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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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p3b_059.001
[Beginn Spaltensatz] tuch; | gastfreundlich rauschtest du p3b_059.002
meinem Besuch entgegen. | Jch segne p3b_059.003
dich dafür, und mein Fluch treffe den, | p3b_059.004
der dir mit Axt und Säge naht. | Zwar p3b_059.005
tönt Fluch und Segen nicht aus einem p3b_059.006
Zauberbuch. | Aber wie du mich mit p3b_059.007
Wohlgeruch umweht hast, | so weht aus p3b_059.008
frommem Dichterspruch Weiheduft entgegen. p3b_059.009
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[Spaltenumbruch] p3b_059.101
Vor Wind und Wetter, rauschend p3b_059.102
Gastfreundlich dem Besuche! p3b_059.103
Drum ruh' auf dir mein Segen, p3b_059.104
Und trag' an meinem Fluche, p3b_059.105
Wer immer Axt und Säge p3b_059.106
Fortan an dir versuche! p3b_059.107
Und tönt auch Fluch wie Segen p3b_059.108
Aus keinem Zauberbuche, p3b_059.109
Es weht, wie mich dein Schatten p3b_059.110
Umhaucht mit Wohlgeruche, p3b_059.111
Es weht ein Duft der Weihe p3b_059.112
Aus frommem Dichterspruche.
[Ende Spaltensatz]

p3b_059.113
Aufgabe 3. Männlicher Reim. Vokal o im Endreim or. Das p3b_059.114
Metrum sei der jambische Viertakter. Reimstellung wie in Aufg.
1.

p3b_059.115
[Beginn Spaltensatz]

Stoff.

p3b_059.116
Die Liebe rief von der Himmelsthüre: p3b_059.117
| Wer ist, der schaut zu Gott herauf? p3b_059.118
| Wir sind, die schau'n empor zu p3b_059.119
Gott, | rief zu der Lieb' eine Anzahl p3b_059.120
Priester. | Die Liebe rief: Wie könnt p3b_059.121
ihr schau'n? | Vor eurem Antlitz hängt p3b_059.122
ein Schleier, | er ist gewebt aus Gier p3b_059.123
und Haß, | durch den das Licht seines p3b_059.124
Scheines beraubt wurde. | Vor eurem p3b_059.125
trüben Blicke nimmt | die Sonne Wolkenschleier p3b_059.126
an. | Die Gnade, die auf p3b_059.127
Wolken sitzt, | hört nicht, was euer p3b_059.128
dumpfer Ruf verlangt. | Und die Erhörung p3b_059.129
steigt nicht herab, | wie euer Gebet p3b_059.130
es wünscht. | O thut, eh' ihr zum p3b_059.131
Himmel schaut, | euch Erdendunkels ab p3b_059.132
zuerst. | Statt Gier und Haß nehmt p3b_059.133
Lieb ins Herz, | und schaut zur Gottheit p3b_059.134
dann hinauf. |

[Spaltenumbruch] p3b_059.101

Lösung. Von Fr. Rückert.

p3b_059.102
Die Liebe rief vom Himmelsthor: p3b_059.103
Wer ist, der schaut zu Gott empor? p3b_059.104
Wir sind, die schau'n empor zu Gott, p3b_059.105
Rief zu der Lieb' ein Priesterchor. p3b_059.106
Die Liebe rief: Wie könnt ihr schau'n? p3b_059.107
Vor eurem Antlitz hängt ein Flor. p3b_059.108
Ein Flor, gewebt aus Gier und Haß, p3b_059.109
Durch den das Licht den Schein verlor. p3b_059.110
Vor eurem trüben Blicke nimmt p3b_059.111
Die Sonne Wolkenschleier vor. p3b_059.112
Die Gnade, die auf Wolken sitzt, p3b_059.113
Schließt eurem dumpfen Ruf ihr Ohr. p3b_059.114
Und die Erhörung steiget nicht p3b_059.115
Herab, die nur Gebet beschwor. p3b_059.116
O thut, eh ihr zum Himmel schaut, p3b_059.117
Euch Erdendunkels ab zuvor. p3b_059.118
Statt Gier und Haß nehmt Lieb ins p3b_059.119
Herz, p3b_059.120
Und schaut zur Gottheit dann empor.
[Ende Spaltensatz]

p3b_059.121
Aufgabe 4. Männlicher Reim. Vokal i im Endreim icht. p3b_059.122
Metrum: Der jambische Fünftakter. Reimstellung wie früher.

