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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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drei Millionen Eier in einem einzigen Fisch auf einmal, --
Stoff genug für sechstausend von deinen Kaviarbrötchen hier.
Natürlich sind es nicht immer so viele. Im ganzen aber
siehst du doch hier in eine Eierfabrik, die mit Millionen rechnen
kann, -- Millionen pro Weib. Dagegen sind die dreißig
Tausend des Herings ein armer Notbehelf. Die Forelle hat
gar nur windige tausend, der Stichling noch nicht hundert.
Der Hecht erst bringt es wenigstens auf hunderttausend, der
Karpfen nähert sich ernstlich der ersten Million. Der Kabel¬
jau allein geht wohl noch über den Stör hinweg, angeblich
bis neun Millionen. Aber der Begriff der Million genügt.
Ein Fisch, der eine Million regelrechter Eier in sich erzeugt!
Er verdient, daß mit seinen Eiern fernab vom Schwarzem Meer
mitten im Sande der Mark noch Butterbrote geschmiert werden.
Aber er giebt uns zugleich auch eine tiefe Weisheit dabei mit,
uns, die wir nicht bloß essen, sondern auch denken wollen.

In dieser Million schwarzer Kaviarperlchen steckt das
ganze Geheimnis deiner zweiundsiebzigtausend Eier am Eier¬
stock des Menschenweibes. In der riesigen Samenwolke, die
dazu gehörte, um sie nach Heringsart durch Herumrühren im
frei mit Mannespollutionen durchgesetzten Wasser zu befruchten,
steckt das ganze Geheimnis deiner Millionen Samenzellen des
Menschenmannes. Den Fisch, der er einst war, den uralten
Fisch mußt du hineinsehen in den Menschen, -- und du begreifst.

Wohl haben sich die Dinge vom Fische an aufwärts hier
ganz still mit der Entwickelung verschoben. Noch beim Frosch,
also dem Amphibium schon, das vier Beine hat und Luft durch
Lungen atmet, hast du eine gewaltige Eiermasse, die wirklich
abgelegt wird, und immer noch gießt hier der Mann erst nach¬
träglich auf die schon abgelegten Eier seinen Samen aus.
Dann aber ändert sich manches. Allmählich wird die äußerliche
Freibefruchtung unmöglich. Schließlich zieht sich die ganze
Entwickelung auch des befruchteten Eies in den Mutterleib
zurück. Es wird ein Ding der absoluten Undenkbarkeit, Kinder

drei Millionen Eier in einem einzigen Fiſch auf einmal, —
Stoff genug für ſechstauſend von deinen Kaviarbrötchen hier.
Natürlich ſind es nicht immer ſo viele. Im ganzen aber
ſiehſt du doch hier in eine Eierfabrik, die mit Millionen rechnen
kann, — Millionen pro Weib. Dagegen ſind die dreißig
Tauſend des Herings ein armer Notbehelf. Die Forelle hat
gar nur windige tauſend, der Stichling noch nicht hundert.
Der Hecht erſt bringt es wenigſtens auf hunderttauſend, der
Karpfen nähert ſich ernſtlich der erſten Million. Der Kabel¬
jau allein geht wohl noch über den Stör hinweg, angeblich
bis neun Millionen. Aber der Begriff der Million genügt.
Ein Fiſch, der eine Million regelrechter Eier in ſich erzeugt!
Er verdient, daß mit ſeinen Eiern fernab vom Schwarzem Meer
mitten im Sande der Mark noch Butterbrote geſchmiert werden.
Aber er giebt uns zugleich auch eine tiefe Weisheit dabei mit,
uns, die wir nicht bloß eſſen, ſondern auch denken wollen.

In dieſer Million ſchwarzer Kaviarperlchen ſteckt das
ganze Geheimnis deiner zweiundſiebzigtauſend Eier am Eier¬
ſtock des Menſchenweibes. In der rieſigen Samenwolke, die
dazu gehörte, um ſie nach Heringsart durch Herumrühren im
frei mit Mannespollutionen durchgeſetzten Waſſer zu befruchten,
ſteckt das ganze Geheimnis deiner Millionen Samenzellen des
Menſchenmannes. Den Fiſch, der er einſt war, den uralten
Fiſch mußt du hineinſehen in den Menſchen, — und du begreifſt.

Wohl haben ſich die Dinge vom Fiſche an aufwärts hier
ganz ſtill mit der Entwickelung verſchoben. Noch beim Froſch,
alſo dem Amphibium ſchon, das vier Beine hat und Luft durch
Lungen atmet, haſt du eine gewaltige Eiermaſſe, die wirklich
abgelegt wird, und immer noch gießt hier der Mann erſt nach¬
träglich auf die ſchon abgelegten Eier ſeinen Samen aus.
Dann aber ändert ſich manches. Allmählich wird die äußerliche
Freibefruchtung unmöglich. Schließlich zieht ſich die ganze
Entwickelung auch des befruchteten Eies in den Mutterleib
zurück. Es wird ein Ding der abſoluten Undenkbarkeit, Kinder

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[207/0223] drei Millionen Eier in einem einzigen Fiſch auf einmal, — Stoff genug für ſechstauſend von deinen Kaviarbrötchen hier. Natürlich ſind es nicht immer ſo viele. Im ganzen aber ſiehſt du doch hier in eine Eierfabrik, die mit Millionen rechnen kann, — Millionen pro Weib. Dagegen ſind die dreißig Tauſend des Herings ein armer Notbehelf. Die Forelle hat gar nur windige tauſend, der Stichling noch nicht hundert. Der Hecht erſt bringt es wenigſtens auf hunderttauſend, der Karpfen nähert ſich ernſtlich der erſten Million. Der Kabel¬ jau allein geht wohl noch über den Stör hinweg, angeblich bis neun Millionen. Aber der Begriff der Million genügt. Ein Fiſch, der eine Million regelrechter Eier in ſich erzeugt! Er verdient, daß mit ſeinen Eiern fernab vom Schwarzem Meer mitten im Sande der Mark noch Butterbrote geſchmiert werden. Aber er giebt uns zugleich auch eine tiefe Weisheit dabei mit, uns, die wir nicht bloß eſſen, ſondern auch denken wollen. In dieſer Million ſchwarzer Kaviarperlchen ſteckt das ganze Geheimnis deiner zweiundſiebzigtauſend Eier am Eier¬ ſtock des Menſchenweibes. In der rieſigen Samenwolke, die dazu gehörte, um ſie nach Heringsart durch Herumrühren im frei mit Mannespollutionen durchgeſetzten Waſſer zu befruchten, ſteckt das ganze Geheimnis deiner Millionen Samenzellen des Menſchenmannes. Den Fiſch, der er einſt war, den uralten Fiſch mußt du hineinſehen in den Menſchen, — und du begreifſt. Wohl haben ſich die Dinge vom Fiſche an aufwärts hier ganz ſtill mit der Entwickelung verſchoben. Noch beim Froſch, alſo dem Amphibium ſchon, das vier Beine hat und Luft durch Lungen atmet, haſt du eine gewaltige Eiermaſſe, die wirklich abgelegt wird, und immer noch gießt hier der Mann erſt nach¬ träglich auf die ſchon abgelegten Eier ſeinen Samen aus. Dann aber ändert ſich manches. Allmählich wird die äußerliche Freibefruchtung unmöglich. Schließlich zieht ſich die ganze Entwickelung auch des befruchteten Eies in den Mutterleib zurück. Es wird ein Ding der abſoluten Undenkbarkeit, Kinder

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/223>, abgerufen am 24.11.2024.