so fest ist er überzeugt, daß Unverschämtheit die erste Tugend eines ächten Staatsmannes ist! Erst heute ist wieder etwas an der Ta¬ gesordnung, was diese seine Tugend in das glänzendste Licht setzt. Am letzten vierzehnten Juli, am Jahrestage der Bestürmung der Bastille, fürchtete man eine Bewegung von den getäuschten und erbitterten Juliushelden, die man, noch aus einem Ueberreste von Schaam, Republikaner schilt. Nun sah man an jenem Tage mit Erstaunen, daß Arbeitsleute aus den Vorstädten der Polizei beigestanden und über alle junge Leute herfielen und sie mishandel¬ ten, die man an grauen Hüten, an Julius¬ kreuzen oder andern Zeichen als Republikaner zu erkennen glaubte, und die sich ganz ruhig verhielten. Darauf beschuldigten einige öffent¬ liche Blätter den Polizei-Präfekten und den Minister des Innern: sie hätten jene Arbeits¬ leute angeworben und bezahlt, um die ihnen
ſo feſt iſt er uͤberzeugt, daß Unverſchaͤmtheit die erſte Tugend eines aͤchten Staatsmannes iſt! Erſt heute iſt wieder etwas an der Ta¬ gesordnung, was dieſe ſeine Tugend in das glaͤnzendſte Licht ſetzt. Am letzten vierzehnten Juli, am Jahrestage der Beſtuͤrmung der Baſtille, fuͤrchtete man eine Bewegung von den getaͤuſchten und erbitterten Juliushelden, die man, noch aus einem Ueberreſte von Schaam, Republikaner ſchilt. Nun ſah man an jenem Tage mit Erſtaunen, daß Arbeitsleute aus den Vorſtaͤdten der Polizei beigeſtanden und uͤber alle junge Leute herfielen und ſie mishandel¬ ten, die man an grauen Huͤten, an Julius¬ kreuzen oder andern Zeichen als Republikaner zu erkennen glaubte, und die ſich ganz ruhig verhielten. Darauf beſchuldigten einige oͤffent¬ liche Blaͤtter den Polizei-Praͤfekten und den Miniſter des Innern: ſie haͤtten jene Arbeits¬ leute angeworben und bezahlt, um die ihnen
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ſo feſt iſt er uͤberzeugt, daß Unverſchaͤmtheit
die erſte Tugend eines aͤchten Staatsmannes
iſt! Erſt heute iſt wieder etwas an der Ta¬
gesordnung, was dieſe ſeine Tugend in das
glaͤnzendſte Licht ſetzt. Am letzten vierzehnten
Juli, am Jahrestage der Beſtuͤrmung der
Baſtille, fuͤrchtete man eine Bewegung von
den getaͤuſchten und erbitterten Juliushelden,
die man, noch aus einem Ueberreſte von Schaam,
Republikaner ſchilt. Nun ſah man an jenem
Tage mit Erſtaunen, daß Arbeitsleute aus den
Vorſtaͤdten der Polizei beigeſtanden und uͤber
alle junge Leute herfielen und ſie mishandel¬
ten, die man an grauen Huͤten, an Julius¬
kreuzen oder andern Zeichen als Republikaner
zu erkennen glaubte, und die ſich ganz ruhig
verhielten. Darauf beſchuldigten einige oͤffent¬
liche Blaͤtter den Polizei-Praͤfekten und den
Miniſter des Innern: ſie haͤtten jene Arbeits¬
leute angeworben und bezahlt, um die ihnen
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/235>, abgerufen am 21.11.2024.
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