Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

zur III. Gottsch. Dichtk.
Redensarten bedienet: so bedencke man, daß

der
der

IX. Cap. 28. §. Gegen dem Ende, zählet er unter die
Barbarismos in der deutschen Mundart, durch einen neu-
en Zusatz, die Mittelwörter, die auch von einigen ge-
schwornen Participianern, sehr unverschämt gebraucht
werden.

X. Cap. 2. §. Nach dem Einwurff von der Unnützlich-
keit des Unterrichts von Figuren, wird folgendes einge-
schaltet: "Zu dieser Zahl ist noch neulich ein schweizeri-
"scher Kunstrichter getreten, der anstatt der Figuren,
"ein unverständliches Mischmasch, und eine sclavische
"Nachahmung des, in seiner eignen Sprache barbari-
"schen Miltons
einzuführen wünschte.

XI. Cap. 16. §. Zu Ende wird gantz neu beygesetzet:
"Eben hierinn ist auch Milton tadelhaft, dessen Erzäh-
"lungen durchgehends gar zu verblümt, stoltz und präch-
"tig sind. Er verschwendet tausend Bilder, Gleichnisse
"und Beschreibungen. Er bringt, gleich dem lohenstei-
"nischen Arminius, alle seine Gelehrsamkeit und Bele-
"senheit an, und verfällt auf langwierige Ausschweif-
"fungen, die den Sinn des Lesers zerstreuen. Tasso
"und Voltaire, können die Kunst zu erzählen unzählige-
"mal besser, als dieser Engländer."

Nach so vielen wiederholten Aussprüchen eines so küh-
nen und mächtigen Kunstrichters, der sein Ansehen allen
Gründen dreiste entgegen setzen darff; wird wohl niemand
mehr zweifeln, daß Hr. Gottsched nicht von Hertzen glau-
be, daß seine Aussage die baare Wahrheit sey: Also wird
nun Milton künftighin in Deutschland von allen rechtschaf-
fenen Gottschedianern als ein dunckler und unergründlicher
Scribent, als ein poetischer Schwermer und Quacker,
als ein in seiner eigenen Sprache barbarischer Dichter,
verruffen werden, weil der Schweitzer, so ihn übersetzt
und neben Addison angepriesen, das Unglück gehabt, sich

J
[Crit. Samml. VI. St.]

zur III. Gottſch. Dichtk.
Redensarten bedienet: ſo bedencke man, daß

der
der

IX. Cap. 28. §. Gegen dem Ende, zaͤhlet er unter die
Barbariſmos in der deutſchen Mundart, durch einen neu-
en Zuſatz, die Mittelwoͤrter, die auch von einigen ge-
ſchwornen Participianern, ſehr unverſchaͤmt gebraucht
werden.

X. Cap. 2. §. Nach dem Einwurff von der Unnuͤtzlich-
keit des Unterrichts von Figuren, wird folgendes einge-
ſchaltet: „Zu dieſer Zahl iſt noch neulich ein ſchweizeri-
„ſcher Kunſtrichter getreten, der anſtatt der Figuren,
„ein unverſtaͤndliches Miſchmaſch, und eine ſclaviſche
„Nachahmung des, in ſeiner eignen Sprache barbari-
„ſchen Miltons
einzufuͤhren wuͤnſchte.

XI. Cap. 16. §. Zu Ende wird gantz neu beygeſetzet:
„Eben hierinn iſt auch Milton tadelhaft, deſſen Erzaͤh-
„lungen durchgehends gar zu verbluͤmt, ſtoltz und praͤch-
„tig ſind. Er verſchwendet tauſend Bilder, Gleichniſſe
„und Beſchreibungen. Er bringt, gleich dem lohenſtei-
„niſchen Arminius, alle ſeine Gelehrſamkeit und Bele-
„ſenheit an, und verfaͤllt auf langwierige Ausſchweif-
„fungen, die den Sinn des Leſers zerſtreuen. Taſſo
„und Voltaire, koͤnnen die Kunſt zu erzaͤhlen unzaͤhlige-
„mal beſſer, als dieſer Englaͤnder.„

