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Blacker, Carola: Einiges über Frauenstimmrecht. In: Frauen-Werke 1/3 (1894), S. 23-24; 1/4 (1894), S. 25-26; 1/5 (1894), S. 39-40; 1/6 (1894), S. 49-50.

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Einiges über Frauenstimmrecht.

(Fortsetzung.)

Mir scheint aber gerade, dass die über-
wiegende Zahl gebildeter Frauen - denn ich
nehme an, dass nur die selbständig Situierten
das Stimmrecht bekämen - ein heilsames
Gegengewicht hervorbringen würde. Wäre dem
aber auch nicht so, so kann ein misslicher Zu-
stand doch niemals durch eine Ungerechtigkeit[Spaltenumbruch] verbessert werden. Und eine solche ist unsere
Ausschließung.

In mittelbarer Weise ihre Bedürfnisse bei
der Regierung zu vertreten hat die Frau, so
gut wie der Mann, das Recht. Sie erfüllt alle
Bedingungen und Pflichten des Bürgers, sie
arbeitet an der Erhaltung sowie der sittlichen
und materiellen Wohlfahrt der Familie; sie
gebärt und erzieht dem Staat seine zukünftigen
Bürger. Für die ihr mangelnde Kriegsdienst-
befähigung könnte dies letztere als Ersatz gelten.
Es ist eine sclavische Stellung, sich unter Gesetze
zu beugen, zu deren Herstellung sie keine
Stimme abgeben darf; es folgt daraus ganz
logisch die Überherrschaft des Mannes, wie sie
in ihrer Roheit uns täglich in jedem Polizei-
berichte vor Augen tritt. Es gibt spezielle
Fraueninteressen so wichtiger Art, dass es un-
begreiflich scheint, wie man sie dem zufälligen
Wohlwollen, oder dem noch zufälligeren Ver-
ständnis eines männlichen Abgeordneten über-
lassen mag. Würde die doppelte Moral vor
dem Gesetz und dadurch im öffentlichen und
Privatleben heute noch bestehen, wenn die
Frauen in solchen Lebensfragen der Nation eine
Stimme hätten? Jeder Mensch im Staate soll
frei sein ohne Rücksicht auf Geschlecht. Eine
Classe aber, die jedes gesetzlichen Mittels zur
Einflussnahme auf ihre eigene Rechtstellung be-
raubt ist, ist nicht frei, sagt Charles Secretan
in seinem "Recht der Frau" ; und er geht weiter
und zieht die Schlussfolgerung, die für jeden,
der die Dinge ohne die alte conventionelle
Färbung betrachtet, eine unbestrittene Thatsache
ist: "Die männlichen Gesetzgeber haben das
Schicksal der Frau in einem Sinne geregelt, der
dem Interesse des männlichen Geschlechtes ver-
meintlich am besten entsprach".

Ob aus dem Stimmrecht der Frauen auch
ihre Wahlbefähigung hervorgehen würde -
das kann man einer folgenden Entwicklungs-
periode überlassen. Wenn es als schrecken-
erregend erscheint, wenn auch Frauen im Par-
lamente säßen und vielleicht mit beruhigend
eingehendem Verständnis über eine sociale An-
gelegenheit sprächen, der tröste sich damit, dass
sich solche Dinge nicht ganz von selbst voll-
ziehen. Es würde ein Damenansturm auf Par-
lamentssitze gemacht werden; die Ernennung
eines weiblichen Abgeordneten wäre dem langen
und umständlichen Wahlhergange unterworfen,
gerade so, wie die eines männlichen. - Die
Frauen würden aber immer für eine Frau
stimmen! Nun ja (ich glaube es jedoch nicht)
- dann können ja alle Männer für einen Mann
stimmen!

Die Mehrzahl der deutschen Frauen der
gebildeten Stände finden solche Bestrebungen
überflüssig. In ihrem geschützten Familienleben
sind sie zufrieden und verlangen keine Rechte.
- Gut, das steht jedem frei. Man ist aber
nicht mit seinen nächsten Angehörigen allein auf[Spaltenumbruch]

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Einiges über Frauenstimmrecht.

