Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.Stilpe. Und Stössel im Ä-bäh-Tone: Es müsst der Mensch. Er riecht nach Wasserfleck. Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil! Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden, Dann sprach er selbst: In strenge seid ihr, und ich tadle euch. Seht ihr die Flaschen nicht, das Roastbeef nicht? Oh lenkt von dieser bangen Menschlichkeit Den strengen Blick zu diesem Caviar Und seht der Sprotten goldne Enge an, Der Flundern breite Liebenswürdigkeit, Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt. Seid milde, milde, milde, sag ich euch, Wie dieser Thunfisch, der im Öle schwimmt, Denn wisset, was in Silber rundlich hier Priapisch leuchtet, ist kein leerer Wahn, Nein: Echt Straßburger Gänseleberwurst! Und also sag ich: Wer kein Unmensch ist, Entlehmannt diesen Lehmann, und mein Wort Stilpe. Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone: Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck. Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil! Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden, Dann ſprach er ſelbſt: In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch. Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht? Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar Und ſeht der Sprotten goldne Enge an, Der Flundern breite Liebenswürdigkeit, Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt. Seid milde, milde, milde, ſag ich euch, Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt, Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn, Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt! Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt, Entlehmannt dieſen Lehmann, und mein Wort <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0288" n="274"/> <fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw> <p>Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck.<lb/></l> <l>Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!</l> </lg><lb/> <p>Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden,<lb/> er erhob ſchon die Arme. Aber Stilpe ſah ihn<lb/> durchdringend und zornig an.</p><lb/> <p>Dann ſprach er ſelbſt:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch.<lb/></l> <l>Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht?<lb/></l> <l>Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit<lb/></l> <l>Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar<lb/></l> <l>Und ſeht der Sprotten goldne Enge an,<lb/></l> <l>Der Flundern breite Liebenswürdigkeit,<lb/></l> <l>Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt<lb/></l> <l>Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt.<lb/></l> <l>Seid milde, milde, milde, ſag ich euch,<lb/></l> <l>Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt,<lb/></l> <l>Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier<lb/></l> <l>Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn,<lb/></l> <l>Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt,<lb/></l> <l>Entlehmannt dieſen Lehmann, und mein Wort<lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0288]
Stilpe.
Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone:
Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck.
Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!
Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden,
er erhob ſchon die Arme. Aber Stilpe ſah ihn
durchdringend und zornig an.
Dann ſprach er ſelbſt:
In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch.
Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht?
Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit
Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar
Und ſeht der Sprotten goldne Enge an,
Der Flundern breite Liebenswürdigkeit,
Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt
Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt.
Seid milde, milde, milde, ſag ich euch,
Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt,
Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier
Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn,
Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt!
Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt,
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