Blacker, Carola: Einiges über Frauenstimmrecht. In: Frauen-Werke 1/3 (1894), S. 23-24; 1/4 (1894), S. 25-26; 1/5 (1894), S. 39-40; 1/6 (1894), S. 49-50.der Welt, und an die Wohlfahrt der vielen Un- Wer aber einmal die Erkenntnis gewonnen Man darf sagen, das ethische Wohl eines [Ende Spaltensatz][irrelevantes Material - 1 Zeile fehlt] der Welt, und an die Wohlfahrt der vielen Un- Wer aber einmal die Erkenntnis gewonnen Man darf sagen, das ethische Wohl eines [Ende Spaltensatz][irrelevantes Material – 1 Zeile fehlt] <TEI> <text> <body> <div xml:id="part03" type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0006" n="40"/> der Welt, und an die Wohlfahrt der vielen Un-<lb/> bekannten zu denken, das ist <hi rendition="#g">Pflicht</hi>. Kennt<lb/> Ihr, glückliche Frauen, die fürchterlichen Ehen<lb/> des niedern Volkes der Millionenstädte, in<lb/> welchen die Frau ganz schutzlos preisgegeben<lb/> ist? Kennt Ihr die rechtlose Stellung der<lb/> Mütter den Männern gegenüber? Habt Ihr Euch<lb/> von den Arbeiterinnen erzählen lassen, wie eine<lb/> unverstandene Gesetzgebung durch falsch ver-<lb/> standenes Wohlwollen ihren Verdienst schmälert<lb/> und unter dem angeblichen Schutz sie auf die<lb/> Seite geschoben und die Männer dadurch von<lb/> einer lästigen Concurrenz befreit werden? –<lb/> Wisst ihr von dem psychischen und sittlichen<lb/> Elend, das sich wegen ungenügender Inspection<lb/> (weil nur von Männern ausgeübt) in den<lb/> Fabriken abspielt? Habt Ihr eine Idee des<lb/> grenzenlosen Jammers der Prostitution, wo das<lb/> Gefühl des Abscheus weit zurückbleibt hinter<lb/> dem des Mitleids für die unglücklichen Opfer,<lb/> denen jeder Rückweg abgeschnitten ist? –</p><lb/> <p>Wer aber einmal die Erkenntnis gewonnen<lb/> hat, dass alles dies besteht und nach Abhilfe<lb/> ruft, der kann sich der innern Nothwendigkeit<lb/> nicht verschließen, dass er selbst mit seiner<lb/> ganzen Kraft dafür eintreten muss. Die Männer<lb/> haben es zu diesen Zuständen kommen lassen:<lb/> uns liegt es ob, sie zu ändern. Ein wirksames<lb/> Interesse an der Frauenbewegung ist deshalb<lb/> der Frauen Pflicht. Es zeigt sich nicht in Wort-<lb/> gefechten, seien sie mündlicher oder schrift-<lb/> stellerischer Art; sondern zu allererst in der<lb/> „Pflege des Grundsatzes von Wahrheit und Ge-<lb/> rechtigkeit‟ im eigenen Gemüth; im eingehenden<lb/> Kennenlernen der Verhältnisse und des Lebens<lb/> unserer armen und ärmsten Schwestern, im liebe-<lb/> vollen Verständnis derselben und der Hilfe-<lb/> bereitwilligkeit für alle, welche das Opfer der<lb/> Unfreiheit und Ungerechtigkeit sind. Ohne sie<lb/> zu suchen, kommen dann die Gelegenheiten zu<lb/> Wort und That, und das Pflichtgefühl gibt dazu<lb/> den Muth.</p><lb/> <p>Man darf sagen, das ethische Wohl eines<lb/> Volkes hängt von seinen Frauen ab; zu allen<lb/> Zeiten hat man uns auch die Stellung der<lb/> Pflegerinnen der Sitte gewährt. Wir sind es<lb/> innerhalb der Familie, der Schule, der Gesell-<lb/> schaft; aber warum dann nicht in weiteren<lb/> Bezirken des nationalen Lebens? Haben da<lb/> plötzlich die Männer alle Sitte für sich allein?<lb/> Hätten die Frauen einen Einfluss bei der Gesetz-<lb/> gebung, die sittlichen und socialen Übel, die<lb/> ich soeben streifte, beständen nicht. Auch<lb/> politische edle Bestrebungen in den Beziehungen<lb/> der Völker, wie z.B. jene für Frieden, wären<lb/> ernster und energischer; denn Frauen sind nicht<lb/> leicht entmutigt und halten zäh an ihren Idealen.