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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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der Critick bey den Deutschen.
quo tu collocasti: Interim te sequemur lon-
ge, & tua vestigia adorabimus: Sic tamen
non obscuri prorsus morituri.
Jn diesem pa-
negyrischen Thone hat damahls jedermann von
Opizen geurtheilet; ohne daß nur ein einiger die
innerliche Art seiner Gedichte mit characteristischen
Zügen bestimmet hätte.

Hofmannswaldau hat zuerst einen Character
von seiner Poesie zu entwerffen vorgenommen, den
er über dieses durch eine Vergleichung derselben
mit andern Poeten in ein verschiedneres Licht ge-
stellet hat.

"Folgende Jahre, sagt er, ist die
"deutsche Poesie nicht viel besser worden, bis un-
"gefehr vor fünfzig Jahren Opitz als ein unge-
"meiner gelehrter und aufgeweckter Kopf die
"rechte Reinlichkeit der Wörter und eigentliche
"Kraft der Beywörter genauer beobachtet, und
"das Maaß der Sylben, richtige Reimendung,
"gute Verknüpfung, und sinnreiche Sprüche,
"seinen Gedichten einverleibet. Wie er denn in
"allen Stücken der Poesie besonders in Ueberse-
"zungen vortrefflich glückselig gewesen. - - Wel-
"chem bald drey seiner Landsleute, als Tscher-
"ning, so sich sehr an seine Art gehalten, dann
"Coler und Czepko rühmlich gefolget, nach wel-
"chen auch Dach, ein Preusse, dem die Lieder
"nicht übel gerathen, und Flemming, ein Meiß-
"ner, so vor andern ein Sonnet gar wohl ge-
"schrieben, wie auch Rist, ein Holsteiner, so
"viel geistliche Gesänge herausgegeben, dann
"Tiz und Mühlpfort, als Poeten bekannt wor-
"den. Dabey ich dann auch des weitbekannten
"Hars-
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der Critick bey den Deutſchen.
quo tu collocaſti: Interim te ſequemur lon-
ge, & tua veſtigia adorabimus: Sic tamen
non obſcuri prorſus morituri.
Jn dieſem pa-
negyriſchen Thone hat damahls jedermann von
Opizen geurtheilet; ohne daß nur ein einiger die
innerliche Art ſeiner Gedichte mit characteriſtiſchen
Zuͤgen beſtimmet haͤtte.

Hofmannswaldau hat zuerſt einen Character
von ſeiner Poeſie zu entwerffen vorgenommen, den
er uͤber dieſes durch eine Vergleichung derſelben
mit andern Poeten in ein verſchiedneres Licht ge-
ſtellet hat.

„Folgende Jahre, ſagt er, iſt die
„deutſche Poeſie nicht viel beſſer worden, bis un-
„gefehr vor fuͤnfzig Jahren Opitz als ein unge-
„meiner gelehrter und aufgeweckter Kopf die
„rechte Reinlichkeit der Woͤrter und eigentliche
„Kraft der Beywoͤrter genauer beobachtet, und
„das Maaß der Sylben, richtige Reimendung,
„gute Verknuͤpfung, und ſinnreiche Spruͤche,
„ſeinen Gedichten einverleibet. Wie er denn in
„allen Stuͤcken der Poeſie beſonders in Ueberſe-
„zungen vortrefflich gluͤckſelig geweſen. ‒ ‒ Wel-
„chem bald drey ſeiner Landsleute, als Tſcher-
„ning, ſo ſich ſehr an ſeine Art gehalten, dann
„Coler und Czepko ruͤhmlich gefolget, nach wel-
„chen auch Dach, ein Preuſſe, dem die Lieder
„nicht uͤbel gerathen, und Flemming, ein Meiß-
„ner, ſo vor andern ein Sonnet gar wohl ge-
„ſchrieben, wie auch Riſt, ein Holſteiner, ſo
„viel geiſtliche Geſaͤnge herausgegeben, dann
„Tiz und Muͤhlpfort, als Poeten bekannt wor-
„den. Dabey ich dann auch des weitbekannten
„Hars-
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[89/0091] der Critick bey den Deutſchen. quo tu collocaſti: Interim te ſequemur lon- ge, & tua veſtigia adorabimus: Sic tamen non obſcuri prorſus morituri. Jn dieſem pa- negyriſchen Thone hat damahls jedermann von Opizen geurtheilet; ohne daß nur ein einiger die innerliche Art ſeiner Gedichte mit characteriſtiſchen Zuͤgen beſtimmet haͤtte. Hofmannswaldau hat zuerſt einen Character von ſeiner Poeſie zu entwerffen vorgenommen, den er uͤber dieſes durch eine Vergleichung derſelben mit andern Poeten in ein verſchiedneres Licht ge- ſtellet hat. „Folgende Jahre, ſagt er, iſt die „deutſche Poeſie nicht viel beſſer worden, bis un- „gefehr vor fuͤnfzig Jahren Opitz als ein unge- „meiner gelehrter und aufgeweckter Kopf die „rechte Reinlichkeit der Woͤrter und eigentliche „Kraft der Beywoͤrter genauer beobachtet, und „das Maaß der Sylben, richtige Reimendung, „gute Verknuͤpfung, und ſinnreiche Spruͤche, „ſeinen Gedichten einverleibet. Wie er denn in „allen Stuͤcken der Poeſie beſonders in Ueberſe- „zungen vortrefflich gluͤckſelig geweſen. ‒ ‒ Wel- „chem bald drey ſeiner Landsleute, als Tſcher- „ning, ſo ſich ſehr an ſeine Art gehalten, dann „Coler und Czepko ruͤhmlich gefolget, nach wel- „chen auch Dach, ein Preuſſe, dem die Lieder „nicht uͤbel gerathen, und Flemming, ein Meiß- „ner, ſo vor andern ein Sonnet gar wohl ge- „ſchrieben, wie auch Riſt, ein Holſteiner, ſo „viel geiſtliche Geſaͤnge herausgegeben, dann „Tiz und Muͤhlpfort, als Poeten bekannt wor- „den. Dabey ich dann auch des weitbekannten „Hars- F 5

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/91>, abgerufen am 27.11.2024.