sprechende Entschädigung für solchen Verlust läszt sich nicht durchsetzen.
5. Aus der privatrechtlichen Natur der Besoldung ergibt sich das Recht des Beamten, insofern er ohne seine Ver- schuldung das Amt abzutreten genöthigt wird, für die noch nicht abgelaufene Amtszeit einen Ruhegehalt, Pension, zu fordern. Als Grundlage dieser Forderung ist der Standes- gehalt anzusehen, oder wo nicht zum Voraus eine derartige Ausscheidung getroffen ist, die Besoldung selbst, jedoch mit einem den nun wegfallenden Dienstverrichtungen und Reprä- sentationskosten entsprechenden Abzug. Zweckmäszig ist es, wenn das Gesetz genauere Bestimmungen über die Grösze und die Bedingungen solcher Pensionen zum Voraus anordnet; denn wenn auch im Allgemeinen das Recht auf Pension in manchen Fällen schon aus den Anstellungsverhältnissen folgt, so ist doch das Masz derselben ohne gesetzliche Norm im Einzelnen schwer zu bestimmen, und eine gerade hier mit mancherlei Nachtheilen verbundene Willkür kaum zu ver- meiden. Ein ausgedehntes Pensionssystem kann zwar zu einer schweren Last für die Statscasse werden, welche durch das- selbe zu Leistungen verpflichtet wird, für welche der Stat keine entsprechenden Gegenleistungen mehr empfängt. Aber so wenig bei unsern Zuständen Besoldungen entbehrt werden können für diejenigen Statsämter, welche als Beruf ausgeübt werden, so wenig und aus den nämlichen Gründen ist ein entsprechendes Pensionensystem zu vermeiden. Im Verhältniss zu andern Erwerbszweigen des Handels, der Fabrikation, der bürgerlichen Gewerbe überhaupt ist die ökonomische Sicher- stellung des Beamten und seiner Familie, einige seltene Fälle ausgenommen, eine beschränkte und meistens nur nothdürftige, und doch begehrt der Stat gewöhnlich gröszere Opfer und geistigere Bildung von seinen Beamten, und erfordert die Thätigkeit dieser höhere Geistesgaben und Arbeiten, als das bürgerliche Leben in der Regel von den Männern der Industrie
Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
sprechende Entschädigung für solchen Verlust läszt sich nicht durchsetzen.
5. Aus der privatrechtlichen Natur der Besoldung ergibt sich das Recht des Beamten, insofern er ohne seine Ver- schuldung das Amt abzutreten genöthigt wird, für die noch nicht abgelaufene Amtszeit einen Ruhegehalt, Pension, zu fordern. Als Grundlage dieser Forderung ist der Standes- gehalt anzusehen, oder wo nicht zum Voraus eine derartige Ausscheidung getroffen ist, die Besoldung selbst, jedoch mit einem den nun wegfallenden Dienstverrichtungen und Reprä- sentationskosten entsprechenden Abzug. Zweckmäszig ist es, wenn das Gesetz genauere Bestimmungen über die Grösze und die Bedingungen solcher Pensionen zum Voraus anordnet; denn wenn auch im Allgemeinen das Recht auf Pension in manchen Fällen schon aus den Anstellungsverhältnissen folgt, so ist doch das Masz derselben ohne gesetzliche Norm im Einzelnen schwer zu bestimmen, und eine gerade hier mit mancherlei Nachtheilen verbundene Willkür kaum zu ver- meiden. Ein ausgedehntes Pensionssystem kann zwar zu einer schweren Last für die Statscasse werden, welche durch das- selbe zu Leistungen verpflichtet wird, für welche der Stat keine entsprechenden Gegenleistungen mehr empfängt. Aber so wenig bei unsern Zuständen Besoldungen entbehrt werden können für diejenigen Statsämter, welche als Beruf ausgeübt werden, so wenig und aus den nämlichen Gründen ist ein entsprechendes Pensionensystem zu vermeiden. Im Verhältniss zu andern Erwerbszweigen des Handels, der Fabrikation, der bürgerlichen Gewerbe überhaupt ist die ökonomische Sicher- stellung des Beamten und seiner Familie, einige seltene Fälle ausgenommen, eine beschränkte und meistens nur nothdürftige, und doch begehrt der Stat gewöhnlich gröszere Opfer und geistigere Bildung von seinen Beamten, und erfordert die Thätigkeit dieser höhere Geistesgaben und Arbeiten, als das bürgerliche Leben in der Regel von den Männern der Industrie
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Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
sprechende Entschädigung für solchen Verlust läszt sich nicht
durchsetzen.
5. Aus der privatrechtlichen Natur der Besoldung ergibt
sich das Recht des Beamten, insofern er ohne seine Ver-
schuldung das Amt abzutreten genöthigt wird, für die noch
nicht abgelaufene Amtszeit einen Ruhegehalt, Pension,
zu fordern. Als Grundlage dieser Forderung ist der Standes-
gehalt anzusehen, oder wo nicht zum Voraus eine derartige
Ausscheidung getroffen ist, die Besoldung selbst, jedoch mit
einem den nun wegfallenden Dienstverrichtungen und Reprä-
sentationskosten entsprechenden Abzug. Zweckmäszig ist es,
wenn das Gesetz genauere Bestimmungen über die Grösze
und die Bedingungen solcher Pensionen zum Voraus anordnet;
denn wenn auch im Allgemeinen das Recht auf Pension in
manchen Fällen schon aus den Anstellungsverhältnissen folgt,
so ist doch das Masz derselben ohne gesetzliche Norm im
Einzelnen schwer zu bestimmen, und eine gerade hier mit
mancherlei Nachtheilen verbundene Willkür kaum zu ver-
meiden. Ein ausgedehntes Pensionssystem kann zwar zu einer
schweren Last für die Statscasse werden, welche durch das-
selbe zu Leistungen verpflichtet wird, für welche der Stat
keine entsprechenden Gegenleistungen mehr empfängt. Aber
so wenig bei unsern Zuständen Besoldungen entbehrt werden
können für diejenigen Statsämter, welche als Beruf ausgeübt
werden, so wenig und aus den nämlichen Gründen ist ein
entsprechendes Pensionensystem zu vermeiden. Im Verhältniss
zu andern Erwerbszweigen des Handels, der Fabrikation, der
bürgerlichen Gewerbe überhaupt ist die ökonomische Sicher-
stellung des Beamten und seiner Familie, einige seltene Fälle
ausgenommen, eine beschränkte und meistens nur nothdürftige,
und doch begehrt der Stat gewöhnlich gröszere Opfer und
geistigere Bildung von seinen Beamten, und erfordert die
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/636>, abgerufen am 22.11.2024.
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