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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

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Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen.
als Botschafter nicht gewünscht habe, "weil man ihm kein Wort
glauben würde"1). Graf Arnim hat wiederholt Versuche gemacht,
ein Zeugniß des englischen Cabinets gegen diese meine Andeutung
zu erlangen, und von den ihm mehr als mir wohlwollenden eng¬
lischen Staatsmännern die Versicherung erhalten, daß ihnen nichts
derart bekannt sei. Doch war die von mir angedeutete präventive
Zurückweisung Arnims in einer Gestalt an den Kaiser gelangt,
daß ich mich öffentlich auf Sr. Majestät Zeugniß über die That¬
sache berufen konnte.

Nachdem Arnim sich 1873 in Berlin überzeugt hatte, daß seine
Aussichten, an meine Stelle zu treten, noch nicht so reif waren,
wie er angenommen hatte, versuchte er einstweilen das frühere gute
Verhältniß herzustellen, suchte mich auf, bedauerte, daß wir durch Mi߬
verständnisse und Intrigen Andrer auseinander gekommen wären,
und erinnerte an Beziehungen, die er einst mit mir gehabt und
gesucht hatte. Zu gut von seinem Treiben und von dem Ernst
seines Angriffes auf mich unterrichtet, um mich täuschen zu lassen,
sprach ich ganz offen mit ihm, hielt ihm vor, daß er mit allen mir
feindlichen Elementen in Verbindung getreten sei, um meine poli¬
tische Stellung zu erschüttern, in der irrigen Annahme, er werde
mein Nachfolger werden, und daß ich an seine versöhnliche Ge¬
sinnung nicht glaube. Er verließ mich, indem er mit der ihm
eignen Leichtigkeit des Weinens eine Thräne im Auge zerdrückte.
Ich kannte ihn von seiner Kindheit an.

Mein amtliches Verfahren gegen Arnim war von ihm pro¬
vocirt durch seine Weigerung, amtlichen Instructionen Folge zu
leisten. Ich habe die Thatsache, daß er Gelder, die er zur Ver¬
tretung unsrer Politik in der französischen Presse erhielt, 6000 bis
7000 Thaler, dazu verwandte, in der deutschen Presse unsre Politik
und meine Stellung anzugreifen, in den Gerichtsverhandlungen nie¬
mals berühren lassen. Sein Hauptorgan, in welchem er mich und

1) Schreiben an den Kaiser vom 14. April 1873.

Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.
als Botſchafter nicht gewünſcht habe, „weil man ihm kein Wort
glauben würde“1). Graf Arnim hat wiederholt Verſuche gemacht,
ein Zeugniß des engliſchen Cabinets gegen dieſe meine Andeutung
zu erlangen, und von den ihm mehr als mir wohlwollenden eng¬
liſchen Staatsmännern die Verſicherung erhalten, daß ihnen nichts
derart bekannt ſei. Doch war die von mir angedeutete präventive
Zurückweiſung Arnims in einer Geſtalt an den Kaiſer gelangt,
daß ich mich öffentlich auf Sr. Majeſtät Zeugniß über die That¬
ſache berufen konnte.

Nachdem Arnim ſich 1873 in Berlin überzeugt hatte, daß ſeine
Ausſichten, an meine Stelle zu treten, noch nicht ſo reif waren,
wie er angenommen hatte, verſuchte er einſtweilen das frühere gute
Verhältniß herzuſtellen, ſuchte mich auf, bedauerte, daß wir durch Mi߬
verſtändniſſe und Intrigen Andrer auseinander gekommen wären,
und erinnerte an Beziehungen, die er einſt mit mir gehabt und
geſucht hatte. Zu gut von ſeinem Treiben und von dem Ernſt
ſeines Angriffes auf mich unterrichtet, um mich täuſchen zu laſſen,
ſprach ich ganz offen mit ihm, hielt ihm vor, daß er mit allen mir
feindlichen Elementen in Verbindung getreten ſei, um meine poli¬
tiſche Stellung zu erſchüttern, in der irrigen Annahme, er werde
mein Nachfolger werden, und daß ich an ſeine verſöhnliche Ge¬
ſinnung nicht glaube. Er verließ mich, indem er mit der ihm
eignen Leichtigkeit des Weinens eine Thräne im Auge zerdrückte.
Ich kannte ihn von ſeiner Kindheit an.

Mein amtliches Verfahren gegen Arnim war von ihm pro¬
vocirt durch ſeine Weigerung, amtlichen Inſtructionen Folge zu
leiſten. Ich habe die Thatſache, daß er Gelder, die er zur Ver¬
tretung unſrer Politik in der franzöſiſchen Preſſe erhielt, 6000 bis
7000 Thaler, dazu verwandte, in der deutſchen Preſſe unſre Politik
und meine Stellung anzugreifen, in den Gerichtsverhandlungen nie¬
mals berühren laſſen. Sein Hauptorgan, in welchem er mich und

1) Schreiben an den Kaiſer vom 14. April 1873.
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[164/0188] Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen. als Botſchafter nicht gewünſcht habe, „weil man ihm kein Wort glauben würde“ 1). Graf Arnim hat wiederholt Verſuche gemacht, ein Zeugniß des engliſchen Cabinets gegen dieſe meine Andeutung zu erlangen, und von den ihm mehr als mir wohlwollenden eng¬ liſchen Staatsmännern die Verſicherung erhalten, daß ihnen nichts derart bekannt ſei. Doch war die von mir angedeutete präventive Zurückweiſung Arnims in einer Geſtalt an den Kaiſer gelangt, daß ich mich öffentlich auf Sr. Majeſtät Zeugniß über die That¬ ſache berufen konnte. Nachdem Arnim ſich 1873 in Berlin überzeugt hatte, daß ſeine Ausſichten, an meine Stelle zu treten, noch nicht ſo reif waren, wie er angenommen hatte, verſuchte er einſtweilen das frühere gute Verhältniß herzuſtellen, ſuchte mich auf, bedauerte, daß wir durch Mi߬ verſtändniſſe und Intrigen Andrer auseinander gekommen wären, und erinnerte an Beziehungen, die er einſt mit mir gehabt und geſucht hatte. Zu gut von ſeinem Treiben und von dem Ernſt ſeines Angriffes auf mich unterrichtet, um mich täuſchen zu laſſen, ſprach ich ganz offen mit ihm, hielt ihm vor, daß er mit allen mir feindlichen Elementen in Verbindung getreten ſei, um meine poli¬ tiſche Stellung zu erſchüttern, in der irrigen Annahme, er werde mein Nachfolger werden, und daß ich an ſeine verſöhnliche Ge¬ ſinnung nicht glaube. Er verließ mich, indem er mit der ihm eignen Leichtigkeit des Weinens eine Thräne im Auge zerdrückte. Ich kannte ihn von ſeiner Kindheit an. Mein amtliches Verfahren gegen Arnim war von ihm pro¬ vocirt durch ſeine Weigerung, amtlichen Inſtructionen Folge zu leiſten. Ich habe die Thatſache, daß er Gelder, die er zur Ver¬ tretung unſrer Politik in der franzöſiſchen Preſſe erhielt, 6000 bis 7000 Thaler, dazu verwandte, in der deutſchen Preſſe unſre Politik und meine Stellung anzugreifen, in den Gerichtsverhandlungen nie¬ mals berühren laſſen. Sein Hauptorgan, in welchem er mich und 1) Schreiben an den Kaiſer vom 14. April 1873.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/188>, abgerufen am 23.11.2024.