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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

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durch das Ansehen ihrer berühmten Anhänger ver-
leitet. Allein ich bin nun gezwungen, diese Mei-
nung zu verlassen, und ein Geständniß meiner ei-
genen Irrthümer abzulegen, nachdem ich bey ei-
ner genaueren Prüfung aller auf das Zeugungs-
geschäft sich beziehenden Erscheinungen, von der
Natur selbst eines Bessern belehrt worden bin.

§. 591.

Denn täglich werde ich mehr überzeugt, daß
in allen organischen belebten Körpern ein beson-
derer, angebohrner, dann lebenslang thäti-
ger Trieb rege sey, ihre bestimmte Gestalt durch
die Zeugung anfangs anzunehmen, dann durch
die Ernährung lebenslang zu erhalten, und wenn
sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich,
durch die Reproduktionskraft wieder herzustellen.
- Ein Trieb, den man, um ihn von andern
Lebenskräften zu unterscheiden, mit dem Namen
des Bildungstriebes (nisus formativus) bezeich-
nen kann a). Uebrigens soll das Wort Bil-
dungstrieb nicht eine Ursache, sondern nur eine
beharrliche, aus der Erfahrung anerkannte Wir-
kung bezeichnen b); so gut, wie das Wort At-
traktion nur eine Kraft bezeichnet, deren Ursa-
che aber für uns in ein undurchdringliches Dunkel
eingehüllt ist.

a) Den Unterschied zwischen dem Bildungstrieb und
der vi plastica der Alten, und der vi essentiali
des Hrn. Wolfs, kann man mit einem Blicke ü-
bersehen in meiner Abhandlung über den Bil-
dungstrieb 2te Auflage. Göttingen. 1789. S. 27.

b) So Newton von der Attraktion, in den Quä-
stionen an der 2ten Ausgabe seiner Optik. S. 380.

durch das Ansehen ihrer berühmten Anhänger ver-
leitet. Allein ich bin nun gezwungen, diese Mei-
nung zu verlassen, und ein Geständniß meiner ei-
genen Irrthümer abzulegen, nachdem ich bey ei-
ner genaueren Prüfung aller auf das Zeugungs-
geschäft sich beziehenden Erscheinungen, von der
Natur selbst eines Bessern belehrt worden bin.

§. 591.

Denn täglich werde ich mehr überzeugt, daß
in allen organischen belebten Körpern ein beson-
derer, angebohrner, dann lebenslang thäti-
ger Trieb rege sey, ihre bestimmte Gestalt durch
die Zeugung anfangs anzunehmen, dann durch
die Ernährung lebenslang zu erhalten, und wenn
sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich,
durch die Reproduktionskraft wieder herzustellen.
– Ein Trieb, den man, um ihn von andern
Lebenskräften zu unterscheiden, mit dem Namen
des Bildungstriebes (nisus formativus) bezeich-
nen kann a). Uebrigens soll das Wort Bil-
dungstrieb nicht eine Ursache, sondern nur eine
beharrliche, aus der Erfahrung anerkannte Wir-
kung bezeichnen b); so gut, wie das Wort At-
traktion nur eine Kraft bezeichnet, deren Ursa-
che aber für uns in ein undurchdringliches Dunkel
eingehüllt ist.

a) Den Unterschied zwischen dem Bildungstrieb und
der vi plastica der Alten, und der vi essentiali
des Hrn. Wolfs, kann man mit einem Blicke ü-
bersehen in meiner Abhandlung über den Bil-
dungstrieb 2te Auflage. Göttingen. 1789. S. 27.

b) So Newton von der Attraktion, in den Quä-
stionen an der 2ten Ausgabe seiner Optik. S. 380.

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[359/0377] durch das Ansehen ihrer berühmten Anhänger ver- leitet. Allein ich bin nun gezwungen, diese Mei- nung zu verlassen, und ein Geständniß meiner ei- genen Irrthümer abzulegen, nachdem ich bey ei- ner genaueren Prüfung aller auf das Zeugungs- geschäft sich beziehenden Erscheinungen, von der Natur selbst eines Bessern belehrt worden bin. §. 591. Denn täglich werde ich mehr überzeugt, daß in allen organischen belebten Körpern ein beson- derer, angebohrner, dann lebenslang thäti- ger Trieb rege sey, ihre bestimmte Gestalt durch die Zeugung anfangs anzunehmen, dann durch die Ernährung lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich, durch die Reproduktionskraft wieder herzustellen. – Ein Trieb, den man, um ihn von andern Lebenskräften zu unterscheiden, mit dem Namen des Bildungstriebes (nisus formativus) bezeich- nen kann a). Uebrigens soll das Wort Bil- dungstrieb nicht eine Ursache, sondern nur eine beharrliche, aus der Erfahrung anerkannte Wir- kung bezeichnen b); so gut, wie das Wort At- traktion nur eine Kraft bezeichnet, deren Ursa- che aber für uns in ein undurchdringliches Dunkel eingehüllt ist. a) Den Unterschied zwischen dem Bildungstrieb und der vi plastica der Alten, und der vi essentiali des Hrn. Wolfs, kann man mit einem Blicke ü- bersehen in meiner Abhandlung über den Bil- dungstrieb 2te Auflage. Göttingen. 1789. S. 27. b) So Newton von der Attraktion, in den Quä- stionen an der 2ten Ausgabe seiner Optik. S. 380.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/377>, abgerufen am 22.11.2024.