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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.

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Von der Poesie
"dein lichtes rothes Haupt, dessen du uns diese
"Nacht beraubet hattest. Geh uns zum Heile
"mit Freuden auf, daß wir unser Theil voll-
"bringen, halt mit deinem Scheine heute bey
"uns, laß dir keine Wolke hinderlich seyn.
"Zünd uns heute den Weg durch dein Licht
"bis auf Straßburg, welches noch sehr weit
"ist. Denn du wirst durch diese Geschichte auch
"berühmt werden. Wolan, dein Vortrab,
"die Morgenröthe, zeigt uns, daß du stets
"bey uns halten willst. Wann wir heute
"deine Hitzstiche empfinden, wollen wir dei-
"nen Beystand verkündigen."

Die Eigenschaften und die Gestalt der Flüsse,
werden mit einer Geschicklichkeit beschrieben,
welche in den lateinischen und den griechischen
Poeten gewöhnlich bey dergleichen Gelegenheit
vorkommt, und in unsern Deutschen noch auf
den heutigen Tag mangelt:

"Die Limmat,
"welche auf dem Märchberg, der Ury umrin-
"get, entspringt, und durch das Lindthal für
"Glaris läuft, dann in dem Obersee ersäuft,
"aber im Zürichersee wieder hervorkömmt, und
"straks für Baden her nieder läuft."

Von der Aar sagt er:

"Die Aar entspringt
"beym höchsten Gebürge, dem Gotthard, der
"in die Wolken dringet, sie windet sich ge-
"schwind, und wie ein Fischangel durch Brienz
"und den Thunersee, und umringet Bern,
"die Landreiche Stadt, die wohl einen Bä-
"renmuth hat, beydes wahre Lehre zu pflan-
"zen, und ihre Länder mit Wehr zu schirmen.
Fol-
Von der Poeſie
„dein lichtes rothes Haupt, deſſen du uns dieſe
„Nacht beraubet hatteſt. Geh uns zum Heile
„mit Freuden auf, daß wir unſer Theil voll-
„bringen, halt mit deinem Scheine heute bey
„uns, laß dir keine Wolke hinderlich ſeyn.
„Zuͤnd uns heute den Weg durch dein Licht
„bis auf Straßburg, welches noch ſehr weit
„iſt. Denn du wirſt durch dieſe Geſchichte auch
„beruͤhmt werden. Wolan, dein Vortrab,
„die Morgenroͤthe, zeigt uns, daß du ſtets
„bey uns halten willſt. Wann wir heute
„deine Hitzſtiche empfinden, wollen wir dei-
„nen Beyſtand verkuͤndigen.„

Die Eigenſchaften und die Geſtalt der Fluͤſſe,
werden mit einer Geſchicklichkeit beſchrieben,
welche in den lateiniſchen und den griechiſchen
Poeten gewoͤhnlich bey dergleichen Gelegenheit
vorkommt, und in unſern Deutſchen noch auf
den heutigen Tag mangelt:

„Die Limmat,
„welche auf dem Maͤrchberg, der Ury umrin-
„get, entſpringt, und durch das Lindthal fuͤr
„Glaris laͤuft, dann in dem Oberſee erſaͤuft,
„aber im Zuͤricherſee wieder hervorkoͤmmt, und
„ſtraks fuͤr Baden her nieder laͤuft.„

Von der Aar ſagt er:

„Die Aar entſpringt
„beym hoͤchſten Gebuͤrge, dem Gotthard, der
„in die Wolken dringet, ſie windet ſich ge-
„ſchwind, und wie ein Fiſchangel durch Brienz
„und den Thunerſee, und umringet Bern,
„die Landreiche Stadt, die wohl einen Baͤ-
„renmuth hat, beydes wahre Lehre zu pflan-
„zen, und ihre Laͤnder mit Wehr zu ſchirmen.
Fol-
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[70/0070] Von der Poeſie „dein lichtes rothes Haupt, deſſen du uns dieſe „Nacht beraubet hatteſt. Geh uns zum Heile „mit Freuden auf, daß wir unſer Theil voll- „bringen, halt mit deinem Scheine heute bey „uns, laß dir keine Wolke hinderlich ſeyn. „Zuͤnd uns heute den Weg durch dein Licht „bis auf Straßburg, welches noch ſehr weit „iſt. Denn du wirſt durch dieſe Geſchichte auch „beruͤhmt werden. Wolan, dein Vortrab, „die Morgenroͤthe, zeigt uns, daß du ſtets „bey uns halten willſt. Wann wir heute „deine Hitzſtiche empfinden, wollen wir dei- „nen Beyſtand verkuͤndigen.„ Die Eigenſchaften und die Geſtalt der Fluͤſſe, werden mit einer Geſchicklichkeit beſchrieben, welche in den lateiniſchen und den griechiſchen Poeten gewoͤhnlich bey dergleichen Gelegenheit vorkommt, und in unſern Deutſchen noch auf den heutigen Tag mangelt: „Die Limmat, „welche auf dem Maͤrchberg, der Ury umrin- „get, entſpringt, und durch das Lindthal fuͤr „Glaris laͤuft, dann in dem Oberſee erſaͤuft, „aber im Zuͤricherſee wieder hervorkoͤmmt, und „ſtraks fuͤr Baden her nieder laͤuft.„ Von der Aar ſagt er: „Die Aar entſpringt „beym hoͤchſten Gebuͤrge, dem Gotthard, der „in die Wolken dringet, ſie windet ſich ge- „ſchwind, und wie ein Fiſchangel durch Brienz „und den Thunerſee, und umringet Bern, „die Landreiche Stadt, die wohl einen Baͤ- „renmuth hat, beydes wahre Lehre zu pflan- „zen, und ihre Laͤnder mit Wehr zu ſchirmen. Fol-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/70>, abgerufen am 24.11.2024.