Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen. daß das Staatsministerinm sich im Besitz des von der Verfassungvorausgesetzten Einflusses auf die Allerhöchsten Entschließungen be¬ fände, würde auch dann nicht gefördert werden, wenn etwa die ungnädige Allerhöchste Randbemerkung und die darauf erfolgte Ant¬ wort des Staatsministeriums öffentlich bekannt würden. Man würde in Versuchung sein, in Betreff von Inhalt und Wirkung Vergleiche mit dem Vorgange in Frankreich anzustellen, der dort zu dem jüngsten Ministerwechsel führte. Ich bin nicht ohne Besorgniß, daß wir in dem Grunerschen Ich könnte mich nach meiner augenblicklichen Lage jeder amt¬ Die richtige der Logik des ersten Beschlusses entsprechende Er¬ Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen. daß das Staatsminiſterinm ſich im Beſitz des von der Verfaſſungvorausgeſetzten Einfluſſes auf die Allerhöchſten Entſchließungen be¬ fände, würde auch dann nicht gefördert werden, wenn etwa die ungnädige Allerhöchſte Randbemerkung und die darauf erfolgte Ant¬ wort des Staatsminiſteriums öffentlich bekannt würden. Man würde in Verſuchung ſein, in Betreff von Inhalt und Wirkung Vergleiche mit dem Vorgange in Frankreich anzuſtellen, der dort zu dem jüngſten Miniſterwechſel führte. Ich bin nicht ohne Beſorgniß, daß wir in dem Grunerſchen Ich könnte mich nach meiner augenblicklichen Lage jeder amt¬ Die richtige der Logik des erſten Beſchluſſes entſprechende Er¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0224" n="200"/><fw place="top" type="header">Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.<lb/></fw>daß das Staatsminiſterinm ſich im Beſitz des von der Verfaſſung<lb/> vorausgeſetzten Einfluſſes auf die Allerhöchſten Entſchließungen be¬<lb/> fände, würde auch dann nicht gefördert werden, wenn etwa die<lb/> ungnädige Allerhöchſte Randbemerkung und die darauf erfolgte Ant¬<lb/> wort des Staatsminiſteriums öffentlich bekannt würden. Man würde<lb/> in Verſuchung ſein, in Betreff von Inhalt und Wirkung Vergleiche<lb/> mit dem Vorgange in Frankreich anzuſtellen, der dort zu dem<lb/> jüngſten Miniſterwechſel führte.</p><lb/> <p>Ich bin nicht ohne Beſorgniß, daß wir in dem Grunerſchen<lb/> Vorgange nur eine Sonde zu erblicken haben, die von Herrn von<lb/> Schleinitz und ſeinen Rathgebern (nicht von Sr. Majeſtät dem<lb/> Kaiſer) angelegt wird, um zu probiren, was man uns bieten kann<lb/> und wie hoch wir unſre miniſterielle Autorität anſchlagen. Meiner<lb/> Anſicht nach iſt Fügſamkeit gegen dieſe unberechtigten Einflüſſe auf<lb/> die Allerhöchſten Entſchließungen nicht das Mittel, ſie abzuſchneiden;<lb/> im Gegentheil, ſie werden wachſen, und der Conflict, der jetzt ein<lb/> blos formaler iſt, würde ſich auf ungünſtigern Feldern und unter<lb/> Hineinziehung großer Parteifragen demnächſt wiederholen.</p><lb/> <p>Ich könnte mich nach meiner augenblicklichen Lage jeder amt¬<lb/> lichen Aeußerung enthalten, aber ich habe das Gefühl, daß die für<lb/> mich perſönlich doch ſehr wichtige Frage meines Wiedereintritts in die<lb/> Geſchäfte auf dieſem Wege auch ohne Rückſicht auf meine Geſund¬<lb/> heit präjudicirt werden würde. Da ich hoffe, daß meine Geſund¬<lb/> heit ſich beſſern wird, und da ich für dieſen Fall mir gern den<lb/> Wiedereintritt in die Geſchäfte, ſo weit er dem Allerhöchſten Willen<lb/> entſpricht, offen erhalte, ſo nehme ich ein perſönliches Intereſſe<lb/> daran, daß das Anſehn der miniſteriellen Stellung hinreichend ge¬<lb/> wahrt werde, um mir die Wiederaufnahme einer ſolchen nach meinem<lb/> Gewiſſen möglich zu erhalten.</p><lb/> <p>Die richtige der Logik des erſten Beſchluſſes entſprechende Er¬<lb/> ledigung wäre meiner Anſicht nach die Ablehnung der von dem Haus¬<lb/> miniſter beantragten Veröffentlichung für den amtlichen Theil des<lb/> Staats-Anzeigers. Die amtliche Aufnahme iſt vor Mißdeutung in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200/0224]
Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.
daß das Staatsminiſterinm ſich im Beſitz des von der Verfaſſung
vorausgeſetzten Einfluſſes auf die Allerhöchſten Entſchließungen be¬
fände, würde auch dann nicht gefördert werden, wenn etwa die
ungnädige Allerhöchſte Randbemerkung und die darauf erfolgte Ant¬
wort des Staatsminiſteriums öffentlich bekannt würden. Man würde
in Verſuchung ſein, in Betreff von Inhalt und Wirkung Vergleiche
mit dem Vorgange in Frankreich anzuſtellen, der dort zu dem
jüngſten Miniſterwechſel führte.
Ich bin nicht ohne Beſorgniß, daß wir in dem Grunerſchen
Vorgange nur eine Sonde zu erblicken haben, die von Herrn von
Schleinitz und ſeinen Rathgebern (nicht von Sr. Majeſtät dem
Kaiſer) angelegt wird, um zu probiren, was man uns bieten kann
und wie hoch wir unſre miniſterielle Autorität anſchlagen. Meiner
Anſicht nach iſt Fügſamkeit gegen dieſe unberechtigten Einflüſſe auf
die Allerhöchſten Entſchließungen nicht das Mittel, ſie abzuſchneiden;
im Gegentheil, ſie werden wachſen, und der Conflict, der jetzt ein
blos formaler iſt, würde ſich auf ungünſtigern Feldern und unter
Hineinziehung großer Parteifragen demnächſt wiederholen.
Ich könnte mich nach meiner augenblicklichen Lage jeder amt¬
lichen Aeußerung enthalten, aber ich habe das Gefühl, daß die für
mich perſönlich doch ſehr wichtige Frage meines Wiedereintritts in die
Geſchäfte auf dieſem Wege auch ohne Rückſicht auf meine Geſund¬
heit präjudicirt werden würde. Da ich hoffe, daß meine Geſund¬
heit ſich beſſern wird, und da ich für dieſen Fall mir gern den
Wiedereintritt in die Geſchäfte, ſo weit er dem Allerhöchſten Willen
entſpricht, offen erhalte, ſo nehme ich ein perſönliches Intereſſe
daran, daß das Anſehn der miniſteriellen Stellung hinreichend ge¬
wahrt werde, um mir die Wiederaufnahme einer ſolchen nach meinem
Gewiſſen möglich zu erhalten.
Die richtige der Logik des erſten Beſchluſſes entſprechende Er¬
ledigung wäre meiner Anſicht nach die Ablehnung der von dem Haus¬
miniſter beantragten Veröffentlichung für den amtlichen Theil des
Staats-Anzeigers. Die amtliche Aufnahme iſt vor Mißdeutung in
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