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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Kraterzacken gestellt, würde dir je auch nur einen einzigen
der Menschen zeigen, deren Lust und Weh zu dieser Stunde
fünfzehnhundertmillionenfach sich auf dieser Kugelwölbung aus¬
jauchzt und ausweint. Schon nach 51000 Meilen Weg nur
noch Wasser, Land und Eis, und die Kugel selbst, -- aber kein
Menschenantlitz mehr .....

Doch du rastest nicht. Weiter im Fluge. Was ist ein
Weg von noch nicht anderthalb Sekunden Lichtbahn in diesem
schwarzen, sterndurchglühten Raum. Nimm drei Minuten
Lichtflug. Schon lange innerhalb der ersten schmilzt der Erden¬
globus zu einer kleinen glitzernden Mondsichel mit zartester
Schattenzeichnung, neben der die wirkliche Mondsichel bloß als
silberner Punkt steht. Am Ende der dritten Minute faßt du
auf einem der kahlen ziegelroten Hochplateaus des Mars Posten.
Es ist späte Nacht und am Dämmerhimmel der Seite, wo der
Tag werden will, steht ein Morgenstern, so hell wie bei uns
die Venus. Das ist die ganze Erde. Ein Lichtpunkt im Firma¬
ment. Weder Meer noch Erdteile unterscheidet dein bloßes
Auge. Der Mond ist unsichtbar mit im Glanz. Auf diese
Ferne von sieben Millionen Meilen existiert er für deinen
Blick nicht mehr selbständig. Ein schöner Stern immerhin.
Wie eine weiße Blume blüht er noch lange im Osten, während
das Morgenrot darunter in roten Streifen über die Ebene da
unten aufbricht und mit blutigen Reflexen in das weite Kanal¬
netz überall einschwimmt ......

Zehn Minuten Flug. Nach einer schon wieder ist der
ganze Mars selber ein gelbroter Stern. Nach zehn wölbt sich
über dir ein gespenstisch blasser Nebelbogen durch das Firma¬
ment. Du bist auf dem Saturn. Der Ring schwingt sich da
oben hin. Im Himmelsausschnitt funkeln Sterne. Wo ist die
Erde? Du suchst umsonst. Ihr Lichtpünktchen ist so klein, daß
dein Auge sie ohne Glas nicht mehr findet. Auch die Sonne
selber ist schon tief herabgeschmolzen wie eine kurzgedrehte
Gasflamme.

Kraterzacken geſtellt, würde dir je auch nur einen einzigen
der Menſchen zeigen, deren Luſt und Weh zu dieſer Stunde
fünfzehnhundertmillionenfach ſich auf dieſer Kugelwölbung aus¬
jauchzt und ausweint. Schon nach 51000 Meilen Weg nur
noch Waſſer, Land und Eis, und die Kugel ſelbſt, — aber kein
Menſchenantlitz mehr .....

Doch du raſteſt nicht. Weiter im Fluge. Was iſt ein
Weg von noch nicht anderthalb Sekunden Lichtbahn in dieſem
ſchwarzen, ſterndurchglühten Raum. Nimm drei Minuten
Lichtflug. Schon lange innerhalb der erſten ſchmilzt der Erden¬
globus zu einer kleinen glitzernden Mondſichel mit zarteſter
Schattenzeichnung, neben der die wirkliche Mondſichel bloß als
ſilberner Punkt ſteht. Am Ende der dritten Minute faßt du
auf einem der kahlen ziegelroten Hochplateaus des Mars Poſten.
Es iſt ſpäte Nacht und am Dämmerhimmel der Seite, wo der
Tag werden will, ſteht ein Morgenſtern, ſo hell wie bei uns
die Venus. Das iſt die ganze Erde. Ein Lichtpunkt im Firma¬
ment. Weder Meer noch Erdteile unterſcheidet dein bloßes
Auge. Der Mond iſt unſichtbar mit im Glanz. Auf dieſe
Ferne von ſieben Millionen Meilen exiſtiert er für deinen
Blick nicht mehr ſelbſtändig. Ein ſchöner Stern immerhin.
Wie eine weiße Blume blüht er noch lange im Oſten, während
das Morgenrot darunter in roten Streifen über die Ebene da
unten aufbricht und mit blutigen Reflexen in das weite Kanal¬
netz überall einſchwimmt ......

Zehn Minuten Flug. Nach einer ſchon wieder iſt der
ganze Mars ſelber ein gelbroter Stern. Nach zehn wölbt ſich
über dir ein geſpenſtiſch blaſſer Nebelbogen durch das Firma¬
ment. Du biſt auf dem Saturn. Der Ring ſchwingt ſich da
oben hin. Im Himmelsausſchnitt funkeln Sterne. Wo iſt die
Erde? Du ſuchſt umſonſt. Ihr Lichtpünktchen iſt ſo klein, daß
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Gasflamme.

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[332/0348] Kraterzacken geſtellt, würde dir je auch nur einen einzigen der Menſchen zeigen, deren Luſt und Weh zu dieſer Stunde fünfzehnhundertmillionenfach ſich auf dieſer Kugelwölbung aus¬ jauchzt und ausweint. Schon nach 51000 Meilen Weg nur noch Waſſer, Land und Eis, und die Kugel ſelbſt, — aber kein Menſchenantlitz mehr ..... Doch du raſteſt nicht. Weiter im Fluge. Was iſt ein Weg von noch nicht anderthalb Sekunden Lichtbahn in dieſem ſchwarzen, ſterndurchglühten Raum. Nimm drei Minuten Lichtflug. Schon lange innerhalb der erſten ſchmilzt der Erden¬ globus zu einer kleinen glitzernden Mondſichel mit zarteſter Schattenzeichnung, neben der die wirkliche Mondſichel bloß als ſilberner Punkt ſteht. Am Ende der dritten Minute faßt du auf einem der kahlen ziegelroten Hochplateaus des Mars Poſten. Es iſt ſpäte Nacht und am Dämmerhimmel der Seite, wo der Tag werden will, ſteht ein Morgenſtern, ſo hell wie bei uns die Venus. Das iſt die ganze Erde. Ein Lichtpunkt im Firma¬ ment. Weder Meer noch Erdteile unterſcheidet dein bloßes Auge. Der Mond iſt unſichtbar mit im Glanz. Auf dieſe Ferne von ſieben Millionen Meilen exiſtiert er für deinen Blick nicht mehr ſelbſtändig. Ein ſchöner Stern immerhin. Wie eine weiße Blume blüht er noch lange im Oſten, während das Morgenrot darunter in roten Streifen über die Ebene da unten aufbricht und mit blutigen Reflexen in das weite Kanal¬ netz überall einſchwimmt ...... Zehn Minuten Flug. Nach einer ſchon wieder iſt der ganze Mars ſelber ein gelbroter Stern. Nach zehn wölbt ſich über dir ein geſpenſtiſch blaſſer Nebelbogen durch das Firma¬ ment. Du biſt auf dem Saturn. Der Ring ſchwingt ſich da oben hin. Im Himmelsausſchnitt funkeln Sterne. Wo iſt die Erde? Du ſuchſt umſonſt. Ihr Lichtpünktchen iſt ſo klein, daß dein Auge ſie ohne Glas nicht mehr findet. Auch die Sonne ſelber iſt ſchon tief herabgeſchmolzen wie eine kurzgedrehte Gasflamme.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/348>, abgerufen am 22.11.2024.