Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.les Plätzchen. Das Haus war ungewöhnlich voll, II. 11
les Plätzchen. Das Haus war ungewöhnlich voll, II. 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0175" n="161"/> les Plätzchen. Das Haus war ungewöhnlich voll,<lb/> aber wie mein Nachbar war alle Welt nur gekom¬<lb/> men, das nachfolgende Ballet zu ſehen. Ich ballte<lb/> ſchon zum voraus die Fäuſte, denn ein Ballet bringt<lb/> mich immer in den heftigſten Zorn in einen wahren<lb/> Bierhaus-Zorn. Ich möchte den Tänzern und Tän¬<lb/> zerinnen Arm und Beine entzwei ſchlagen, wenn ſie<lb/> wie toll unter einander ſpringen, und man recht deut¬<lb/> lich wahrnimmt, wie keiner weiß, was er fühlt, was<lb/> er denkt, was er thut, wo er hin will; wenn ſie<lb/> ſich auf ein Bein ſtellen, das andere in die Luft<lb/> kreuzend, und ſo einen Wegweiſer bilden; wenn ſie<lb/> ſich wie gepeiſchte Kreiſel drehen, und mit ihren<lb/> Füßen lächerliche Triller ſchlagen — dann verliert<lb/> man alle Geduld. Darauf war ich vorbereitet, und<lb/> wurde angenehm überraſcht. Das Ballet war wun¬<lb/> derſchön. Es ſind Gedanken, Gefühle und Hand¬<lb/> lungen darin, wie ſie ſich für dieſe zarte Kunſt<lb/> ſchicken. Ich meine, man ſollte nichts anderes tan¬<lb/> zen, als was man auf der Flöte ſpielen darf.<lb/> Donnerwetter in den Beinen, Huſarentänze, Trom¬<lb/> petenſprünge — das iſt gar zu lächerlich. Man<lb/> gab <hi rendition="#aq">Flore et Zéphire, ballet</hi> <hi rendition="#aq #g">anacréontique</hi>.<lb/> Dieſes Beiwort, und daß die Compoſition gefällig<lb/> war, ſcheint mir zu beweiſen, daß es ein <hi rendition="#g">altes</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 11<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [161/0175]
les Plätzchen. Das Haus war ungewöhnlich voll,
aber wie mein Nachbar war alle Welt nur gekom¬
men, das nachfolgende Ballet zu ſehen. Ich ballte
ſchon zum voraus die Fäuſte, denn ein Ballet bringt
mich immer in den heftigſten Zorn in einen wahren
Bierhaus-Zorn. Ich möchte den Tänzern und Tän¬
zerinnen Arm und Beine entzwei ſchlagen, wenn ſie
wie toll unter einander ſpringen, und man recht deut¬
lich wahrnimmt, wie keiner weiß, was er fühlt, was
er denkt, was er thut, wo er hin will; wenn ſie
ſich auf ein Bein ſtellen, das andere in die Luft
kreuzend, und ſo einen Wegweiſer bilden; wenn ſie
ſich wie gepeiſchte Kreiſel drehen, und mit ihren
Füßen lächerliche Triller ſchlagen — dann verliert
man alle Geduld. Darauf war ich vorbereitet, und
wurde angenehm überraſcht. Das Ballet war wun¬
derſchön. Es ſind Gedanken, Gefühle und Hand¬
lungen darin, wie ſie ſich für dieſe zarte Kunſt
ſchicken. Ich meine, man ſollte nichts anderes tan¬
zen, als was man auf der Flöte ſpielen darf.
Donnerwetter in den Beinen, Huſarentänze, Trom¬
petenſprünge — das iſt gar zu lächerlich. Man
gab Flore et Zéphire, ballet anacréontique.
Dieſes Beiwort, und daß die Compoſition gefällig
war, ſcheint mir zu beweiſen, daß es ein altes
II. 11
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