Nach ſo vielen wiederholten Ausſpruͤchen eines ſo kuͤh-
nen und maͤchtigen Kunſtrichters, der ſein Anſehen allen
Gruͤnden dreiſte entgegen ſetzen darff; wird wohl niemand
mehr zweifeln, daß Hr. Gottſched nicht von Hertzen glau-
be, daß ſeine Ausſage die baare Wahrheit ſey: Alſo wird
nun Milton kuͤnftighin in Deutſchland von allen rechtſchaf-
fenen Gottſchedianern als ein dunckler und unergruͤndlicher
Scribent, als ein poetiſcher Schwermer und Quacker,
als ein in ſeiner eigenen Sprache barbariſcher Dichter,
verruffen werden, weil der Schweitzer, ſo ihn uͤberſetzt
und neben Addiſon angeprieſen, das Ungluͤck gehabt, ſich

J
[Crit. Sam̃l. VI. St.]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0129" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zur <hi rendition="#aq">III.</hi> Gott&#x017F;ch. Dichtk.</hi></fw><lb/>
Redensarten bedienet: &#x017F;o bedencke man, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/><note next="#f09" xml:id="f08" prev="#f07" place="foot" n="y"><floatingText xml:id="t06" prev="#t05" next="#t07"><body><div n="1"><p><hi rendition="#aq">IX.</hi> Cap. 28. §. Gegen dem Ende, za&#x0364;hlet er unter die<lb/><hi rendition="#aq">Barbari&#x017F;mos</hi> in der deut&#x017F;chen Mundart, durch einen neu-<lb/>
en Zu&#x017F;atz, <hi rendition="#fr">die Mittelwo&#x0364;rter, die auch von einigen ge-<lb/>
&#x017F;chwornen Participianern, &#x017F;ehr unver&#x017F;cha&#x0364;mt gebraucht<lb/>
werden.</hi></p><lb/><p><hi rendition="#aq">X.</hi> Cap. 2. §. Nach dem Einwurff von der Unnu&#x0364;tzlich-<lb/>
keit des Unterrichts von Figuren, wird folgendes einge-<lb/>
&#x017F;chaltet: &#x201E;Zu die&#x017F;er Zahl i&#x017F;t noch neulich ein &#x017F;chweizeri-<lb/>
&#x201E;&#x017F;cher Kun&#x017F;trichter getreten, der an&#x017F;tatt der Figuren,<lb/>
&#x201E;ein unver&#x017F;ta&#x0364;ndliches Mi&#x017F;chma&#x017F;ch, und eine &#x017F;clavi&#x017F;che<lb/>
&#x201E;Nachahmung <hi rendition="#fr">des, in &#x017F;einer eignen Sprache barbari-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chen Miltons</hi> einzufu&#x0364;hren wu&#x0364;n&#x017F;chte.</p><lb/><p><hi rendition="#aq">XI.</hi> Cap. 16. §. Zu Ende wird gantz neu beyge&#x017F;etzet:<lb/>
&#x201E;Eben hierinn i&#x017F;t auch Milton tadelhaft, de&#x017F;&#x017F;en Erza&#x0364;h-<lb/>
&#x201E;lungen durchgehends gar zu verblu&#x0364;mt, &#x017F;toltz und pra&#x0364;ch-<lb/>
&#x201E;tig &#x017F;ind. Er ver&#x017F;chwendet tau&#x017F;end Bilder, Gleichni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x201E;und Be&#x017F;chreibungen. Er bringt, gleich dem lohen&#x017F;tei-<lb/>
&#x201E;ni&#x017F;chen Arminius, alle &#x017F;eine Gelehr&#x017F;amkeit und Bele-<lb/>
&#x201E;&#x017F;enheit an, und verfa&#x0364;llt auf langwierige Aus&#x017F;chweif-<lb/>
&#x201E;fungen, die den Sinn des Le&#x017F;ers zer&#x017F;treuen. Ta&#x017F;&#x017F;o<lb/>
&#x201E;und Voltaire, ko&#x0364;nnen die Kun&#x017F;t zu erza&#x0364;hlen unza&#x0364;hlige-<lb/>
&#x201E;mal be&#x017F;&#x017F;er, als die&#x017F;er Engla&#x0364;nder.&#x201E;</p><lb/><p>Nach &#x017F;o vielen wiederholten Aus&#x017F;pru&#x0364;chen eines &#x017F;o ku&#x0364;h-<lb/>