<lb/> Sie würden auch hier, mit ihren höheren Zielen<lb/> wachsend, zu einer ethisierenden Macht.</p><lb/> <p> <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/blacker_frauenstimmrecht_1894/7#part04"> <hi rendition="#right">(Fortsetzung folgt)</hi> </ref> </p><lb/> </div> <cb/> <gap reason="insignificant" unit="lines" quantity="59"/><lb/> <cb type="end"/> <gap reason="insignificant" unit="lines" quantity="1"/><lb/> </body> </text> </TEI> [40/0006]
der Welt, und an die Wohlfahrt der vielen Un-
bekannten zu denken, das ist Pflicht. Kennt
Ihr, glückliche Frauen, die fürchterlichen Ehen
des niedern Volkes der Millionenstädte, in
welchen die Frau ganz schutzlos preisgegeben
ist? Kennt Ihr die rechtlose Stellung der
Mütter den Männern gegenüber? Habt Ihr Euch
von den Arbeiterinnen erzählen lassen, wie eine
unverstandene Gesetzgebung durch falsch ver-
standenes Wohlwollen ihren Verdienst schmälert
und unter dem angeblichen Schutz sie auf die
Seite geschoben und die Männer dadurch von
einer lästigen Concurrenz befreit werden? –
Wisst ihr von dem psychischen und sittlichen
Elend, das sich wegen ungenügender Inspection
(weil nur von Männern ausgeübt) in den
Fabriken abspielt? Habt Ihr eine Idee des
grenzenlosen Jammers der Prostitution, wo das
Gefühl des Abscheus weit zurückbleibt hinter
dem des Mitleids für die unglücklichen Opfer,
denen jeder Rückweg abgeschnitten ist? –
Wer aber einmal die Erkenntnis gewonnen
hat, dass alles dies besteht und nach Abhilfe
ruft, der kann sich der innern Nothwendigkeit
nicht verschließen, dass er selbst mit seiner
ganzen Kraft dafür eintreten muss. Die Männer
haben es zu diesen Zuständen kommen lassen:
uns liegt es ob, sie zu ändern. Ein wirksames
Interesse an der Frauenbewegung ist deshalb
der Frauen Pflicht. Es zeigt sich nicht in Wort-
gefechten, seien sie mündlicher oder schrift-
stellerischer Art; sondern zu allererst in der
„Pflege des Grundsatzes von Wahrheit und Ge-
rechtigkeit‟ im eigenen Gemüth; im eingehenden
Kennenlernen der Verhältnisse und des Lebens
unserer armen und ärmsten Schwestern, im liebe-
vollen Verständnis derselben und der Hilfe-
bereitwilligkeit für alle, welche das Opfer der
Unfreiheit und Ungerechtigkeit sind. Ohne sie
zu suchen, kommen dann die Gelegenheiten zu
Wort und That, und das Pflichtgefühl gibt dazu
den Muth.
Man darf sagen, das ethische Wohl eines
Volkes hängt von seinen Frauen ab; zu allen
Zeiten hat man uns auch die Stellung der
Pflegerinnen der Sitte gewährt. Wir sind es
innerhalb der Familie, der Schule, der Gesell-
schaft; aber warum dann nicht in weiteren
Bezirken des nationalen Lebens? Haben da
plötzlich die Männer alle Sitte für sich allein?
Hätten die Frauen einen Einfluss bei der Gesetz-
gebung, die sittlichen und socialen Übel, die
ich soeben streifte, beständen nicht. Auch
politische edle Bestrebungen in den Beziehungen
der Völker, wie z.B. jene für Frieden, wären
ernster und energischer; denn Frauen sind nicht
leicht entmutigt und halten zäh an ihren Idealen.
Sie würden auch hier, mit ihren höheren Zielen
wachsend, zu einer ethisierenden Macht.
(Fortsetzung folgt)
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(2017-03-15T15:42:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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