist, p3b_020.008
so fallen bei trochäischen Versen Satz- und Verstakte leicht zusammen. p3b_020.009
Wenn auch dadurch hie und da eine besondere rhythmische Wirkung p3b_020.010
erzielt wird, wie z. B. in der Stelle:
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Pfosten stürzen, Fenster klirren, p3b_020.012
Kinder jammern, Mütter irren, p3b_020.013
Tiere wimmern p3b_020.014
Unter Trümmern &c., p3b_020.015
Alles rennet, rettet, flüchtet &c.,
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so würde doch bei ununterbrochen sich folgenden Diäresen jeder Takt p3b_020.017
als ein kleines Ganzes im Vers sich abheben und abschälen und die p3b_020.018
Versverbindung lockern.
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2. Man kann die Verbindung der Verstakte durch Einfügung p3b_020.020
von jambischen Satztakten erzielen (z. B.: Lāß bĕglǖckt Gĕdūld ĕrflēhn p3b_020.021
dĕm Frēund'). Oder man kann hiezu auch ditrochäische und p3b_020.022
mehrsilbige Satztakte wählen, z. B.:
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Lichtgeboren folgt's der Spur &c.
(J. Hammer.)
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Abgeschmackte Niedlichkeiten.
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3. Erinnert soll auch hier werden, daß bei Bildung katalektischer p3b_020.026
(unvollzähliger) Verse die rhythmischen Pausen den Verstakten anzurechnen p3b_020.027
sind.
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4. Wichtig ist, daß in den Arsen (Stammsilben) volltönende Vokale p3b_020.029
mit einander wechseln, sofern mehrere trochäische Verstakte mit p3b_020.030
trochäischen Satztakten zusammenfallen (koincidieren).
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5. Ferner ist zu beachten, daß in trochäischen Versen ausnahmsweise p3b_020.032
sinkende Spondeen (─́–), sowie Daktylen (–⏑⏑) nicht bloß zulässig, p3b_020.033
sondern zur Verminderung der Eintönigkeit hie und da sogar p3b_020.034
erwünscht sind (besonders im dramatischen Vers).
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6. Um nach einsilbigen Arsen jambische Satztakte zu erhalten, p3b_020.036
wähle man Satztakte mit den thetischen Vorsilben ge, er, zer, em, emp, p3b_020.037
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