p3b_059.123
[Beginn Spaltensatz]

Stoff.

p3b_059.124
Solange die Sonne den Nachtflor p3b_059.125
nicht durchbricht, | haben die Tagesvögel p3b_059.126
keine Zuversicht. | Die Sonne p3b_059.127
weckt die Tulpen auf; | daher sollst[Spaltenumbruch] p3b_059.101
Lösung. Von Fr. Rückert. p3b_059.102

Solang die Sonne nicht den Nachtflor p3b_059.103
bricht, p3b_059.104
Sind Tagesvögel ohne Zuversicht. p3b_059.105
Der Blick der Sonne ruft die Tulpen auf.
[Ende Spaltensatz]

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[Beginn Spaltensatz] tuch; │ gastfreundlich rauschtest du p3b_059.002
meinem Besuch entgegen. │ Jch segne p3b_059.003
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der dir mit Axt und Säge naht. │ Zwar p3b_059.005
tönt Fluch und Segen nicht aus einem p3b_059.006
Zauberbuch. │ Aber wie du mich mit p3b_059.007
Wohlgeruch umweht hast, │ so weht aus p3b_059.008
frommem Dichterspruch Weiheduft entgegen. p3b_059.009

[Spaltenumbruch] p3b_059.101
Vor Wind und Wetter, rauschend p3b_059.102
Gastfreundlich dem Besuche! p3b_059.103
Drum ruh' auf dir mein Segen, p3b_059.104
Und trag' an meinem Fluche, p3b_059.105
Wer immer Axt und Säge p3b_059.106
Fortan an dir versuche! p3b_059.107
Und tönt auch Fluch wie Segen p3b_059.108
Aus keinem Zauberbuche, p3b_059.109
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Umhaucht mit Wohlgeruche, p3b_059.111
Es weht ein Duft der Weihe p3b_059.112
Aus frommem Dichterspruche.
[Ende Spaltensatz]

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Aufgabe 3. Männlicher Reim. Vokal o im Endreim or. Das p3b_059.114
Metrum sei der jambische Viertakter. Reimstellung wie in Aufg.
1.

p3b_059.115
[Beginn Spaltensatz]

Stoff.

p3b_059.116
Die Liebe rief von der Himmelsthüre: p3b_059.117
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ihr schau'n? │ Vor eurem Antlitz hängt p3b_059.122
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Lösung. Von Fr. Rückert.

