Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Leming unterscheidet sich durch sein über-
aus weiches schwarzgraues Fell, durch einen
verhältnismäsig sehr starken Leib, und kleinen
Kopf und Füsse. Er ist vorzüglich in Lapp-
land zu Hause, und thut den Gewächsen gros-
sen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legio-
nen wie Zugheuschrecken von einer Gegend in
die andere. Sie sollen in dem Fall in gerader
Linie, ohne Umweg, über Berg und Thal, durch
Seen und Flüsse, bis zum Ort wo sie sich nie-
derlassen wollen, ziehen. Ihre unerwartete und
unbemerkte Ankunft daselbst hat zu der wunder-
lichen Sage Anlaß gegeben, der sogar Th.
Bartholin, Ol. Worm und viele andere Natur-
forscher der vorigen Zeit beygepflichtet sind, daß
es Leminge Schaarenweise vom Himmel regnete.

15. mvs. cauda gracilis, subnuda.

1. +. Rattus. die Ratte. M. cauda elongata,
palmis tetradactylis cum unguiculo pol-
licari
. *

Die Ratte ist, wie sich aus Albertus Ma-
gnus, Vincenz von Beauvais etc. schliessen läst
ursprünglich im mittlern Europa zu Hause. Die
alten Griechen und Römer gedenken des Thiers
nie, und in die neue Welt ist es erst seit ihrer
Entdeckung, von Europa aus übergebracht wor-
den. Wenige andre Thiere sind so auserordent-
lich gefrässig als die Ratten. Sie ziehen den
Menschen und seinen Victualien überall nach.
Sogar den Bergleuten in die tiefsten Schachte.
Sie verlassen die ankommenden Schiffe wenn sie
ausgeladen werden und schwimmen ans Land; und
beziehen sie wieder so bald sie vom neuen befrachtet
werden*). Sie benagen sogar schlafende Men-

*) dvverney oeuvr. anatom. T. II. p. 384.

Der Leming unterscheidet sich durch sein über-
aus weiches schwarzgraues Fell, durch einen
verhältnismäsig sehr starken Leib, und kleinen
Kopf und Füsse. Er ist vorzüglich in Lapp-
land zu Hause, und thut den Gewächsen gros-
sen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legio-
nen wie Zugheuschrecken von einer Gegend in
die andere. Sie sollen in dem Fall in gerader
Linie, ohne Umweg, über Berg und Thal, durch
Seen und Flüsse, bis zum Ort wo sie sich nie-
derlassen wollen, ziehen. Ihre unerwartete und
unbemerkte Ankunft daselbst hat zu der wunder-
lichen Sage Anlaß gegeben, der sogar Th.
Bartholin, Ol. Worm und viele andere Natur-
forscher der vorigen Zeit beygepflichtet sind, daß
es Leminge Schaarenweise vom Himmel regnete.

15. mvs. cauda gracilis, subnuda.

1. †. Rattus. die Ratte. M. cauda elongata,
palmis tetradactylis cum unguiculo pol-
licari
. *

Die Ratte ist, wie sich aus Albertus Ma-
gnus, Vincenz von Beauvais ꝛc. schliessen läst
ursprünglich im mittlern Europa zu Hause. Die
alten Griechen und Römer gedenken des Thiers
nie, und in die neue Welt ist es erst seit ihrer
Entdeckung, von Europa aus übergebracht wor-
den. Wenige andre Thiere sind so auserordent-
lich gefrässig als die Ratten. Sie ziehen den
Menschen und seinen Victualien überall nach.
Sogar den Bergleuten in die tiefsten Schachte.
Sie verlassen die ankommenden Schiffe wenn sie
ausgeladen werden und schwimmen ans Land; und
beziehen sie wieder so bald sie vom neuen befrachtet
werden*). Sie benagen sogar schlafende Men-