(Fortsetzung.)

Mir scheint aber gerade, dass die über-
wiegende Zahl gebildeter Frauen – denn ich
nehme an, dass nur die selbständig Situierten
das Stimmrecht bekämen – ein heilsames
Gegengewicht hervorbringen würde. Wäre dem
aber auch nicht so, so kann ein misslicher Zu-
stand doch niemals durch eine Ungerechtigkeit[Spaltenumbruch] verbessert werden. Und eine solche ist unsere
Ausschließung.

In mittelbarer Weise ihre Bedürfnisse bei
der Regierung zu vertreten hat die Frau, so
gut wie der Mann, das Recht. Sie erfüllt alle
Bedingungen und Pflichten des Bürgers, sie
arbeitet an der Erhaltung sowie der sittlichen
und materiellen Wohlfahrt der Familie; sie
gebärt und erzieht dem Staat seine zukünftigen
Bürger. Für die ihr mangelnde Kriegsdienst-
befähigung könnte dies letztere als Ersatz gelten.
Es ist eine sclavische Stellung, sich unter Gesetze
zu beugen, zu deren Herstellung sie keine
Stimme abgeben darf; es folgt daraus ganz
logisch die Überherrschaft des Mannes, wie sie
in ihrer Roheit uns täglich in jedem Polizei-
berichte vor Augen tritt. Es gibt spezielle
Fraueninteressen so wichtiger Art, dass es un-
begreiflich scheint, wie man sie dem zufälligen
Wohlwollen, oder dem noch zufälligeren Ver-
ständnis eines männlichen Abgeordneten über-
lassen mag. Würde die doppelte Moral vor
dem Gesetz und dadurch im öffentlichen und
Privatleben heute noch bestehen, wenn die
Frauen in solchen Lebensfragen der Nation eine
Stimme hätten? Jeder Mensch im Staate soll
frei sein ohne Rücksicht auf Geschlecht. Eine
Classe aber, die jedes gesetzlichen Mittels zur
Einflussnahme auf ihre eigene Rechtstellung be-
raubt ist, ist nicht frei, sagt Charles Secrétan
in seinem „Recht der Frau‟ ; und er geht weiter
und zieht die Schlussfolgerung, die für jeden,
der die Dinge ohne die alte conventionelle
Färbung betrachtet, eine unbestrittene Thatsache
ist: „Die männlichen Gesetzgeber haben das
Schicksal der Frau in einem Sinne geregelt, der
dem Interesse des männlichen Geschlechtes ver-
meintlich am besten entsprach‟.

Ob aus dem Stimmrecht der Frauen auch
ihre Wahlbefähigung hervorgehen würde –
das kann man einer folgenden Entwicklungs-
periode überlassen. Wenn es als schrecken-
erregend erscheint, wenn auch Frauen im Par-
lamente säßen und vielleicht mit beruhigend
eingehendem Verständnis über eine sociale An-
gelegenheit sprächen, der tröste sich damit, dass
sich solche Dinge nicht ganz von selbst voll-
ziehen. Es würde ein Damenansturm auf Par-
lamentssitze gemacht werden; die Ernennung
eines weiblichen Abgeordneten wäre dem langen
und umständlichen Wahlhergange unterworfen,
gerade so, wie die eines männlichen. – Die
Frauen würden aber immer für eine Frau
stimmen! Nun ja (ich glaube es jedoch nicht)
– dann können ja alle Männer für einen Mann
stimmen!

