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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Viertes Buch. Von der Entstehung und dem Untergang des States.
messen und den Colonisten zum Anbau eröffnet. Dieses Land
wird vorerst noch als Provinz der Union betrachtet und für
die Verwaltung derselben von der Unionsregierung gesorgt.
Wenn aber nach und nach die Bewohner sich vermehren und
zu einer Völkerschaft heranwachsen, dann erhalten sie durch
die neue Verfassung die noch fehlende Organisation und das
so statlich geordnete Territorium wird nun von dem Congresz
als ein neuer Stat anerkannt.

3. Weit häufiger kommt es vor, dasz die Bildung eines
Volkes vorhergeht, und die Besitznahme des Landes
als des zweiten zum Dasein eines States unentbehrlichen Ele-
mentes nachfolgt. Wir können diese Form die Landnahme
heiszen.

Sie kann zunächst als Eroberungeines bewohnten
Landes sich darstellen. Diese Form von Statenbildung ist
sehr häufig zur Anwendung gekommen. Die erste jüdische,
ein bedeutender Theil der griechischen (der dorischen)
und die ganze Statenbildung der germanischen Völker auf
römischem Provinzialboden und in slavischen Ländern tragen
diesen Charakter. In ihr stellt sich die kriegerische Ueber-
macht
eines Volkes über die Einwohner des eroberten Lan-
des dar, und wie der Krieg nach der einen Seite hin zer-
störend wirkt, so offenbart sich auf der andern Seite in ihm
eine positive gewissermaszen Staten zeugende Kraft. Die stat-
lichen Eigenschaften der Unterordnung und männlichen Herr-
schaft werden im Kriege gesteigert, und so das siegreiche
Volk zur Gründung eines neuen States in dem unterworfenen
Lande vorzüglich befähigt.

Die so entstandenen Staten haben in den ersten Zeiten
ihres Daseins, abgesehen von den äuszern Verhältnissen, grosze
innere Schwierigkeiten zu überwinden. Auch wenn der Kampf
der Waffen nicht erneuert wird, so beginnt doch gewöhnlich
ein innerer Geistes- und Culturkampf zwischen dem erobern-
den und dem unterworfenen Volke, und dauert fort bis die

Viertes Buch. Von der Entstehung und dem Untergang des States.
messen und den Colonisten zum Anbau eröffnet. Dieses Land
wird vorerst noch als Provinz der Union betrachtet und für
die Verwaltung derselben von der Unionsregierung gesorgt.
Wenn aber nach und nach die Bewohner sich vermehren und
zu einer Völkerschaft heranwachsen, dann erhalten sie durch
die neue Verfassung die noch fehlende Organisation und das
so statlich geordnete Territorium wird nun von dem Congresz
als ein neuer Stat anerkannt.

3. Weit häufiger kommt es vor, dasz die Bildung eines
Volkes vorhergeht, und die Besitznahme des Landes
als des zweiten zum Dasein eines States unentbehrlichen Ele-
mentes nachfolgt. Wir können diese Form die Landnahme
heiszen.

Sie kann zunächst als Eroberungeines bewohnten
Landes sich darstellen. Diese Form von Statenbildung ist
sehr häufig zur Anwendung gekommen. Die erste jüdische,
ein bedeutender Theil der griechischen (der dorischen)
und die ganze Statenbildung der germanischen Völker auf
römischem Provinzialboden und in slavischen Ländern tragen
diesen Charakter. In ihr stellt sich die kriegerische Ueber-
macht
eines Volkes über die Einwohner des eroberten Lan-
des dar, und wie der Krieg nach der einen Seite hin zer-
störend wirkt, so offenbart sich auf der andern Seite in ihm
eine positive gewissermaszen Staten zeugende Kraft. Die stat-
lichen Eigenschaften der Unterordnung und männlichen Herr-
schaft werden im Kriege gesteigert, und so das siegreiche
Volk zur Gründung eines neuen States in dem unterworfenen
Lande vorzüglich befähigt.

Die so entstandenen Staten haben in den ersten Zeiten
ihres Daseins, abgesehen von den äuszern Verhältnissen, grosze
innere Schwierigkeiten zu überwinden. Auch wenn der Kampf
der Waffen nicht erneuert wird, so beginnt doch gewöhnlich
ein innerer Geistes- und Culturkampf zwischen dem erobern-
den und dem unterworfenen Volke, und dauert fort bis die

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[304/0322] Viertes Buch. Von der Entstehung und dem Untergang des States. messen und den Colonisten zum Anbau eröffnet. Dieses Land wird vorerst noch als Provinz der Union betrachtet und für die Verwaltung derselben von der Unionsregierung gesorgt. Wenn aber nach und nach die Bewohner sich vermehren und zu einer Völkerschaft heranwachsen, dann erhalten sie durch die neue Verfassung die noch fehlende Organisation und das so statlich geordnete Territorium wird nun von dem Congresz als ein neuer Stat anerkannt. 3. Weit häufiger kommt es vor, dasz die Bildung eines Volkes vorhergeht, und die Besitznahme des Landes als des zweiten zum Dasein eines States unentbehrlichen Ele- mentes nachfolgt. Wir können diese Form die Landnahme heiszen. Sie kann zunächst als Eroberungeines bewohnten Landes sich darstellen. Diese Form von Statenbildung ist sehr häufig zur Anwendung gekommen. Die erste jüdische, ein bedeutender Theil der griechischen (der dorischen) und die ganze Statenbildung der germanischen Völker auf römischem Provinzialboden und in slavischen Ländern tragen diesen Charakter. In ihr stellt sich die kriegerische Ueber- macht eines Volkes über die Einwohner des eroberten Lan- des dar, und wie der Krieg nach der einen Seite hin zer- störend wirkt, so offenbart sich auf der andern Seite in ihm eine positive gewissermaszen Staten zeugende Kraft. Die stat- lichen Eigenschaften der Unterordnung und männlichen Herr- schaft werden im Kriege gesteigert, und so das siegreiche Volk zur Gründung eines neuen States in dem unterworfenen Lande vorzüglich befähigt. Die so entstandenen Staten haben in den ersten Zeiten ihres Daseins, abgesehen von den äuszern Verhältnissen, grosze innere Schwierigkeiten zu überwinden. Auch wenn der Kampf der Waffen nicht erneuert wird, so beginnt doch gewöhnlich ein innerer Geistes- und Culturkampf zwischen dem erobern- den und dem unterworfenen Volke, und dauert fort bis die

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/322>, abgerufen am 22.11.2024.