Verlust entschädigte. Hätte er keine fünf und dreißig Millionen gehabt, sondern nicht mehr als er zu sei¬ nem Unterhalte bedurfte, hätte er die Kammer nicht bestechen können, und das heillose Gesetz der Emi¬ granten-Entschädigung wäre nicht angenommen wor¬ den. Louis Philipp, der Pflaster-König, hat zwölf Millionen jährlicher Einkünfte aus seinem Privatver¬ mögen, und doch verlangt er eine Civil-Liste von achtzehn Millionen. Die Einwohner der Stadt Bourgs haben der Kammer eine Bittschrift übersendet, worin sie darauf antragen, man möchte dem Könige nicht mehr als eine halbe Million geben. Das ist nach meiner Gesinnung eine halbe Million zu viel, ich würde ihm gar nichts geben. Wer die Ehre haben will, ein großes Volk zu regieren, der mag es sich etwas kosten lassen. Frankreich konnte unter sechs Millionen Bürgern einen König wählen; aber König Philipp konnte sich kein Volk wählen; die Völker sind selten. Die Kommission der Kammer war in ihren Ansichten getheilt. Vier Mitglieder derselben stimmten für vierzehn Millionen, die vier andern für zwölf und eine halbe, und das neunte Glied, eben Ihr verehrter Cormenin, stimmte für eine so kleine Summe, daß der ministerielle Bericht- Erstatter der Commission sich schämte, sie in der Kammer laut anzugeben. Dem Kronprinzen wurde überdies, daß ihm die Zeit nicht lange werde, bis
Verluſt entſchädigte. Hätte er keine fünf und dreißig Millionen gehabt, ſondern nicht mehr als er zu ſei¬ nem Unterhalte bedurfte, hätte er die Kammer nicht beſtechen können, und das heilloſe Geſetz der Emi¬ granten-Entſchädigung wäre nicht angenommen wor¬ den. Louis Philipp, der Pflaſter-König, hat zwölf Millionen jährlicher Einkünfte aus ſeinem Privatver¬ mögen, und doch verlangt er eine Civil-Liſte von achtzehn Millionen. Die Einwohner der Stadt Bourgs haben der Kammer eine Bittſchrift überſendet, worin ſie darauf antragen, man möchte dem Könige nicht mehr als eine halbe Million geben. Das iſt nach meiner Geſinnung eine halbe Million zu viel, ich würde ihm gar nichts geben. Wer die Ehre haben will, ein großes Volk zu regieren, der mag es ſich etwas koſten laſſen. Frankreich konnte unter ſechs Millionen Bürgern einen König wählen; aber König Philipp konnte ſich kein Volk wählen; die Völker ſind ſelten. Die Kommiſſion der Kammer war in ihren Anſichten getheilt. Vier Mitglieder derſelben ſtimmten für vierzehn Millionen, die vier andern für zwölf und eine halbe, und das neunte Glied, eben Ihr verehrter Cormenin, ſtimmte für eine ſo kleine Summe, daß der miniſterielle Bericht- Erſtatter der Commiſſion ſich ſchämte, ſie in der Kammer laut anzugeben. Dem Kronprinzen wurde überdies, daß ihm die Zeit nicht lange werde, bis
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0043"n="29"/>
Verluſt entſchädigte. Hätte er keine fünf und dreißig<lb/>
Millionen gehabt, ſondern nicht mehr als er zu ſei¬<lb/>
nem Unterhalte bedurfte, hätte er die Kammer nicht<lb/>
beſtechen können, und das heilloſe Geſetz der Emi¬<lb/>
granten-Entſchädigung wäre nicht angenommen wor¬<lb/>
den. Louis Philipp, der Pflaſter-König, hat zwölf<lb/>
Millionen jährlicher Einkünfte aus ſeinem Privatver¬<lb/>
mögen, und doch verlangt er eine Civil-Liſte von<lb/>
achtzehn Millionen. Die Einwohner der Stadt<lb/>
Bourgs haben der Kammer eine Bittſchrift überſendet,<lb/>
worin ſie darauf antragen, man möchte dem Könige<lb/>
nicht mehr als eine halbe Million geben. Das iſt<lb/>
nach meiner Geſinnung eine halbe Million zu viel,<lb/>
ich würde ihm gar nichts geben. Wer die Ehre<lb/>
haben will, ein großes Volk zu regieren, der mag es<lb/>ſich etwas koſten laſſen. Frankreich konnte unter<lb/>ſechs Millionen Bürgern einen König wählen; aber<lb/>
König Philipp konnte ſich kein Volk wählen; die<lb/>
Völker ſind ſelten. Die Kommiſſion der Kammer<lb/>
war in ihren Anſichten getheilt. Vier Mitglieder<lb/>
derſelben ſtimmten für vierzehn Millionen, die vier<lb/>
andern für zwölf und eine halbe, und das neunte<lb/>
Glied, eben Ihr verehrter Cormenin, ſtimmte für<lb/>
eine ſo kleine Summe, daß der miniſterielle Bericht-<lb/>
Erſtatter der Commiſſion ſich ſchämte, ſie in der<lb/>
Kammer laut anzugeben. Dem Kronprinzen wurde<lb/>
überdies, daß ihm die Zeit nicht lange werde, bis<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[29/0043]
Verluſt entſchädigte. Hätte er keine fünf und dreißig
Millionen gehabt, ſondern nicht mehr als er zu ſei¬
nem Unterhalte bedurfte, hätte er die Kammer nicht
beſtechen können, und das heilloſe Geſetz der Emi¬
granten-Entſchädigung wäre nicht angenommen wor¬
den. Louis Philipp, der Pflaſter-König, hat zwölf
Millionen jährlicher Einkünfte aus ſeinem Privatver¬
mögen, und doch verlangt er eine Civil-Liſte von
achtzehn Millionen. Die Einwohner der Stadt
Bourgs haben der Kammer eine Bittſchrift überſendet,
worin ſie darauf antragen, man möchte dem Könige
nicht mehr als eine halbe Million geben. Das iſt
nach meiner Geſinnung eine halbe Million zu viel,
ich würde ihm gar nichts geben. Wer die Ehre
haben will, ein großes Volk zu regieren, der mag es
ſich etwas koſten laſſen. Frankreich konnte unter
ſechs Millionen Bürgern einen König wählen; aber
König Philipp konnte ſich kein Volk wählen; die
Völker ſind ſelten. Die Kommiſſion der Kammer
war in ihren Anſichten getheilt. Vier Mitglieder
derſelben ſtimmten für vierzehn Millionen, die vier
andern für zwölf und eine halbe, und das neunte
Glied, eben Ihr verehrter Cormenin, ſtimmte für
eine ſo kleine Summe, daß der miniſterielle Bericht-
Erſtatter der Commiſſion ſich ſchämte, ſie in der
Kammer laut anzugeben. Dem Kronprinzen wurde
überdies, daß ihm die Zeit nicht lange werde, bis
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/43>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.