Die Mehrzahl der deutschen Frauen der
gebildeten Stände finden solche Bestrebungen
überflüssig. In ihrem geschützten Familienleben
sind sie zufrieden und verlangen keine Rechte.
– Gut, das steht jedem frei. Man ist aber
nicht mit seinen nächsten Angehörigen allein auf[Spaltenumbruch]

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[39/0005] ___________________________________________________ Einiges über Frauenstimmrecht. Von Carola Blacker (Fortsetzung.) Mir scheint aber gerade, dass die über- wiegende Zahl gebildeter Frauen – denn ich nehme an, dass nur die selbständig Situierten das Stimmrecht bekämen – ein heilsames Gegengewicht hervorbringen würde. Wäre dem aber auch nicht so, so kann ein misslicher Zu- stand doch niemals durch eine Ungerechtigkeit verbessert werden. Und eine solche ist unsere Ausschließung. In mittelbarer Weise ihre Bedürfnisse bei der Regierung zu vertreten hat die Frau, so gut wie der Mann, das Recht. Sie erfüllt alle Bedingungen und Pflichten des Bürgers, sie arbeitet an der Erhaltung sowie der sittlichen und materiellen Wohlfahrt der Familie; sie gebärt und erzieht dem Staat seine zukünftigen Bürger. Für die ihr mangelnde Kriegsdienst- befähigung könnte dies letztere als Ersatz gelten. Es ist eine sclavische Stellung, sich unter Gesetze zu beugen, zu deren Herstellung sie keine Stimme abgeben darf; es folgt daraus ganz logisch die Überherrschaft des Mannes, wie sie in ihrer Roheit uns täglich in jedem Polizei- berichte vor Augen tritt. Es gibt spezielle Fraueninteressen so wichtiger Art, dass es un- begreiflich scheint, wie man sie dem zufälligen Wohlwollen, oder dem noch zufälligeren Ver- ständnis eines männlichen Abgeordneten über- lassen mag. Würde die doppelte Moral vor dem Gesetz und dadurch im öffentlichen und Privatleben heute noch bestehen, wenn die Frauen in solchen Lebensfragen der Nation eine Stimme hätten? Jeder Mensch im Staate soll frei sein ohne Rücksicht auf Geschlecht. Eine Classe aber, die jedes gesetzlichen Mittels zur Einflussnahme auf ihre eigene Rechtstellung be- raubt ist, ist nicht frei, sagt Charles Secrétan in seinem „Recht der Frau‟ ; und er geht weiter und zieht die Schlussfolgerung, die für jeden, der die Dinge ohne die alte conventionelle Färbung betrachtet, eine unbestrittene Thatsache ist: „Die männlichen Gesetzgeber haben das Schicksal der Frau in einem Sinne geregelt, der dem Interesse des männlichen Geschlechtes ver- meintlich am besten entsprach‟. Ob aus dem Stimmrecht der Frauen auch ihre Wahlbefähigung hervorgehen würde – das kann man einer folgenden Entwicklungs- periode überlassen. Wenn es als schrecken- erregend erscheint, wenn auch Frauen im Par- lamente säßen und vielleicht mit beruhigend eingehendem Verständnis über eine sociale An- gelegenheit sprächen, der tröste sich damit, dass sich solche Dinge nicht ganz von selbst voll- ziehen. Es würde ein Damenansturm auf Par- lamentssitze gemacht werden; die Ernennung eines weiblichen Abgeordneten wäre dem langen und umständlichen Wahlhergange unterworfen, gerade so, wie die eines männlichen. – Die Frauen würden aber immer für eine Frau stimmen! Nun ja (ich glaube es jedoch nicht) – dann können ja alle Männer für einen Mann stimmen! Die Mehrzahl der deutschen Frauen der gebildeten Stände finden solche Bestrebungen überflüssig. In ihrem geschützten Familienleben sind sie zufrieden und verlangen keine Rechte. – Gut, das steht jedem frei. Man ist aber nicht mit seinen nächsten Angehörigen allein auf

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Zitationshilfe: Blacker, Carola: Einiges über Frauenstimmrecht. In: Frauen-Werke 1/3 (1894), S. 23-24; 1/4 (1894), S. 25-26; 1/5 (1894), S. 39-40; 1/6 (1894), S. 49-50, hier S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blacker_frauenstimmrecht_1894/5>, abgerufen am 23.11.2024.