Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.herein und trägt einen Gensd'arme-Hut auf dem Der dreißigste Juli war auch der Himmel¬ herein und trägt einen Gensd'arme-Hut auf dem Der dreißigſte Juli war auch der Himmel¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0084" n="70"/> herein und trägt einen Gensd'arme-Hut auf dem<lb/> Kopfe. Der Royaliſt fragt, ob er verrückt gewor¬<lb/> den, und als er von ihm die Erzählung der vorge¬<lb/> fallenen Ereigniſſe vernimmt, fängt er an an ſeinem<lb/> eigenen Kopf zu zweifeln und ſchickt nach dem Arzte.<lb/> Bald erſcheint dieſer in der Uniform eines National¬<lb/> garden-Officiers und beſtätigt alles. Der Royaliſt<lb/> wankt, aber ſeine feſtere Frau will noch nichts glau¬<lb/> ben, ſagt: Der König verjagt — das könne nur<lb/> ein Mißverſtändniß ſeyn, und ſie wolle in die Faux¬<lb/> bourg St. Germain gehen und Erkundigungen ein¬<lb/> ziehen. Sie geht fort, kehrt nach einer Weile zu¬<lb/> rück und zwar mit einer dreifarbigen Kokarde, groß<lb/> wie ein Wagenrad auf der Bruſt, und ſagt, leider<lb/> ſei alles wahr. Das royaliſtiſche Ehepaar tröſtet<lb/> ſich aber ſehr bald, und iſt der ſehr vernünftigen<lb/> Meinung, ein König ſei wie der andere, der Her¬<lb/> zog von Orleans ſei König und darum das Unglück<lb/> nicht ſo groß. <hi rendition="#aq">Le Roi est mort</hi>, <hi rendition="#aq">vive le Roi</hi>!<lb/> ſchreien ſie und der Arzt bekommt die Tochter. Iſt<lb/> das nicht eine prächtige Erfindung?</p><lb/> <p>Der dreißigſte Juli war auch der Himmel¬<lb/> fahrts-Tag Napoleons. Seitdem wird er als Gott<lb/> angebetet. Ich ſah <hi rendition="#aq #g">la redingote grise</hi>. Es<lb/> iſt die bekannte Geſchichte von der ſogenannten kai¬<lb/> ſerlichen Großmuth gegen die Prinzeſſin Hatzfeld in<lb/> Berlin. Der Theater-Lieferant hatte den Verſtand,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0084]
herein und trägt einen Gensd'arme-Hut auf dem
Kopfe. Der Royaliſt fragt, ob er verrückt gewor¬
den, und als er von ihm die Erzählung der vorge¬
fallenen Ereigniſſe vernimmt, fängt er an an ſeinem
eigenen Kopf zu zweifeln und ſchickt nach dem Arzte.
Bald erſcheint dieſer in der Uniform eines National¬
garden-Officiers und beſtätigt alles. Der Royaliſt
wankt, aber ſeine feſtere Frau will noch nichts glau¬
ben, ſagt: Der König verjagt — das könne nur
ein Mißverſtändniß ſeyn, und ſie wolle in die Faux¬
bourg St. Germain gehen und Erkundigungen ein¬
ziehen. Sie geht fort, kehrt nach einer Weile zu¬
rück und zwar mit einer dreifarbigen Kokarde, groß
wie ein Wagenrad auf der Bruſt, und ſagt, leider
ſei alles wahr. Das royaliſtiſche Ehepaar tröſtet
ſich aber ſehr bald, und iſt der ſehr vernünftigen
Meinung, ein König ſei wie der andere, der Her¬
zog von Orleans ſei König und darum das Unglück
nicht ſo groß. Le Roi est mort, vive le Roi!
ſchreien ſie und der Arzt bekommt die Tochter. Iſt
das nicht eine prächtige Erfindung?
Der dreißigſte Juli war auch der Himmel¬
fahrts-Tag Napoleons. Seitdem wird er als Gott
angebetet. Ich ſah la redingote grise. Es
iſt die bekannte Geſchichte von der ſogenannten kai¬
ſerlichen Großmuth gegen die Prinzeſſin Hatzfeld in
Berlin. Der Theater-Lieferant hatte den Verſtand,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |