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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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Gesundheit einiger Gefahr zu unterwerfen,
einen Theil meines Lebens zum Wohlseyn
des andern zu verbrauchen, einige meiner
Bedürfnisse für ihn hinzugeben. Daran
ist kein Zweifel. Aber nichts wichtiges
muss ohne Ueberlegung geschehen; keine
grosse Verleugnung, ohne genaue Abwä-
gung des aufzuopfernden Guts. Auch dem
Christen steht es wohl an das Seine zu Ra-
the zu halten. Es würde lächerliche Ver-
schwendung, es würde Thorheit seyn, wenn
man sich seines Vermögens berauben woll-
te, um hier und da villeicht einen nichts-
würdigen Müssiggänger zu ernähren, dem
es so freylich besser gefällt, als wenn er
sein tägliches Brod mit Arbeit erwerben
sollte.

Der wahre Gutherzige kann nur den
Wohlstand des andern zum Zweck haben.
Sollte er also mit Wahrscheinlichkeit wissen

Geſundheit einiger Gefahr zu unterwerfen,
einen Theil meines Lebens zum Wohlſeyn
des andern zu verbrauchen, einige meiner
Bedürfniſse für ihn hinzugeben. Daran
iſt kein Zweifel. Aber nichts wichtiges
muſs ohne Ueberlegung geſchehen; keine
groſse Verleugnung, ohne genaue Abwä-
gung des aufzuopfernden Guts. Auch dem
Chriſten ſteht es wohl an das Seine zu Ra-
the zu halten. Es würde lächerliche Ver-
ſchwendung, es würde Thorheit ſeyn, wenn
man ſich ſeines Vermögens berauben woll-
te, um hier und da villeicht einen nichts-
würdigen Müſsiggänger zu ernähren, dem
es ſo freylich beſſer gefällt, als wenn er
ſein tägliches Brod mit Arbeit erwerben
ſollte.

Der wahre Gutherzige kann nur den
Wohlſtand des andern zum Zweck haben.
Sollte er alſo mit Wahrſcheinlichkeit wiſsen

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[126/0134] Geſundheit einiger Gefahr zu unterwerfen, einen Theil meines Lebens zum Wohlſeyn des andern zu verbrauchen, einige meiner Bedürfniſse für ihn hinzugeben. Daran iſt kein Zweifel. Aber nichts wichtiges muſs ohne Ueberlegung geſchehen; keine groſse Verleugnung, ohne genaue Abwä- gung des aufzuopfernden Guts. Auch dem Chriſten ſteht es wohl an das Seine zu Ra- the zu halten. Es würde lächerliche Ver- ſchwendung, es würde Thorheit ſeyn, wenn man ſich ſeines Vermögens berauben woll- te, um hier und da villeicht einen nichts- würdigen Müſsiggänger zu ernähren, dem es ſo freylich beſſer gefällt, als wenn er ſein tägliches Brod mit Arbeit erwerben ſollte. Der wahre Gutherzige kann nur den Wohlſtand des andern zum Zweck haben. Sollte er alſo mit Wahrſcheinlichkeit wiſsen

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/134>, abgerufen am 27.11.2024.