"ten Königs verpflegt worden, freie Kost, Wohnung, "Heizung und Wäsche hatten, täglich eine Flasche "Champagner, und monatlich hundert Thaler Taschen¬ "geld" . . . . Der Referendär fiel hier dem Robert ins Wort, und sagte: lieber Robert, Sie faseln. Sie verwechseln Propyläen mit Prytanäen. Robert aber erwiederte ärgerlich: Prytanäen oder Propyläen, das ist mir alles eins. Er wollte fortfahren; ich aber halb todt vor Hunger und Durst, raffte alle meine Kraft zusammen und sprach: "lieber Robert! In "den Prytanäen oder Propyläen, denn weil es Ihnen "alle eins ist, ist es mir auch alle eins, bekamen die "verdienten Männer des Vaterlandes, wenn sie Hun¬ "ger hatten, ein Gebackenes zu essen, das man "Madsa nannte. Sind Sie der Meinung, daß "das Wort Mazza, womit Ihre Glaubensgenossen "das ungesäuerte Brod bezeichnen, das sie an ihrem "Pascha essen, mit jenem griechischen Madsa ver¬ "wandt sey? Ich bin nicht der Meynung, sondern "ich stimme mit der des berühmten seeligen Wolf "überein, der in seinen Prolegomenen zum Homer "gezeigt, daß das griechische Madsa, nichts anders "gewesen, als ein Berliner Pfannkuchen. Ach, lieber "Robert! Ach, theurer Alexis! wie glücklich wäre ich, "wenn ich jetzt ein Dutzend Pfannkuchen hätte! Aber "wohlverstanden, von den Guten in der Jägerstraße, "mit einer Zuckerglasur und mit Aprikosen gefüllt."
„ten Königs verpflegt worden, freie Koſt, Wohnung, „Heizung und Wäſche hatten, täglich eine Flaſche „Champagner, und monatlich hundert Thaler Taſchen¬ „geld“ . . . . Der Referendär fiel hier dem Robert ins Wort, und ſagte: lieber Robert, Sie faſeln. Sie verwechſeln Propyläen mit Prytanäen. Robert aber erwiederte ärgerlich: Prytanäen oder Propyläen, das iſt mir alles eins. Er wollte fortfahren; ich aber halb todt vor Hunger und Durſt, raffte alle meine Kraft zuſammen und ſprach: „lieber Robert! In „den Prytanäen oder Propyläen, denn weil es Ihnen „alle eins iſt, iſt es mir auch alle eins, bekamen die „verdienten Männer des Vaterlandes, wenn ſie Hun¬ „ger hatten, ein Gebackenes zu eſſen, das man „Madſa nannte. Sind Sie der Meinung, daß „das Wort Mazza, womit Ihre Glaubensgenoſſen „das ungeſäuerte Brod bezeichnen, das ſie an ihrem „Paſcha eſſen, mit jenem griechiſchen Madſa ver¬ „wandt ſey? Ich bin nicht der Meynung, ſondern „ich ſtimme mit der des berühmten ſeeligen Wolf „überein, der in ſeinen Prolegomenen zum Homer „gezeigt, daß das griechiſche Madſa, nichts anders „geweſen, als ein Berliner Pfannkuchen. Ach, lieber „Robert! Ach, theurer Alexis! wie glücklich wäre ich, „wenn ich jetzt ein Dutzend Pfannkuchen hätte! Aber „wohlverſtanden, von den Guten in der Jägerſtraße, „mit einer Zuckerglaſur und mit Aprikoſen gefüllt.“
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„ten Königs verpflegt worden, freie Koſt, Wohnung,
„Heizung und Wäſche hatten, täglich eine Flaſche
„Champagner, und monatlich hundert Thaler Taſchen¬
„geld“ . . . . Der Referendär fiel hier dem Robert
ins Wort, und ſagte: lieber Robert, Sie faſeln. Sie
verwechſeln Propyläen mit Prytanäen. Robert aber
erwiederte ärgerlich: Prytanäen oder Propyläen, das
iſt mir alles eins. Er wollte fortfahren; ich aber
halb todt vor Hunger und Durſt, raffte alle meine
Kraft zuſammen und ſprach: „lieber Robert! In
„den Prytanäen oder Propyläen, denn weil es Ihnen
„alle eins iſt, iſt es mir auch alle eins, bekamen die
„verdienten Männer des Vaterlandes, wenn ſie Hun¬
„ger hatten, ein Gebackenes zu eſſen, das man
„Madſa nannte. Sind Sie der Meinung, daß
„das Wort Mazza, womit Ihre Glaubensgenoſſen
„das ungeſäuerte Brod bezeichnen, das ſie an ihrem
„Paſcha eſſen, mit jenem griechiſchen Madſa ver¬
„wandt ſey? Ich bin nicht der Meynung, ſondern
„ich ſtimme mit der des berühmten ſeeligen Wolf
„überein, der in ſeinen Prolegomenen zum Homer
„gezeigt, daß das griechiſche Madſa, nichts anders
„geweſen, als ein Berliner Pfannkuchen. Ach, lieber
„Robert! Ach, theurer Alexis! wie glücklich wäre ich,
„wenn ich jetzt ein Dutzend Pfannkuchen hätte! Aber
„wohlverſtanden, von den Guten in der Jägerſtraße,
„mit einer Zuckerglaſur und mit Aprikoſen gefüllt.“
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/189>, abgerufen am 16.02.2025.
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