ganz gewiß liegen zwischen unserem Mandrill und Lotosweiblein nicht noch einmal Gürtler und Igler. Aus dem Wasser auf¬ getaucht sind wir als Säugetier noch weniger.
Mit Händen ist dagegen zu greifen, daß wir in gar nicht allzu entlegener Tierheit einmal haarig über den ganzen Leib waren.
Wenn du in deiner natürlichen Lotoshülle, im Mutter¬ leibe, echt nach Säugerart aufknospest, so ist es ums Ende des vierten Monats herum, als fange dein Leib da unten im Purpurschoße an, sich auch in diesem Punkte an etwas zu erinnern. Er treibt plötzlich auf seiner Haut wie ein schießendes Spargelbeet Haare. Ganz feines, wenig gefärbtes Daunenhaar ist es zunächst. Es sprießt zuerst als Wimper, Augenbraue und Kopfhaar ganz normal, als wolle es das bleibende Lebens¬ haar werden, wie es trotz unserer Nacktheit am Kopfe ja be¬ steht. Aber bald ist's, als sei mit dem Sprießen an der einen Ecke erst recht das Signal gegeben. Unaufhaltsam wächst es als kleines Ährenfeld auch über Gesicht, Brust, Bauch, Rücken und Gliedmaßen fort. Gerade im Gesicht wird es ganz be¬ sonders üppig und dann auch noch an einer zweiten, vom menschlichen Nacktheitsstandpunkt eigentlich unwahrscheinlichsten Stelle: nämlich in dem Dreieck über dem Kreuzbein, oberhalb des Kerbschnittes am Rückenende, dort, wo bei der Mehrzahl der Säugetiere der behaarte Schwanz zeitlebens absteht. Ein regelrechtes Haarschwänzlein hebt sich auch bei dir als werdendem Menschenkind da hinten aus dem Pelz hervor, mit einer eigen¬ tümlich spiraligen Anordnung der Haare, ganz accurat so, wie sie bei den Haarquasten der Tierschwänze allgemein bekannt ist. Es ist auch sonst ein regelrechter "Pelz", nicht wirr sprießendes Haar, sondern mit hübsch regelmäßiger Anordnung zu Haar¬ wirbeln und Haarfluren, wie bei jeder Katze und jedem Kaninchen, den Oberarm herunter, den Unterarm herauf, am Rücken zwei¬ zeilig gegen die Mittellinie, am Bauch gegen den Nabel und so fort.
ganz gewiß liegen zwiſchen unſerem Mandrill und Lotosweiblein nicht noch einmal Gürtler und Igler. Aus dem Waſſer auf¬ getaucht ſind wir als Säugetier noch weniger.
Mit Händen iſt dagegen zu greifen, daß wir in gar nicht allzu entlegener Tierheit einmal haarig über den ganzen Leib waren.
Wenn du in deiner natürlichen Lotoshülle, im Mutter¬ leibe, echt nach Säugerart aufknoſpeſt, ſo iſt es ums Ende des vierten Monats herum, als fange dein Leib da unten im Purpurſchoße an, ſich auch in dieſem Punkte an etwas zu erinnern. Er treibt plötzlich auf ſeiner Haut wie ein ſchießendes Spargelbeet Haare. Ganz feines, wenig gefärbtes Daunenhaar iſt es zunächſt. Es ſprießt zuerſt als Wimper, Augenbraue und Kopfhaar ganz normal, als wolle es das bleibende Lebens¬ haar werden, wie es trotz unſerer Nacktheit am Kopfe ja be¬ ſteht. Aber bald iſt's, als ſei mit dem Sprießen an der einen Ecke erſt recht das Signal gegeben. Unaufhaltſam wächſt es als kleines Ährenfeld auch über Geſicht, Bruſt, Bauch, Rücken und Gliedmaßen fort. Gerade im Geſicht wird es ganz be¬ ſonders üppig und dann auch noch an einer zweiten, vom menſchlichen Nacktheitsſtandpunkt eigentlich unwahrſcheinlichſten Stelle: nämlich in dem Dreieck über dem Kreuzbein, oberhalb des Kerbſchnittes am Rückenende, dort, wo bei der Mehrzahl der Säugetiere der behaarte Schwanz zeitlebens abſteht. Ein regelrechtes Haarſchwänzlein hebt ſich auch bei dir als werdendem Menſchenkind da hinten aus dem Pelz hervor, mit einer eigen¬ tümlich ſpiraligen Anordnung der Haare, ganz accurat ſo, wie ſie bei den Haarquaſten der Tierſchwänze allgemein bekannt iſt. Es iſt auch ſonſt ein regelrechter „Pelz“, nicht wirr ſprießendes Haar, ſondern mit hübſch regelmäßiger Anordnung zu Haar¬ wirbeln und Haarfluren, wie bei jeder Katze und jedem Kaninchen, den Oberarm herunter, den Unterarm herauf, am Rücken zwei¬ zeilig gegen die Mittellinie, am Bauch gegen den Nabel und ſo fort.
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ganz gewiß liegen zwiſchen unſerem Mandrill und Lotosweiblein
nicht noch einmal Gürtler und Igler. Aus dem Waſſer auf¬
getaucht ſind wir als Säugetier noch weniger.
Mit Händen iſt dagegen zu greifen, daß wir in gar nicht
allzu entlegener Tierheit einmal haarig über den ganzen Leib
waren.
Wenn du in deiner natürlichen Lotoshülle, im Mutter¬
leibe, echt nach Säugerart aufknoſpeſt, ſo iſt es ums Ende
des vierten Monats herum, als fange dein Leib da unten im
Purpurſchoße an, ſich auch in dieſem Punkte an etwas zu
erinnern. Er treibt plötzlich auf ſeiner Haut wie ein ſchießendes
Spargelbeet Haare. Ganz feines, wenig gefärbtes Daunenhaar
iſt es zunächſt. Es ſprießt zuerſt als Wimper, Augenbraue
und Kopfhaar ganz normal, als wolle es das bleibende Lebens¬
haar werden, wie es trotz unſerer Nacktheit am Kopfe ja be¬
ſteht. Aber bald iſt's, als ſei mit dem Sprießen an der einen
Ecke erſt recht das Signal gegeben. Unaufhaltſam wächſt es
als kleines Ährenfeld auch über Geſicht, Bruſt, Bauch, Rücken
und Gliedmaßen fort. Gerade im Geſicht wird es ganz be¬
ſonders üppig und dann auch noch an einer zweiten, vom
menſchlichen Nacktheitsſtandpunkt eigentlich unwahrſcheinlichſten
Stelle: nämlich in dem Dreieck über dem Kreuzbein, oberhalb
des Kerbſchnittes am Rückenende, dort, wo bei der Mehrzahl
der Säugetiere der behaarte Schwanz zeitlebens abſteht. Ein
regelrechtes Haarſchwänzlein hebt ſich auch bei dir als werdendem
Menſchenkind da hinten aus dem Pelz hervor, mit einer eigen¬
tümlich ſpiraligen Anordnung der Haare, ganz accurat ſo, wie
ſie bei den Haarquaſten der Tierſchwänze allgemein bekannt iſt.
Es iſt auch ſonſt ein regelrechter „Pelz“, nicht wirr ſprießendes
Haar, ſondern mit hübſch regelmäßiger Anordnung zu Haar¬
wirbeln und Haarfluren, wie bei jeder Katze und jedem Kaninchen,
den Oberarm herunter, den Unterarm herauf, am Rücken zwei¬
zeilig gegen die Mittellinie, am Bauch gegen den Nabel und
ſo fort.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/32>, abgerufen am 31.01.2025.
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