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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

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von der deutschen Sprache.
und so prächtig, als die französische, so könnte
sie der griechischen und der lateinischen beykom-
men. Aber weit gefehlt, daß ihr diese Eigen-
schaften zukommen. Jhre verkleinernden Wör-
ter sind öfters harter, als die ursprünglichen;
und es ist etwas widerliches, daß man auf eine
ungemeine Weise mit der Brust arbeiten muß,
die meisten deutschen Wörter auszusprechen, es
sey denn, daß man ein gebohrner Deutscher sey.
Die Gewohnheit eurer Deutschen, die Auslän-
der, die ihre Sprache reden wollen, ins Ange-
sicht auszulachen, ist auch nicht das rechte Mit-
tel ihnen einen Muth zu machen.

Jch habe Deutsche gesehen, die sich sehr breit
damit macheten, daß es andern Nationen so
sauer wird, ihre Sprache zu reden; und die aus
Furcht, daß sie keine würcklichen Schönheiten
darinnen finden mögten, sich damit behalffen,
daß sie diesen Fehler als etwas schönes anprie-
sen. Viel deutsche Gelehrte haben mir gantz
dreuste gesagt, die französische Sprache verdien-
te nicht, daß man sie lernete, weil sie so gar
leicht wäre. Sonst hatte ich allezeit geglaubt,
die allzu schweren und mühsamen Sprachen ver-
dienten nicht, daß man sich bemühete, sie zu
lernen.

Der Fürst von ... sagte eines Tages zu mir,
es verdrösse ihn, daß er Französisch gelernt hätte,
weil es allzu gemein worden wäre. Demnach
müßte man im Gegentheil nur die unbekannten
Sprachen lernen, und also hätte dieser Herr
das Bas-Breton lernen sollen. Jhre Hoheit

war

von der deutſchen Sprache.
und ſo praͤchtig, als die franzoͤſiſche, ſo koͤnnte
ſie der griechiſchen und der lateiniſchen beykom-
men. Aber weit gefehlt, daß ihr dieſe Eigen-
ſchaften zukommen. Jhre verkleinernden Woͤr-
ter ſind oͤfters harter, als die urſpruͤnglichen;
und es iſt etwas widerliches, daß man auf eine
ungemeine Weiſe mit der Bruſt arbeiten muß,
die meiſten deutſchen Woͤrter auszuſprechen, es
ſey denn, daß man ein gebohrner Deutſcher ſey.
Die Gewohnheit eurer Deutſchen, die Auslaͤn-
der, die ihre Sprache reden wollen, ins Ange-
ſicht auszulachen, iſt auch nicht das rechte Mit-
tel ihnen einen Muth zu machen.

Jch habe Deutſche geſehen, die ſich ſehr breit
damit macheten, daß es andern Nationen ſo
ſauer wird, ihre Sprache zu reden; und die aus
Furcht, daß ſie keine wuͤrcklichen Schoͤnheiten
darinnen finden moͤgten, ſich damit behalffen,
daß ſie dieſen Fehler als etwas ſchoͤnes anprie-
ſen. Viel deutſche Gelehrte haben mir gantz
dreuſte geſagt, die franzoͤſiſche Sprache verdien-
te nicht, daß man ſie lernete, weil ſie ſo gar
leicht waͤre. Sonſt hatte ich allezeit geglaubt,
die allzu ſchweren und muͤhſamen Sprachen ver-
dienten nicht, daß man ſich bemuͤhete, ſie zu
lernen.

Der Fuͤrſt von … ſagte eines Tages zu mir,
es verdroͤſſe ihn, daß er Franzoͤſiſch gelernt haͤtte,
weil es allzu gemein worden waͤre. Demnach
muͤßte man im Gegentheil nur die unbekannten
Sprachen lernen, und alſo haͤtte dieſer Herr
das Bas-Breton lernen ſollen. Jhre Hoheit

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[27/0027] von der deutſchen Sprache. und ſo praͤchtig, als die franzoͤſiſche, ſo koͤnnte ſie der griechiſchen und der lateiniſchen beykom- men. Aber weit gefehlt, daß ihr dieſe Eigen- ſchaften zukommen. Jhre verkleinernden Woͤr- ter ſind oͤfters harter, als die urſpruͤnglichen; und es iſt etwas widerliches, daß man auf eine ungemeine Weiſe mit der Bruſt arbeiten muß, die meiſten deutſchen Woͤrter auszuſprechen, es ſey denn, daß man ein gebohrner Deutſcher ſey. Die Gewohnheit eurer Deutſchen, die Auslaͤn- der, die ihre Sprache reden wollen, ins Ange- ſicht auszulachen, iſt auch nicht das rechte Mit- tel ihnen einen Muth zu machen. Jch habe Deutſche geſehen, die ſich ſehr breit damit macheten, daß es andern Nationen ſo ſauer wird, ihre Sprache zu reden; und die aus Furcht, daß ſie keine wuͤrcklichen Schoͤnheiten darinnen finden moͤgten, ſich damit behalffen, daß ſie dieſen Fehler als etwas ſchoͤnes anprie- ſen. Viel deutſche Gelehrte haben mir gantz dreuſte geſagt, die franzoͤſiſche Sprache verdien- te nicht, daß man ſie lernete, weil ſie ſo gar leicht waͤre. Sonſt hatte ich allezeit geglaubt, die allzu ſchweren und muͤhſamen Sprachen ver- dienten nicht, daß man ſich bemuͤhete, ſie zu lernen. Der Fuͤrſt von … ſagte eines Tages zu mir, es verdroͤſſe ihn, daß er Franzoͤſiſch gelernt haͤtte, weil es allzu gemein worden waͤre. Demnach muͤßte man im Gegentheil nur die unbekannten Sprachen lernen, und alſo haͤtte dieſer Herr das Bas-Breton lernen ſollen. Jhre Hoheit war

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/27>, abgerufen am 23.11.2024.