[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.für die Tr-ll-rischen Fabeln. wahrnehmen wird. Alleine laßt uns nun ei-nige der wichtigsten Einwürffe besehen, die er lein nen, nemlich ein solches, das mit Furcht und Abscheu verknüpfet ist: Improvisum aspris veluti qui sentibus Anguem Pressit humi nitens, trepidusque repente refugit Attollentem iras, & coerula colla tumentem. Einige der wichtigsten Einwürffe) Das Ge- wicht der Einwürffe wird gemeiniglich von dem, der sie machet, und von dem, der sie beantworten soll, in einer gantz nngleichen Waage abgewogen. Sie werden hier die wichtigsten Einwürffe genennet, nicht als ob sie an sich selbst einiges Gewicht haben; sondern in Vergleichung mit den übrigen Einwürffen, die wahr- haftig leichter sind, als die Spreu. Jch will meinen Lesern zu gefallen eine kurtze Liste von diesen Einwürffen hersetzen, damit sie selbst ein Urtheil davon fällen können. Der Verfasser der Critischen Dichtkunst wirft demnach folgende Fragen auf, die sich auf Hrn. Tr-ll-rs Unter- suchung von den Fabeln, und auf die Fabeln selbst beziehen, die in dem Anhange seiner Gedichte stehen. Ob Esopus seinen Fabeln die Lehren selbst angehänget? Bl. 173. Ob Phäder zu tadeln sey, daß er die Leh- re der Fabeln mehrmahlen vorne zu Anfang der Erzehlung gesetzet hat? Bl. 175. Ob La Motte we- gen der weitläuftigen Vorreden, die er vor seinen Fa- beln gesetzet, zu entschuldigen? Bl. 177. Ob die menschlichen Fabeln wegen Mangel des Wunderbaren allemahl verwerflich seyn? Bl. 188. u. f. Ob La Motte geirret, da er die Fabel ein kleines Episches Gedichte genennet? Bl. 195. Ob die Fabel von dem kleinen Knaben, der das Meer in ein kleines Grüb- C 2
fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln. wahrnehmen wird. Alleine laßt uns nun ei-nige der wichtigſten Einwuͤrffe beſehen, die er lein nen, nemlich ein ſolches, das mit Furcht und Abſcheu verknuͤpfet iſt: Improviſum aſpris veluti qui ſentibus Anguem Preſſit humi nitens, trepidusque repente refugit Attollentem iras, & cœrula colla tumentem. Einige der wichtigſten Einwuͤrffe) Das Ge- wicht der Einwuͤrffe wird gemeiniglich von dem, der ſie machet, und von dem, der ſie beantworten ſoll, in einer gantz nngleichen Waage abgewogen. Sie werden hier die wichtigſten Einwuͤrffe genennet, nicht als ob ſie an ſich ſelbſt einiges Gewicht haben; ſondern in Vergleichung mit den uͤbrigen Einwuͤrffen, die wahr- haftig leichter ſind, als die Spreu. Jch will meinen Leſern zu gefallen eine kurtze Liſte von dieſen Einwuͤrffen herſetzen, damit ſie ſelbſt ein Urtheil davon faͤllen koͤnnen. Der Verfaſſer der Critiſchen Dichtkunſt wirft demnach folgende Fragen auf, die ſich auf Hrn. Tr-ll-rs Unter- ſuchung von den Fabeln, und auf die Fabeln ſelbſt beziehen, die in dem Anhange ſeiner Gedichte ſtehen. Ob Eſopus ſeinen Fabeln die Lehren ſelbſt angehaͤnget? Bl. 173. Ob Phaͤder zu tadeln ſey, daß er die Leh- re der Fabeln mehrmahlen vorne zu Anfang der Erzehlung geſetzet hat? Bl. 175. Ob La Motte we- gen der weitlaͤuftigen Vorreden, die er vor ſeinen Fa- beln geſetzet, zu entſchuldigen? Bl. 177. Ob die menſchlichen Fabeln wegen Mangel des Wunderbaren allemahl verwerflich ſeyn? Bl. 188. u. f. Ob La Motte geirret, da er die Fabel ein kleines Epiſches Gedichte genennet? Bl. 195. Ob die Fabel von dem kleinen Knaben, der das Meer in ein kleines Gruͤb- C 2
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fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln.
wahrnehmen wird. Alleine laßt uns nun ei-
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er
lein
nen, nemlich ein ſolches, das mit Furcht und Abſcheu
verknuͤpfet iſt:
Improviſum aſpris veluti qui ſentibus Anguem
Preſſit humi nitens, trepidusque repente refugit
Attollentem iras, & cœrula colla tumentem.
Einige der wichtigſten Einwuͤrffe) Das Ge-
wicht der Einwuͤrffe wird gemeiniglich von dem, der
ſie machet, und von dem, der ſie beantworten ſoll,
in einer gantz nngleichen Waage abgewogen. Sie
werden hier die wichtigſten Einwuͤrffe genennet, nicht
als ob ſie an ſich ſelbſt einiges Gewicht haben; ſondern
in Vergleichung mit den uͤbrigen Einwuͤrffen, die wahr-
haftig leichter ſind, als die Spreu. Jch will meinen
Leſern zu gefallen eine kurtze Liſte von dieſen Einwuͤrffen
herſetzen, damit ſie ſelbſt ein Urtheil davon faͤllen koͤnnen.
Der Verfaſſer der Critiſchen Dichtkunſt wirft demnach
folgende Fragen auf, die ſich auf Hrn. Tr-ll-rs Unter-
ſuchung von den Fabeln, und auf die Fabeln ſelbſt
beziehen, die in dem Anhange ſeiner Gedichte ſtehen.
Ob Eſopus ſeinen Fabeln die Lehren ſelbſt angehaͤnget?
Bl. 173. Ob Phaͤder zu tadeln ſey, daß er die Leh-
re der Fabeln mehrmahlen vorne zu Anfang der
Erzehlung geſetzet hat? Bl. 175. Ob La Motte we-
gen der weitlaͤuftigen Vorreden, die er vor ſeinen Fa-
beln geſetzet, zu entſchuldigen? Bl. 177. Ob die
menſchlichen Fabeln wegen Mangel des Wunderbaren
allemahl verwerflich ſeyn? Bl. 188. u. f. Ob La
Motte geirret, da er die Fabel ein kleines Epiſches
Gedichte genennet? Bl. 195. Ob die Fabel von dem
kleinen Knaben, der das Meer in ein kleines Gruͤb-
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