[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.zur III. Gottsch. Dichtk. nommen. Zweytens habe ich auch in den Re-geln und Vorschriften, zu mehrerer Erläuterung und Absicht auf diese neue gereinigte Auflage seinen Grund ha- be, will ich gleichfalls mit ein paar Exempeln weisen. Cap. IV. §. 3. Man macht zum Ex. ein verliebres trauriges lustiges Gedichte im Nahmen eines andern. Künstliche Vernischung von ungleichen Eigenschaften in einem Ge- dichte! Jn demselben §. Man muß den Unterscheid des Gekünstelten von dem Ungezwungenen angemercket ha- ben. §. 29. Der eingebildete Universal Monarch. Jn dem V. Cap. 7. §. 175. Bl. ziehet er in einem kleinen neu- en Zusatze Tassoni geraubtes Siegel an als ein schertzhaf- tes Episches Gedicht; wo er aus Unwissenheit einen Was- ser-Eimer in ein Siegel metamorphosiert, und sich da- durch verräth, daß er dieses Wercklein weder gesehen noch gelesen habe. Jn der Uebersetzung von Horatzens Dicht- kunst steht V. 473. Bl. 50. Entweder ein Poet sucht Nutzen oder Lust; Welches nicht allein ein Muster von seiner Ungeschicklich-Auch beydes liebt er wohl zugleich mit reger Brust. keit im Uebersetzen; sondern auch wider die Richtigkeit der Sprache anstössig ist: Und ich erinnere mich dabey jenes dummen Schulmeisters, der, als er seine Lehrlinge über die Frage aus dem Catechismus, Wer hat dich erschaf- fen[?] in Ansehung ihres Begriffs erforschen wollte, die Fra- ge also umgekehrt hat: Erschaffen wer hat dich[?] Eben daselbst V. 426. Bl. 46. - - - - - Jch trachte den Poeten Jn der neuen Auflage ist zwar der Wetzstein der FlötenHinfort ein Sporn zu seyn, ein Wetzstein ihrer Flöten. Wie dieser Eisen schärft. - - - - in einen Antrieb der Flöten verwandelt worden: doch ist der Ausdruck noch abentheurlich genug. Jn dem III. Cap. 1. §. steht: Man hat endlich gar die Regel gemacht: Ein H 5
zur III. Gottſch. Dichtk. nommen. Zweytens habe ich auch in den Re-geln und Vorſchriften, zu mehrerer Erlaͤuterung und Abſicht auf dieſe neue gereinigte Auflage ſeinen Grund ha- be, will ich gleichfalls mit ein paar Exempeln weiſen. Cap. IV. §. 3. Man macht zum Ex. ein verliebres trauriges luſtiges Gedichte im Nahmen eines andern. Kuͤnſtliche Verniſchung von ungleichen Eigenſchaften in einem Ge- dichte! Jn demſelben §. Man muß den Unterſcheid des Gekuͤnſtelten von dem Ungezwungenen angemercket ha- ben. §. 29. Der eingebildete Univerſal Monarch. Jn dem V. Cap. 7. §. 175. Bl. ziehet er in einem kleinen neu- en Zuſatze Taſſoni geraubtes Siegel an als ein ſchertzhaf- tes Epiſches Gedicht; wo er aus Unwiſſenheit einen Waſ- ſer-Eimer in ein Siegel metamorphoſiert, und ſich da- durch verraͤth, daß er dieſes Wercklein weder geſehen noch geleſen habe. Jn der Ueberſetzung von Horatzens Dicht- kunſt ſteht V. 473. Bl. 50. Entweder ein Poet ſucht Nutzen oder Luſt; Welches nicht allein ein Muſter von ſeiner Ungeſchicklich-Auch beydes liebt er wohl zugleich mit reger Bruſt. keit im Ueberſetzen; ſondern auch wider die Richtigkeit der Sprache anſtoͤſſig iſt: Und ich erinnere mich dabey jenes dummen Schulmeiſters, der, als er ſeine Lehrlinge uͤber die Frage aus dem Catechismus, Wer hat dich erſchaf- fen[?] in Anſehung ihres Begriffs erforſchen wollte, die Fra- ge alſo umgekehrt hat: Erſchaffen wer hat dich[?] Eben daſelbſt V. 426. Bl. 46. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Jch trachte den Poeten Jn der neuen Auflage iſt zwar der Wetzſtein der FloͤtenHinfort ein Sporn zu ſeyn, ein Wetzſtein ihrer Floͤten. Wie dieſer Eiſen ſchaͤrft. ‒ ‒ ‒ ‒ in einen Antrieb der Floͤten verwandelt worden: doch iſt der Ausdruck noch abentheurlich genug. Jn dem III. Cap. 1. §. ſteht: Man hat endlich gar die Regel gemacht: Ein H 5
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IV. §. 3. Man macht zum Ex. ein verliebres trauriges
luſtiges Gedichte im Nahmen eines andern. Kuͤnſtliche
Verniſchung von ungleichen Eigenſchaften in einem Ge-
dichte! Jn demſelben §. Man muß den Unterſcheid des
Gekuͤnſtelten von dem Ungezwungenen angemercket ha-
ben. §. 29. Der eingebildete Univerſal Monarch. Jn
dem V. Cap. 7. §. 175. Bl. ziehet er in einem kleinen neu-
en Zuſatze Taſſoni geraubtes Siegel an als ein ſchertzhaf-
tes Epiſches Gedicht; wo er aus Unwiſſenheit einen Waſ-
ſer-Eimer in ein Siegel metamorphoſiert, und ſich da-
durch verraͤth, daß er dieſes Wercklein weder geſehen noch
geleſen habe. Jn der Ueberſetzung von Horatzens Dicht-
kunſt ſteht V. 473. Bl. 50.
Entweder ein Poet ſucht Nutzen oder Luſt;
Auch beydes liebt er wohl zugleich mit reger Bruſt.
Welches nicht allein ein Muſter von ſeiner Ungeſchicklich-
keit im Ueberſetzen; ſondern auch wider die Richtigkeit der
Sprache anſtoͤſſig iſt: Und ich erinnere mich dabey jenes
dummen Schulmeiſters, der, als er ſeine Lehrlinge uͤber
die Frage aus dem Catechismus, Wer hat dich erſchaf-
fen? in Anſehung ihres Begriffs erforſchen wollte, die Fra-
ge alſo umgekehrt hat: Erſchaffen wer hat dich? Eben
daſelbſt V. 426. Bl. 46.
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Jch trachte den Poeten
Hinfort ein Sporn zu ſeyn, ein Wetzſtein ihrer Floͤten.
Wie dieſer Eiſen ſchaͤrft. ‒ ‒ ‒ ‒
Jn der neuen Auflage iſt zwar der Wetzſtein der Floͤten
in einen Antrieb der Floͤten verwandelt worden: doch iſt
der Ausdruck noch abentheurlich genug. Jn dem III. Cap.
1. §. ſteht: Man hat endlich gar die Regel gemacht:
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