*) dvverney oeuvr. anatom. T. II. p. 384.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000023">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0093" xml:id="pb081_0001" n="81"/>
              <p rendition="#l1em">Der Leming unterscheidet sich durch sein über-<lb/>
aus weiches schwarzgraues Fell, durch einen<lb/>
verhältnismäsig sehr starken Leib, und kleinen<lb/>
Kopf und Füsse. Er ist vorzüglich in Lapp-<lb/>
land zu Hause, und thut den Gewächsen gros-<lb/>
sen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legio-<lb/>
nen wie Zugheuschrecken von einer Gegend in<lb/>
die andere. Sie sollen in dem Fall in gerader<lb/>
Linie, ohne Umweg, über Berg und Thal, durch<lb/>
Seen und Flüsse, bis zum Ort wo sie sich nie-<lb/>
derlassen wollen, ziehen. Ihre unerwartete und<lb/>
unbemerkte Ankunft daselbst hat zu der wunder-<lb/>
lichen Sage Anlaß gegeben, der sogar Th.<lb/>
Bartholin, Ol. Worm und viele andere Natur-<lb/>
forscher der vorigen Zeit beygepflichtet sind, daß<lb/>
es Leminge Schaarenweise vom Himmel regnete.</p>
              <p rendition="#indent-1">15. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k"><hi rendition="#g">mvs</hi></hi>. cauda gracilis, subnuda</hi>.</p>
              <p rendition="#indent-2">1. &#x2020;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rattus</hi></hi>. die Ratte. <hi rendition="#aq">M. cauda elongata,<lb/>
palmis tetradactylis cum unguiculo pol-<lb/>
licari</hi>. *</p>
              <p rendition="#l1em">Die Ratte ist, wie sich aus Albertus Ma-<lb/>
gnus, Vincenz von Beauvais &#xA75B;c. schliessen läst<lb/>
ursprünglich im mittlern Europa zu Hause. Die<lb/>
alten Griechen und Römer gedenken des Thiers<lb/>
nie, und in die neue Welt ist es erst seit ihrer<lb/>
Entdeckung, von Europa aus übergebracht wor-<lb/>
den. Wenige andre Thiere sind so auserordent-<lb/>
lich gefrässig als die Ratten. Sie ziehen den<lb/>
Menschen und seinen Victualien überall nach.<lb/>
Sogar den Bergleuten in die tiefsten Schachte.<lb/>
Sie verlassen die ankommenden Schiffe wenn sie<lb/>
ausgeladen werden und schwimmen ans Land; und<lb/>
beziehen sie wieder so bald sie vom neuen befrachtet<lb/>
werden<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k"><hi rendition="#g">dvverney</hi></hi><hi rendition="#i">oeuvr. anatom</hi>. T</hi>. II. <hi rendition="#aq">p</hi>. 384.</p></note>. Sie benagen sogar schlafende Men-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0093] Der Leming unterscheidet sich durch sein über- aus weiches schwarzgraues Fell, durch einen verhältnismäsig sehr starken Leib, und kleinen Kopf und Füsse. Er ist vorzüglich in Lapp- land zu Hause, und thut den Gewächsen gros- sen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legio- nen wie Zugheuschrecken von einer Gegend in die andere. Sie sollen in dem Fall in gerader Linie, ohne Umweg, über Berg und Thal, durch Seen und Flüsse, bis zum Ort wo sie sich nie- derlassen wollen, ziehen. Ihre unerwartete und unbemerkte Ankunft daselbst hat zu der wunder- lichen Sage Anlaß gegeben, der sogar Th. Bartholin, Ol. Worm und viele andere Natur- forscher der vorigen Zeit beygepflichtet sind, daß es Leminge Schaarenweise vom Himmel regnete. 15. mvs. cauda gracilis, subnuda. 1. †. Rattus. die Ratte. M. cauda elongata, palmis tetradactylis cum unguiculo pol- licari. * Die Ratte ist, wie sich aus Albertus Ma- gnus, Vincenz von Beauvais ꝛc. schliessen läst ursprünglich im mittlern Europa zu Hause. Die alten Griechen und Römer gedenken des Thiers nie, und in die neue Welt ist es erst seit ihrer Entdeckung, von Europa aus übergebracht wor- den. Wenige andre Thiere sind so auserordent- lich gefrässig als die Ratten. Sie ziehen den Menschen und seinen Victualien überall nach. Sogar den Bergleuten in die tiefsten Schachte. Sie verlassen die ankommenden Schiffe wenn sie ausgeladen werden und schwimmen ans Land; und beziehen sie wieder so bald sie vom neuen befrachtet werden *). Sie benagen sogar schlafende Men- *) dvverney oeuvr. anatom. T. II. p. 384.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/93
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/93>, abgerufen am 19.05.2024.