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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 6. Aufl. Göttingen, 1799.

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ihren sehr homogenen Nahrungssaft ohne will-
kürliche Bewegung mittelst der Wurzeln ein-
saugen.

Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen (mechanischen und
chemischen) Gesetzen von Anziehung, Anhäufung,
Bildungskraft etc. entstehen.

Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-
macht worden.

Manche haben zwar die Kluft zwischen den
organisirten und unorganisirten Körpern aner-
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:

Andre hingegen haben die beliebten Meta-
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.
Statt fänden.

Was das erste betrifft, so sollte man zwar
überhaupt nicht vergessen, was so oft den Gegen-
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie
weit leichter für das was sie sind*) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann**). - So sagte z. B. Linne:

*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung.
**) "Facilius plerumque est rem praesentem discernere,
quam verbis exacte definire
"
. Gaubius. "Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt sondern
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-
len zu finden."
J. Aug. Unzer.

ihren sehr homogenen Nahrungssaft ohne will-
kürliche Bewegung mittelst der Wurzeln ein-
saugen.

Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen (mechanischen und
chemischen) Gesetzen von Anziehung, Anhäufung,
Bildungskraft ꝛc. entstehen.

Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-
macht worden.

Manche haben zwar die Kluft zwischen den
organisirten und unorganisirten Körpern aner-
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:

Andre hingegen haben die beliebten Meta-
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.
Statt fänden.

Was das erste betrifft, so sollte man zwar
überhaupt nicht vergessen, was so oft den Gegen-
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie
weit leichter für das was sie sind*) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann**). – So sagte z. B. Linné:

*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung.
**) Facilius plerumque est rem praesentem discernere,
quam verbis exacte definire
. Gaubius. „Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt sondern
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-
len zu finden.”
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[6/0030] ihren sehr homogenen Nahrungssaft ohne will- kürliche Bewegung mittelst der Wurzeln ein- saugen. Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen (mechanischen und chemischen) Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, Bildungskraft ꝛc. entstehen. Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist, zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge- macht worden. Manche haben zwar die Kluft zwischen den organisirten und unorganisirten Körpern aner- kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen Thieren und Gewächsen zugeben wollen: Andre hingegen haben die beliebten Meta- phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba- ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w. Statt fänden. Was das erste betrifft, so sollte man zwar überhaupt nicht vergessen, was so oft den Gegen- ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter für das was sie sind *) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann **). – So sagte z. B. Linné: *) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. **) „Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam verbis exacte definire”. Gaubius. „Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt sondern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl- len zu finden.” J. Aug. Unzer.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Dieses Werk stammt vom Projekt „Johann Friedrich Blumenbach – online“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.

Herstellung der Imagedateien des Quelldokuments durch die Utrecht University Library und die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach dem von der Akademie gelieferten Dokument "Buchstabenmuster_Blumenbach.doc" modernisiert.

In Absprache mit der Akademie wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizeriung von titleParts verzeichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet. Eine Ausnahme bilden Zitate, bei denen das Anführungszeichen zu Beginn jeder Zeile wiederholt wird. Hier wurden die Wiederholungen des öffenenden Zeichens nicht übernommen, sondern jeweils nur das öffnende und das schließende Zeichen. Das umschließende Element q wurde für diese Zitate über das Attribut type mit dem Wert preline gekennzeichnet.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 6. Aufl. Göttingen, 1799, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1799/30>, abgerufen am 21.11.2024.