Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch, zweites Kapitel.
Was verstehen denn die Weiber von der Wort¬
kochkunst, wie gesagt.

-- Aber ich verliebe mich doch fortwährend in
Dichter, wie gesagt, da gehöre ich doch mit dazu.
Nich?

Jetzt drehte sich der Peripathetiker um und
schritt langsam auf die Sängerin zu:

-- Guten Abend, Mathilde!

Er sagte das sehr zärtlich.

Die Sängerin sah ihn groß mit lachenden
Augen an:

-- Ich heiße aber Martha!

-- Nein: Mathilde. Ihre Stimme klingt wie
Mathilde. Ganz seraphimflügelblau mit einem
Kern von willefrohem Ultraviolett. Auch Ihre
Hände flüstern Mathilde. So lilienblattschmal
und immer betend mit leis durchbluteten Adern.

Er nahm ihre rechte Hand und hielt sie vor
das Lampenlicht:

-- Kinderpatscheken! Sie sind ein guter Mensch,
Mathilde!

Die Sängerin schüttelte ganz ernsthaft den Kopf:

-- Nein, so was! Sind Sie der liebe Gott,
Sie freundlicher Herr?

Dann lachte sie belustigt:

Viertes Buch, zweites Kapitel.
Was verſtehen denn die Weiber von der Wort¬
kochkunſt, wie geſagt.

— Aber ich verliebe mich doch fortwährend in
Dichter, wie geſagt, da gehöre ich doch mit dazu.
Nich?

Jetzt drehte ſich der Peripathetiker um und
ſchritt langſam auf die Sängerin zu:

— Guten Abend, Mathilde!

Er ſagte das ſehr zärtlich.

Die Sängerin ſah ihn groß mit lachenden
Augen an:

— Ich heiße aber Martha!

— Nein: Mathilde. Ihre Stimme klingt wie
Mathilde. Ganz ſeraphimflügelblau mit einem
Kern von willefrohem Ultraviolett. Auch Ihre
Hände flüſtern Mathilde. So lilienblattſchmal
und immer betend mit leis durchbluteten Adern.

Er nahm ihre rechte Hand und hielt ſie vor
das Lampenlicht:

— Kinderpatſcheken! Sie ſind ein guter Menſch,
Mathilde!

Die Sängerin ſchüttelte ganz ernſthaft den Kopf:

— Nein, ſo was! Sind Sie der liebe Gott,
Sie freundlicher Herr?

Dann lachte ſie beluſtigt:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0365" n="351"/><fw place="top" type="header">Viertes Buch, zweites Kapitel.<lb/></fw> Was ver&#x017F;tehen denn die Weiber von der Wort¬<lb/>
kochkun&#x017F;t, wie ge&#x017F;agt.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Aber ich verliebe mich doch fortwährend in<lb/>
Dichter, wie ge&#x017F;agt, da gehöre ich doch mit dazu.<lb/>
Nich?</p><lb/>
          <p>Jetzt drehte &#x017F;ich der Peripathetiker um und<lb/>
&#x017F;chritt lang&#x017F;am auf die Sängerin zu:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Guten Abend, Mathilde!</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;agte das &#x017F;ehr zärtlich.</p><lb/>
          <p>Die Sängerin &#x017F;ah ihn groß mit lachenden<lb/>
Augen an:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Ich heiße aber Martha!</p><lb/>
          <p>&#x2014; Nein: Mathilde. Ihre Stimme klingt wie<lb/>
Mathilde. Ganz &#x017F;eraphimflügelblau mit einem<lb/>
Kern von willefrohem Ultraviolett. Auch Ihre<lb/>
Hände flü&#x017F;tern Mathilde. So lilienblatt&#x017F;chmal<lb/>
und immer betend mit leis durchbluteten Adern.</p><lb/>
          <p>Er nahm ihre rechte Hand und hielt &#x017F;ie vor<lb/>
das Lampenlicht:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Kinderpat&#x017F;cheken! Sie &#x017F;ind ein guter Men&#x017F;ch,<lb/>
Mathilde!</p><lb/>
          <p>Die Sängerin &#x017F;chüttelte ganz ern&#x017F;thaft den Kopf:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Nein, &#x017F;o was! Sind Sie der liebe Gott,<lb/>
Sie freundlicher Herr?</p><lb/>
          <p>Dann lachte &#x017F;ie belu&#x017F;tigt:<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0365] Viertes Buch, zweites Kapitel. Was verſtehen denn die Weiber von der Wort¬ kochkunſt, wie geſagt. — Aber ich verliebe mich doch fortwährend in Dichter, wie geſagt, da gehöre ich doch mit dazu. Nich? Jetzt drehte ſich der Peripathetiker um und ſchritt langſam auf die Sängerin zu: — Guten Abend, Mathilde! Er ſagte das ſehr zärtlich. Die Sängerin ſah ihn groß mit lachenden Augen an: — Ich heiße aber Martha! — Nein: Mathilde. Ihre Stimme klingt wie Mathilde. Ganz ſeraphimflügelblau mit einem Kern von willefrohem Ultraviolett. Auch Ihre Hände flüſtern Mathilde. So lilienblattſchmal und immer betend mit leis durchbluteten Adern. Er nahm ihre rechte Hand und hielt ſie vor das Lampenlicht: — Kinderpatſcheken! Sie ſind ein guter Menſch, Mathilde! Die Sängerin ſchüttelte ganz ernſthaft den Kopf: — Nein, ſo was! Sind Sie der liebe Gott, Sie freundlicher Herr? Dann lachte ſie beluſtigt:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/365
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/365>, abgerufen am 31.10.2024.