Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.der Revolution im Juli: Institution royale Gestern Abend war ich auf dem Maskenball der Revolution im Juli: Institution royale Geſtern Abend war ich auf dem Maskenball <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0154" n="140"/> der Revolution im Juli: <hi rendition="#aq #g">Institution royale<lb/> de musique réligieuse;</hi> aber ſeitdem hat<lb/> man ſie, ob zwar ihre Beſtimmung für die Bildung<lb/> zur Kirchenmuſik die nehmliche geblieben, <hi rendition="#aq">Institution</hi><lb/><hi rendition="#aq #g">royale de musique classique</hi> genannt. Wie<lb/> gefallen Ihnen meine Franzoſen?</p><lb/> <p>Geſtern Abend war ich auf dem Maskenball<lb/> der großen Oper. Es war da ſehr voll und ſehr<lb/> langweilig, wenigſtens für mich und die Gends'armen,<lb/> die wir die einzigen tugendhaften Perſonen im gan¬<lb/> zen Hauſe waren. In allen Theatern waren Mas¬<lb/> kenbälle, und alle ſehr beſucht — <hi rendition="#g">zur Todesfeier<lb/> für die Polen</hi>! — Vor einigen Tagen wurde bei<lb/> den Italienern eine neue Oper, <hi rendition="#g">Fauſto</hi>, aufgeführt<lb/> nach Goethe's Fauſt bearbeitet. Der Componiſt iſt<lb/> eine Componiſtin, Demoiſelle <hi rendition="#g">Bertin</hi>, ein junges<lb/> Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal<lb/> des Debats. Die königliche Familie kam zur erſten<lb/> Vorſtellung; denn das Journal des Debats iſt ein<lb/> miniſterielles Blatt. Die Muſik iſt einigemale nicht<lb/> langweilig, und wer noch nicht ganz todt iſt, erholt<lb/> ſich da wieder. Die ſchönſten Gedanken kommen<lb/> der Componiſtin erſt am Schluſſe der Oper, wahr¬<lb/> ſcheinlich wegen der weiblichen Poſtſcripten-Natur.<lb/> Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten<lb/> Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0154]
der Revolution im Juli: Institution royale
de musique réligieuse; aber ſeitdem hat
man ſie, ob zwar ihre Beſtimmung für die Bildung
zur Kirchenmuſik die nehmliche geblieben, Institution
royale de musique classique genannt. Wie
gefallen Ihnen meine Franzoſen?
Geſtern Abend war ich auf dem Maskenball
der großen Oper. Es war da ſehr voll und ſehr
langweilig, wenigſtens für mich und die Gends'armen,
die wir die einzigen tugendhaften Perſonen im gan¬
zen Hauſe waren. In allen Theatern waren Mas¬
kenbälle, und alle ſehr beſucht — zur Todesfeier
für die Polen! — Vor einigen Tagen wurde bei
den Italienern eine neue Oper, Fauſto, aufgeführt
nach Goethe's Fauſt bearbeitet. Der Componiſt iſt
eine Componiſtin, Demoiſelle Bertin, ein junges
Frauenzimmer, Tochter des Redakteurs des Journal
des Debats. Die königliche Familie kam zur erſten
Vorſtellung; denn das Journal des Debats iſt ein
miniſterielles Blatt. Die Muſik iſt einigemale nicht
langweilig, und wer noch nicht ganz todt iſt, erholt
ſich da wieder. Die ſchönſten Gedanken kommen
der Componiſtin erſt am Schluſſe der Oper, wahr¬
ſcheinlich wegen der weiblichen Poſtſcripten-Natur.
Die letzte Scene, Gretchen im Kerker, macht guten
Eindruck. Aber es wollte mir nicht aus dem Kopfe,
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