rung heftigen Mangel litten und überdem noch roh behandelt wurden, wider das Völkerrecht.
602.
Personen, welche wegen eines vor ihrer Kriegsgefangenschaft ver- übten Vergehens der Strafgerichtsbarkeit des Nehmestats unterworfen sind, können auch nachher von dem Gerichte verfolgt und bestraft werden.
Am. 59. Die Kriegsgefangenschaft macht natürlich nicht frei von der ohnehin begründeten Verantwortlichkeit für Vergehen und Verbrechen, welche vor der Kriegs- gefangenschaft verübt worden sind. Wenn z. B. Jemand, der zuvor in dem Nehme- stat Werthpapiere unterschlagen oder gestohlen hatte, später Kriegsgefangener wird, so wird er ebenso der Verfolgung des Strafgerichts überliefert, wie wenn er in dem eingenommenen State vorher einen gemeinen Mord begangen hatte.
603.
Die Kriegsgefangenen sind nicht Gefangene des Individuums, dem sie sich ergeben haben, sondern des States. Sie können daher auch nicht von jenem losgekauft und freigelassen werden, sondern nur vom State.
Am. 74. Die Kriegsgefangenschaft ist Kriegsmittel des Stats, und nicht Machtübung der Einzelnen. Sie besteht nur zu Statszwecken, und nicht zur Befriedigung von Privatinteressen und Privatleidenschaften. Daher kann nur der Stat darüber verfügen. Die Kriegsgefangenen sind abzuliefern an das Com- mando, welches ordnungsmäßig und kraft seines Amts über das weitere Schicksal derselben entscheidet.
604.
Kriegsgefangene sind der Eingrenzung in eine Festung oder eine Stadt oder einen anderen Ortsumfang und sogar, wenn nöthig, dem Ge- fängnisse unterworfen, soweit die Interessen ihrer Sicherung es erfordern.
Am. 75. Das leitende Motiv der Eingrenzung darf nie das sein, den Kriegsgefangenen ein Leiden zuzufügen, sondern immer nur das politisch-mili- tärische, dieselben einstweilen von der Theilnahme am Kampf fern zu halten und durch den Gewahrsam, in dem sie gehalten werden, den eigenen Sieg und einen günstigen Frieden zu fördern. Officieren, welche sich auf Ehrenwort erklären, keinen Fluchtversuch zu machen, wird daher oft die Freiheit verstattet, beliebig in einer Stadt zu wohnen und sich sogar in der Umgegend frei zu bewegen. Die Festhaltung
Das Kriegsrecht.
rung heftigen Mangel litten und überdem noch roh behandelt wurden, wider das Völkerrecht.
602.
Perſonen, welche wegen eines vor ihrer Kriegsgefangenſchaft ver- übten Vergehens der Strafgerichtsbarkeit des Nehmeſtats unterworfen ſind, können auch nachher von dem Gerichte verfolgt und beſtraft werden.
Am. 59. Die Kriegsgefangenſchaft macht natürlich nicht frei von der ohnehin begründeten Verantwortlichkeit für Vergehen und Verbrechen, welche vor der Kriegs- gefangenſchaft verübt worden ſind. Wenn z. B. Jemand, der zuvor in dem Nehme- ſtat Werthpapiere unterſchlagen oder geſtohlen hatte, ſpäter Kriegsgefangener wird, ſo wird er ebenſo der Verfolgung des Strafgerichts überliefert, wie wenn er in dem eingenommenen State vorher einen gemeinen Mord begangen hatte.
603.
Die Kriegsgefangenen ſind nicht Gefangene des Individuums, dem ſie ſich ergeben haben, ſondern des States. Sie können daher auch nicht von jenem losgekauft und freigelaſſen werden, ſondern nur vom State.
Am. 74. Die Kriegsgefangenſchaft iſt Kriegsmittel des Stats, und nicht Machtübung der Einzelnen. Sie beſteht nur zu Statszwecken, und nicht zur Befriedigung von Privatintereſſen und Privatleidenſchaften. Daher kann nur der Stat darüber verfügen. Die Kriegsgefangenen ſind abzuliefern an das Com- mando, welches ordnungsmäßig und kraft ſeines Amts über das weitere Schickſal derſelben entſcheidet.
604.
Kriegsgefangene ſind der Eingrenzung in eine Feſtung oder eine Stadt oder einen anderen Ortsumfang und ſogar, wenn nöthig, dem Ge- fängniſſe unterworfen, ſoweit die Intereſſen ihrer Sicherung es erfordern.
Am. 75. Das leitende Motiv der Eingrenzung darf nie das ſein, den Kriegsgefangenen ein Leiden zuzufügen, ſondern immer nur das politiſch-mili- täriſche, dieſelben einſtweilen von der Theilnahme am Kampf fern zu halten und durch den Gewahrſam, in dem ſie gehalten werden, den eigenen Sieg und einen günſtigen Frieden zu fördern. Officieren, welche ſich auf Ehrenwort erklären, keinen Fluchtverſuch zu machen, wird daher oft die Freiheit verſtattet, beliebig in einer Stadt zu wohnen und ſich ſogar in der Umgegend frei zu bewegen. Die Feſthaltung
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Das Kriegsrecht.
rung heftigen Mangel litten und überdem noch roh behandelt wurden, wider das
Völkerrecht.
602.
Perſonen, welche wegen eines vor ihrer Kriegsgefangenſchaft ver-
übten Vergehens der Strafgerichtsbarkeit des Nehmeſtats unterworfen ſind,
können auch nachher von dem Gerichte verfolgt und beſtraft werden.
Am. 59. Die Kriegsgefangenſchaft macht natürlich nicht frei von der ohnehin
begründeten Verantwortlichkeit für Vergehen und Verbrechen, welche vor der Kriegs-
gefangenſchaft verübt worden ſind. Wenn z. B. Jemand, der zuvor in dem Nehme-
ſtat Werthpapiere unterſchlagen oder geſtohlen hatte, ſpäter Kriegsgefangener wird,
ſo wird er ebenſo der Verfolgung des Strafgerichts überliefert, wie wenn er in
dem eingenommenen State vorher einen gemeinen Mord begangen hatte.
603.
Die Kriegsgefangenen ſind nicht Gefangene des Individuums, dem
ſie ſich ergeben haben, ſondern des States. Sie können daher auch nicht
von jenem losgekauft und freigelaſſen werden, ſondern nur vom State.
Am. 74. Die Kriegsgefangenſchaft iſt Kriegsmittel des Stats, und
nicht Machtübung der Einzelnen. Sie beſteht nur zu Statszwecken, und nicht
zur Befriedigung von Privatintereſſen und Privatleidenſchaften. Daher kann nur
der Stat darüber verfügen. Die Kriegsgefangenen ſind abzuliefern an das Com-
mando, welches ordnungsmäßig und kraft ſeines Amts über das weitere Schickſal
derſelben entſcheidet.
604.
Kriegsgefangene ſind der Eingrenzung in eine Feſtung oder eine
Stadt oder einen anderen Ortsumfang und ſogar, wenn nöthig, dem Ge-
fängniſſe unterworfen, ſoweit die Intereſſen ihrer Sicherung es erfordern.
Am. 75. Das leitende Motiv der Eingrenzung darf nie das ſein, den
Kriegsgefangenen ein Leiden zuzufügen, ſondern immer nur das politiſch-mili-
täriſche, dieſelben einſtweilen von der Theilnahme am Kampf fern zu halten und
durch den Gewahrſam, in dem ſie gehalten werden, den eigenen Sieg und einen
günſtigen Frieden zu fördern. Officieren, welche ſich auf Ehrenwort erklären, keinen
Fluchtverſuch zu machen, wird daher oft die Freiheit verſtattet, beliebig in einer
Stadt zu wohnen und ſich ſogar in der Umgegend frei zu bewegen. Die Feſthaltung
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/355>, abgerufen am 21.11.2024.
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