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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744.

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oder die Bekehrung.
einer nie zuvor gefühlten Angst. Er fuhr mit ei-
nem scharfen Angstschrey auf, und sah mit ver-
kehrten Augen lange um sich her, bis er sich selbst
wieder fand; bis er fand, daß er in seinem eige-
nen Bette ruhete, und daß noch Leben in seinem
Hertzen schlug. Er freuete sich, als er sich davon
vergewissert hatte, und that den Augenblick ein
Gelübde, daß er die Wahrheit öffentlich bekennen
wollte. Es währete eine gute Stunde, bis daß
er sich erholet hatte, darauf erzehlte er seiner Freun-
din die neue Erscheinung, und indem er an ihrem
Halse weinete, befahl er, daß sein Beichtvater
geholet würde. Korax und Bathyll waren schon
da, zu fragen, wie er die Nacht geruhet hätte.
Aber sobald er sie ansichtig ward, rief er, daß
man sie ihm aus dem Gesichte schaffen sollte, sie
wären falsche Schlangen, die ihn durch ihre ver-
führenden Lobsprüche auf dem Pfade des Verder-
bens aufgehalten hätten.

Als Hr. Adams gekommen, erzehlte er ihm erst-
lich die drey erschrecklichen Erscheinungen, und wie
er sich gegen die zwo erstern so unbußfertig versto-
ket hätte. Er versicherte, daß er darinnen eine
höhere Hand wahrnähme, eine ausserordentliche
Stimme, die ihm zur Besserung rief, und der
er sich nicht länger widersetzen wollte. Er wollte
öffentliche Proben von einer ungefärbten Busse
von sich geben, wenn er nur dadurch das Böse,
das er durch seinen Hochmuth gestiftet hätte, ei-
nigermassen gut machen könnte. Darauf legete
er erstlich mündlich ein langes Bekänntniß aller
derer Ausschweifungen und Uebelthaten ab, die er

als

oder die Bekehrung.
einer nie zuvor gefuͤhlten Angſt. Er fuhr mit ei-
nem ſcharfen Angſtſchrey auf, und ſah mit ver-
kehrten Augen lange um ſich her, bis er ſich ſelbſt
wieder fand; bis er fand, daß er in ſeinem eige-
nen Bette ruhete, und daß noch Leben in ſeinem
Hertzen ſchlug. Er freuete ſich, als er ſich davon
vergewiſſert hatte, und that den Augenblick ein
Geluͤbde, daß er die Wahrheit oͤffentlich bekennen
wollte. Es waͤhrete eine gute Stunde, bis daß
er ſich erholet hatte, darauf erzehlte er ſeiner Freun-
din die neue Erſcheinung, und indem er an ihrem
Halſe weinete, befahl er, daß ſein Beichtvater
geholet wuͤrde. Korax und Bathyll waren ſchon
da, zu fragen, wie er die Nacht geruhet haͤtte.
Aber ſobald er ſie anſichtig ward, rief er, daß
man ſie ihm aus dem Geſichte ſchaffen ſollte, ſie
waͤren falſche Schlangen, die ihn durch ihre ver-
fuͤhrenden Lobſpruͤche auf dem Pfade des Verder-
bens aufgehalten haͤtten.

Als Hr. Adams gekommen, erzehlte er ihm erſt-
lich die drey erſchrecklichen Erſcheinungen, und wie
er ſich gegen die zwo erſtern ſo unbußfertig verſto-
ket haͤtte. Er verſicherte, daß er darinnen eine
hoͤhere Hand wahrnaͤhme, eine auſſerordentliche
Stimme, die ihm zur Beſſerung rief, und der
er ſich nicht laͤnger widerſetzen wollte. Er wollte
oͤffentliche Proben von einer ungefaͤrbten Buſſe
von ſich geben, wenn er nur dadurch das Boͤſe,
das er durch ſeinen Hochmuth geſtiftet haͤtte, ei-
nigermaſſen gut machen koͤnnte. Darauf legete
er erſtlich muͤndlich ein langes Bekaͤnntniß aller
derer Ausſchweifungen und Uebelthaten ab, die er

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[75/0077] oder die Bekehrung. einer nie zuvor gefuͤhlten Angſt. Er fuhr mit ei- nem ſcharfen Angſtſchrey auf, und ſah mit ver- kehrten Augen lange um ſich her, bis er ſich ſelbſt wieder fand; bis er fand, daß er in ſeinem eige- nen Bette ruhete, und daß noch Leben in ſeinem Hertzen ſchlug. Er freuete ſich, als er ſich davon vergewiſſert hatte, und that den Augenblick ein Geluͤbde, daß er die Wahrheit oͤffentlich bekennen wollte. Es waͤhrete eine gute Stunde, bis daß er ſich erholet hatte, darauf erzehlte er ſeiner Freun- din die neue Erſcheinung, und indem er an ihrem Halſe weinete, befahl er, daß ſein Beichtvater geholet wuͤrde. Korax und Bathyll waren ſchon da, zu fragen, wie er die Nacht geruhet haͤtte. Aber ſobald er ſie anſichtig ward, rief er, daß man ſie ihm aus dem Geſichte ſchaffen ſollte, ſie waͤren falſche Schlangen, die ihn durch ihre ver- fuͤhrenden Lobſpruͤche auf dem Pfade des Verder- bens aufgehalten haͤtten. Als Hr. Adams gekommen, erzehlte er ihm erſt- lich die drey erſchrecklichen Erſcheinungen, und wie er ſich gegen die zwo erſtern ſo unbußfertig verſto- ket haͤtte. Er verſicherte, daß er darinnen eine hoͤhere Hand wahrnaͤhme, eine auſſerordentliche Stimme, die ihm zur Beſſerung rief, und der er ſich nicht laͤnger widerſetzen wollte. Er wollte oͤffentliche Proben von einer ungefaͤrbten Buſſe von ſich geben, wenn er nur dadurch das Boͤſe, das er durch ſeinen Hochmuth geſtiftet haͤtte, ei- nigermaſſen gut machen koͤnnte. Darauf legete er erſtlich muͤndlich ein langes Bekaͤnntniß aller derer Ausſchweifungen und Uebelthaten ab, die er als

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung12_1744/77>, abgerufen am 27.11.2024.