[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.Mauvillons Brief Jch habe nicht einen Buchstaben aus dem jenigen "wenn er gedruckt wird, zugleich innerlich seine Widerle-Es ist nieman- dem jemahls in den Sinn gekommen, den Deutschen die Fähigkeit zu mechanischen Erfindungen, auf die man öf- ters von ungefehr und zufälliger Weise geräth, streitig zu machen. Aber laß mir das einen seltsamen Schluß seyn: Es sind Deutsche gewesen, welche die Buchdruckerey, das Schießpulver etc. erfunden haben; hiemit müssen die deutsche Poeten und Redner geistreiche Köpfe seyn; und wer dieses nicht zugeben will, der lästert die deutsche Nation. (C) Diese einzige Anmerckung Hr. Mauvillons zernich-
tet auf einmahl das weitläuftige Gewäsche einiger Verfech- ter Mauvillons Brief Jch habe nicht einen Buchſtaben aus dem jenigen „wenn er gedruckt wird, zugleich innerlich ſeine Widerle-Es iſt nieman- dem jemahls in den Sinn gekommen, den Deutſchen die Faͤhigkeit zu mechaniſchen Erfindungen, auf die man oͤf- ters von ungefehr und zufaͤlliger Weiſe geraͤth, ſtreitig zu machen. Aber laß mir das einen ſeltſamen Schluß ſeyn: Es ſind Deutſche geweſen, welche die Buchdruckerey, das Schießpulver ꝛc. erfunden haben; hiemit muͤſſen die deutſche Poeten und Redner geiſtreiche Koͤpfe ſeyn; und wer dieſes nicht zugeben will, der laͤſtert die deutſche Nation. (C) Dieſe einzige Anmerckung Hr. Mauvillons zernich-
tet auf einmahl das weitlaͤuftige Gewaͤſche einiger Verfech- ter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0034" n="34"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Mauvillons Brief</hi> </fw><lb/> <p>Jch habe nicht einen Buchſtaben aus dem<lb/> meinigen hinzugeſetzet; indeſſen ſehet ihr wohl,<lb/> daß man nicht deutlicher reden kan. Aber wa-<lb/> rum haben die Deutſchen nicht ſo viel Witz, als<lb/> andere Nationen? Jſt der Himmelsſtrich<lb/> Schuld? Traͤgt dieſer etwas dazu bey? Oder<lb/> ihr gewoͤhnlicher Tranck? Nein, denn wie viel<lb/> Deutſche giebt es nicht, die nur Wein aus<lb/> Champagne trincken, und die doch deßwegen<lb/> nicht eine Unze mehr Witzes haben. Der beſte<lb/> Grund, den man hievon geben kan, wird wohl<lb/> dieſer ſeyn, daß es nicht der Geſchmack der<lb/> Deutſchen ſey, <note xml:id="a016" next="#a016b" place="foot" n="(C)">Dieſe einzige Anmerckung Hr. Mauvillons zernich-<lb/> tet auf einmahl das weitlaͤuftige Gewaͤſche einiger Verfech-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ter</fw></note> Geiſt zu haben, daher die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">jenigen</fw><lb/><note xml:id="a015b" prev="#a015" place="foot"><cit><quote>„wenn er gedruckt wird, zugleich innerlich ſeine Widerle-<lb/> „gung allezeit mit ſich fuͤhret.„ Mit eben dieſer Vorſtel-<lb/> lung hat Hr. Prof. Gottſched in ſeiner Anmerck. zu dem Art.<lb/> Bouhours den Unglaubigen den deutſchen Witz ſichtbar ma-<lb/> chen wollen: „Die Deutſchen, ſagt er, haben an dem<lb/> „Schießpulver und Geſchuͤtze, an der Buchdruckerey, an<lb/> „dem Kupferſtechen, an den Fernglaͤſern, an dem Por-<lb/> „cellan, u. a. m. ſolche Proben ihres Witzes abgeleget,<lb/> „daß keine andere Nation ihnen eben ſo viel und eben ſo<lb/> „witzige Entdeckungen aufweiſen kan. ꝛc.„</quote></cit> Es iſt nieman-<lb/> dem jemahls in den Sinn gekommen, den Deutſchen die<lb/> Faͤhigkeit zu mechaniſchen Erfindungen, auf die man oͤf-<lb/> ters von ungefehr und zufaͤlliger Weiſe geraͤth, ſtreitig zu<lb/> machen. Aber laß mir das einen ſeltſamen Schluß ſeyn:<lb/> Es ſind Deutſche geweſen, welche die Buchdruckerey, das<lb/> Schießpulver ꝛc. erfunden haben; hiemit muͤſſen die deutſche<lb/> Poeten und Redner geiſtreiche Koͤpfe ſeyn; und wer dieſes<lb/> nicht zugeben will, der laͤſtert die deutſche Nation.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0034]
Mauvillons Brief
Jch habe nicht einen Buchſtaben aus dem
meinigen hinzugeſetzet; indeſſen ſehet ihr wohl,
daß man nicht deutlicher reden kan. Aber wa-
rum haben die Deutſchen nicht ſo viel Witz, als
andere Nationen? Jſt der Himmelsſtrich
Schuld? Traͤgt dieſer etwas dazu bey? Oder
ihr gewoͤhnlicher Tranck? Nein, denn wie viel
Deutſche giebt es nicht, die nur Wein aus
Champagne trincken, und die doch deßwegen
nicht eine Unze mehr Witzes haben. Der beſte
Grund, den man hievon geben kan, wird wohl
dieſer ſeyn, daß es nicht der Geſchmack der
Deutſchen ſey, (C) Geiſt zu haben, daher die-
jenigen
(C) Dieſe einzige Anmerckung Hr. Mauvillons zernich-
tet auf einmahl das weitlaͤuftige Gewaͤſche einiger Verfech-
ter
„wenn er gedruckt wird, zugleich innerlich ſeine Widerle-
„gung allezeit mit ſich fuͤhret.„ Mit eben dieſer Vorſtel-
lung hat Hr. Prof. Gottſched in ſeiner Anmerck. zu dem Art.
Bouhours den Unglaubigen den deutſchen Witz ſichtbar ma-
chen wollen: „Die Deutſchen, ſagt er, haben an dem
„Schießpulver und Geſchuͤtze, an der Buchdruckerey, an
„dem Kupferſtechen, an den Fernglaͤſern, an dem Por-
„cellan, u. a. m. ſolche Proben ihres Witzes abgeleget,
„daß keine andere Nation ihnen eben ſo viel und eben ſo
„witzige Entdeckungen aufweiſen kan. ꝛc.„ Es iſt nieman-
dem jemahls in den Sinn gekommen, den Deutſchen die
Faͤhigkeit zu mechaniſchen Erfindungen, auf die man oͤf-
ters von ungefehr und zufaͤlliger Weiſe geraͤth, ſtreitig zu
machen. Aber laß mir das einen ſeltſamen Schluß ſeyn:
Es ſind Deutſche geweſen, welche die Buchdruckerey, das
Schießpulver ꝛc. erfunden haben; hiemit muͤſſen die deutſche
Poeten und Redner geiſtreiche Koͤpfe ſeyn; und wer dieſes
nicht zugeben will, der laͤſtert die deutſche Nation.
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