schen Grunde spricht Herr von Gagern von der griechischen Frage; aber sein Herz ist gut.
Jetzt weiter; und verlasse mich nicht, lieber Scherz! denn mir graut vor diesen Seelenverkäufern. "Monarchische Verfassung, deutsche Leib¬ "wache, hinreichender Kredit, waren die "großen Grundsätze, worüber wir einver¬ "standen waren." Hört! Hört! vernehmet doch die großen Grundsätze dieser großen Männer! Ein edles Volk, Erbe des schönsten Jahrtausendes der Zeit, Nachkommen von den Lieblingen der Götter, noch immer verklärt von der Abendröthe einer vor zwanzig Jahrhunderten untergegangenen Sonne, noch immer duftend von den Wohlgerüchen eines verbliche¬ nen Paradieses. -- Dieses edle Volk, verarmt, ver¬ schmäht, vergessen, zu Boden gedrückt, erinnert sich, was es gewesen und schüttelt seine Ketten; will wie¬ der werden, was es war und wirft seine Ketten ab. Es ergreift sein rostiges Schwert und kämpft. Män¬ ner, Weiber, Kinder, Greise stürzen und füllen den Abgrund aus, der die Knechtschaft von der Freiheit trennt. Die übriggebliebenen ziehen darüber weg, treten ihr eignes Herz mit Füßen, suchen den Feind und siegen. Einer kämpft gegen hundert. Die christlichen Könige Europens erfahren, ein kleines Christen-Völkchen habe sich gegen Mohamet empört -- sie lachen. Das Völkchen siegt -- sie werden
ſchen Grunde ſpricht Herr von Gagern von der griechiſchen Frage; aber ſein Herz iſt gut.
Jetzt weiter; und verlaſſe mich nicht, lieber Scherz! denn mir graut vor dieſen Seelenverkäufern. „Monarchiſche Verfaſſung, deutſche Leib¬ „wache, hinreichender Kredit, waren die „großen Grundſätze, worüber wir einver¬ „ſtanden waren.“ Hört! Hört! vernehmet doch die großen Grundſätze dieſer großen Männer! Ein edles Volk, Erbe des ſchönſten Jahrtauſendes der Zeit, Nachkommen von den Lieblingen der Götter, noch immer verklärt von der Abendröthe einer vor zwanzig Jahrhunderten untergegangenen Sonne, noch immer duftend von den Wohlgerüchen eines verbliche¬ nen Paradieſes. — Dieſes edle Volk, verarmt, ver¬ ſchmäht, vergeſſen, zu Boden gedrückt, erinnert ſich, was es geweſen und ſchüttelt ſeine Ketten; will wie¬ der werden, was es war und wirft ſeine Ketten ab. Es ergreift ſein roſtiges Schwert und kämpft. Män¬ ner, Weiber, Kinder, Greiſe ſtürzen und füllen den Abgrund aus, der die Knechtſchaft von der Freiheit trennt. Die übriggebliebenen ziehen darüber weg, treten ihr eignes Herz mit Füßen, ſuchen den Feind und ſiegen. Einer kämpft gegen hundert. Die chriſtlichen Könige Europens erfahren, ein kleines Chriſten-Völkchen habe ſich gegen Mohamet empört — ſie lachen. Das Völkchen ſiegt — ſie werden
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ſchen Grunde ſpricht Herr von Gagern von der
griechiſchen Frage; aber ſein Herz iſt gut.
Jetzt weiter; und verlaſſe mich nicht, lieber
Scherz! denn mir graut vor dieſen Seelenverkäufern.
„Monarchiſche Verfaſſung, deutſche Leib¬
„wache, hinreichender Kredit, waren die
„großen Grundſätze, worüber wir einver¬
„ſtanden waren.“ Hört! Hört! vernehmet doch
die großen Grundſätze dieſer großen Männer! Ein
edles Volk, Erbe des ſchönſten Jahrtauſendes der
Zeit, Nachkommen von den Lieblingen der Götter,
noch immer verklärt von der Abendröthe einer vor
zwanzig Jahrhunderten untergegangenen Sonne, noch
immer duftend von den Wohlgerüchen eines verbliche¬
nen Paradieſes. — Dieſes edle Volk, verarmt, ver¬
ſchmäht, vergeſſen, zu Boden gedrückt, erinnert ſich,
was es geweſen und ſchüttelt ſeine Ketten; will wie¬
der werden, was es war und wirft ſeine Ketten ab.
Es ergreift ſein roſtiges Schwert und kämpft. Män¬
ner, Weiber, Kinder, Greiſe ſtürzen und füllen den
Abgrund aus, der die Knechtſchaft von der Freiheit
trennt. Die übriggebliebenen ziehen darüber weg,
treten ihr eignes Herz mit Füßen, ſuchen den Feind
und ſiegen. Einer kämpft gegen hundert. Die
chriſtlichen Könige Europens erfahren, ein kleines
Chriſten-Völkchen habe ſich gegen Mohamet empört
— ſie lachen. Das Völkchen ſiegt — ſie werden
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/119>, abgerufen am 16.02.2025.
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