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Die Liebe rief vom Himmelsthor: p3b_059.103
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Wir sind, die schau'n empor zu Gott, p3b_059.105
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Und die Erhörung steiget nicht p3b_059.115
Herab, die nur Gebet beschwor. p3b_059.116
O thut, eh ihr zum Himmel schaut, p3b_059.117
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p3b_059.121
Aufgabe 4. Männlicher Reim. Vokal i im Endreim icht. p3b_059.122
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[59/0085] p3b_059.001 tuch; │ gastfreundlich rauschtest du p3b_059.002 meinem Besuch entgegen. │ Jch segne p3b_059.003 dich dafür, und mein Fluch treffe den, │ p3b_059.004 der dir mit Axt und Säge naht. │ Zwar p3b_059.005 tönt Fluch und Segen nicht aus einem p3b_059.006 Zauberbuch. │ Aber wie du mich mit p3b_059.007 Wohlgeruch umweht hast, │ so weht aus p3b_059.008 frommem Dichterspruch Weiheduft entgegen. p3b_059.009 │ p3b_059.101 Vor Wind und Wetter, rauschend p3b_059.102 Gastfreundlich dem Besuche! p3b_059.103 Drum ruh' auf dir mein Segen, p3b_059.104 Und trag' an meinem Fluche, p3b_059.105 Wer immer Axt und Säge p3b_059.106 Fortan an dir versuche! p3b_059.107 Und tönt auch Fluch wie Segen p3b_059.108 Aus keinem Zauberbuche, p3b_059.109 Es weht, wie mich dein Schatten p3b_059.110 Umhaucht mit Wohlgeruche, p3b_059.111 Es weht ein Duft der Weihe p3b_059.112 Aus frommem Dichterspruche. p3b_059.113 Aufgabe 3. Männlicher Reim. Vokal o im Endreim or. Das p3b_059.114 Metrum sei der jambische Viertakter. Reimstellung wie in Aufg. 1. p3b_059.115 Stoff. p3b_059.116 Die Liebe rief von der Himmelsthüre: p3b_059.117 │ Wer ist, der schaut zu Gott herauf? p3b_059.118 │ Wir sind, die schau'n empor zu p3b_059.119 Gott, │ rief zu der Lieb' eine Anzahl p3b_059.120 Priester. │ Die Liebe rief: Wie könnt p3b_059.121 ihr schau'n? │ Vor eurem Antlitz hängt p3b_059.122 ein Schleier, │ er ist gewebt aus Gier p3b_059.123 und Haß, │ durch den das Licht seines p3b_059.124 Scheines beraubt wurde. │ Vor eurem p3b_059.125 trüben Blicke nimmt │ die Sonne Wolkenschleier p3b_059.126 an. │ Die Gnade, die auf p3b_059.127 Wolken sitzt, │ hört nicht, was euer p3b_059.128 dumpfer Ruf verlangt. │ Und die Erhörung p3b_059.129 steigt nicht herab, │ wie euer Gebet p3b_059.130 es wünscht. │ O thut, eh' ihr zum p3b_059.131 Himmel schaut, │ euch Erdendunkels ab p3b_059.132 zuerst. │ Statt Gier und Haß nehmt p3b_059.133 Lieb ins Herz, │ und schaut zur Gottheit p3b_059.134 dann hinauf. │ p3b_059.101 Lösung. Von Fr. Rückert. p3b_059.102 Die Liebe rief vom Himmelsthor: p3b_059.103 Wer ist, der schaut zu Gott empor? p3b_059.104 Wir sind, die schau'n empor zu Gott, p3b_059.105 Rief zu der Lieb' ein Priesterchor. p3b_059.106 Die Liebe rief: Wie könnt ihr schau'n? p3b_059.107 Vor eurem Antlitz hängt ein Flor. p3b_059.108 Ein Flor, gewebt aus Gier und Haß, p3b_059.109 Durch den das Licht den Schein verlor. p3b_059.110 Vor eurem trüben Blicke nimmt p3b_059.111 Die Sonne Wolkenschleier vor. p3b_059.112 Die Gnade, die auf Wolken sitzt, p3b_059.113 Schließt eurem dumpfen Ruf ihr Ohr. p3b_059.114 Und die Erhörung steiget nicht p3b_059.115 Herab, die nur Gebet beschwor. p3b_059.116 O thut, eh ihr zum Himmel schaut, p3b_059.117 Euch Erdendunkels ab zuvor. p3b_059.118 Statt Gier und Haß nehmt Lieb ins p3b_059.119 Herz, p3b_059.120 Und schaut zur Gottheit dann empor. p3b_059.121 Aufgabe 4. Männlicher Reim. Vokal i im Endreim icht. p3b_059.122 Metrum: Der jambische Fünftakter. Reimstellung wie früher. p3b_059.123 Stoff. p3b_059.124 Solange die Sonne den Nachtflor p3b_059.125 nicht durchbricht, │ haben die Tagesvögel p3b_059.126 keine Zuversicht. │ Die Sonne p3b_059.127 weckt die Tulpen auf; │ daher sollst p3b_059.101 Lösung. Von Fr. Rückert. p3b_059.102 Solang die Sonne nicht den Nachtflor p3b_059.103 bricht, p3b_059.104 Sind Tagesvögel ohne Zuversicht. p3b_059.105 Der Blick der Sonne ruft die Tulpen auf.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/85>, abgerufen am 30.11.2024.