nen und ma&#x0364;chtigen Kun&#x017F;trichters, der &#x017F;ein An&#x017F;ehen allen<lb/>
Gru&#x0364;nden drei&#x017F;te entgegen &#x017F;etzen darff; wird wohl niemand<lb/>
mehr zweifeln, daß Hr. Gott&#x017F;ched nicht von Hertzen glau-<lb/>
be, daß &#x017F;eine Aus&#x017F;age die baare Wahrheit &#x017F;ey: Al&#x017F;o wird<lb/>
nun Milton ku&#x0364;nftighin in Deut&#x017F;chland von allen recht&#x017F;chaf-<lb/>
fenen Gott&#x017F;chedianern als ein dunckler und unergru&#x0364;ndlicher<lb/>
Scribent, als ein poeti&#x017F;cher Schwermer und Quacker,<lb/>
als ein in &#x017F;einer eigenen Sprache barbari&#x017F;cher Dichter,<lb/>
verruffen werden, weil der Schweitzer, &#x017F;o ihn u&#x0364;ber&#x017F;etzt<lb/>
und neben Addi&#x017F;on angeprie&#x017F;en, das Unglu&#x0364;ck gehabt, &#x017F;ich</p><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">[Crit. Sam&#x0303;l. <hi rendition="#aq">VI.</hi> St.]</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw></div></body></floatingText></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0129] zur III. Gottſch. Dichtk. Redensarten bedienet: ſo bedencke man, daß der y y IX. Cap. 28. §. Gegen dem Ende, zaͤhlet er unter die Barbariſmos in der deutſchen Mundart, durch einen neu- en Zuſatz, die Mittelwoͤrter, die auch von einigen ge- ſchwornen Participianern, ſehr unverſchaͤmt gebraucht werden. X. Cap. 2. §. Nach dem Einwurff von der Unnuͤtzlich- keit des Unterrichts von Figuren, wird folgendes einge- ſchaltet: „Zu dieſer Zahl iſt noch neulich ein ſchweizeri- „ſcher Kunſtrichter getreten, der anſtatt der Figuren, „ein unverſtaͤndliches Miſchmaſch, und eine ſclaviſche „Nachahmung des, in ſeiner eignen Sprache barbari- „ſchen Miltons einzufuͤhren wuͤnſchte. XI. Cap. 16. §. Zu Ende wird gantz neu beygeſetzet: „Eben hierinn iſt auch Milton tadelhaft, deſſen Erzaͤh- „lungen durchgehends gar zu verbluͤmt, ſtoltz und praͤch- „tig ſind. Er verſchwendet tauſend Bilder, Gleichniſſe „und Beſchreibungen. Er bringt, gleich dem lohenſtei- „niſchen Arminius, alle ſeine Gelehrſamkeit und Bele- „ſenheit an, und verfaͤllt auf langwierige Ausſchweif- „fungen, die den Sinn des Leſers zerſtreuen. Taſſo „und Voltaire, koͤnnen die Kunſt zu erzaͤhlen unzaͤhlige- „mal beſſer, als dieſer Englaͤnder.„ Nach ſo vielen wiederholten Ausſpruͤchen eines ſo kuͤh- nen und maͤchtigen Kunſtrichters, der ſein Anſehen allen Gruͤnden dreiſte entgegen ſetzen darff; wird wohl niemand mehr zweifeln, daß Hr. Gottſched nicht von Hertzen glau- be, daß ſeine Ausſage die baare Wahrheit ſey: Alſo wird nun Milton kuͤnftighin in Deutſchland von allen rechtſchaf- fenen Gottſchedianern als ein dunckler und unergruͤndlicher Scribent, als ein poetiſcher Schwermer und Quacker, als ein in ſeiner eigenen Sprache barbariſcher Dichter, verruffen werden, weil der Schweitzer, ſo ihn uͤberſetzt und neben Addiſon angeprieſen, das Ungluͤck gehabt, ſich der J [Crit. Sam̃l. VI. St.]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/129
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/129>, abgerufen am 14.05.2024.