aufgeschlagen, und Alles herausgenommen. Darauf sagten die Ritter: Viel Glück zur Frankfurter Messe, Ihr Herren; und kehrten mit ihrem Fange jubelnd zur Burg zurück. Und weil sie auf diese Art ihr Brod verdienten, nannte man sie Raubritter. Die Waaren verkauften sie dann um einen Spottpreis an Juden, und so hatten sie Geld. Die Juden ver¬ kauften den geplünderten Kaufleuten ihre eigenen Waaren wieder und darauf zogen sie zur Frankfur¬ ter Messe, und alles war gut. So ist die Mauth entstanden, und was damals die Raubrit¬ ter waren, das sind heute die Zöllner."
"Jetzt gebt weiter Acht. Die Kaufherren über¬ legten endlich bei sich: Wäre es nicht gescheidter, wir gäben den Rittern lieber gleich so viel baar Geld, als sie für unsere Waaren von den Juden bekommen? Diese Spitzbuben lassen sich von uns zweimal so viel bezahlen, als sie selbst bezahlten. So wäre die Hälfte Profit und die Prügel wären auch gespart. Sie schickten also dem Ritter Kunz eine Deputation, die trug ihm vor: Herr Ritter, Ihr seyd ein ehrlicher Mann, Ihr habt uns nie etwas zu leid gethan; aber Euer Nachbar, der Ritter Ruprecht, ist ein Spitzbube und ein Räuber, der, so oft wir vor bei¬ kommen, uns mishandelt und beraubt. Wir kommen also, Euch einen Vorschlag zu machen. So oft wir an Eure Burg kommen, begleitet uns mit einem
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aufgeſchlagen, und Alles herausgenommen. Darauf ſagten die Ritter: Viel Glück zur Frankfurter Meſſe, Ihr Herren; und kehrten mit ihrem Fange jubelnd zur Burg zurück. Und weil ſie auf dieſe Art ihr Brod verdienten, nannte man ſie Raubritter. Die Waaren verkauften ſie dann um einen Spottpreis an Juden, und ſo hatten ſie Geld. Die Juden ver¬ kauften den geplünderten Kaufleuten ihre eigenen Waaren wieder und darauf zogen ſie zur Frankfur¬ ter Meſſe, und alles war gut. So iſt die Mauth entſtanden, und was damals die Raubrit¬ ter waren, das ſind heute die Zöllner.“
„Jetzt gebt weiter Acht. Die Kaufherren über¬ legten endlich bei ſich: Wäre es nicht geſcheidter, wir gäben den Rittern lieber gleich ſo viel baar Geld, als ſie für unſere Waaren von den Juden bekommen? Dieſe Spitzbuben laſſen ſich von uns zweimal ſo viel bezahlen, als ſie ſelbſt bezahlten. So wäre die Hälfte Profit und die Prügel wären auch geſpart. Sie ſchickten alſo dem Ritter Kunz eine Deputation, die trug ihm vor: Herr Ritter, Ihr ſeyd ein ehrlicher Mann, Ihr habt uns nie etwas zu leid gethan; aber Euer Nachbar, der Ritter Ruprecht, iſt ein Spitzbube und ein Räuber, der, ſo oft wir vor bei¬ kommen, uns mishandelt und beraubt. Wir kommen alſo, Euch einen Vorſchlag zu machen. So oft wir an Eure Burg kommen, begleitet uns mit einem
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[83/0097]
aufgeſchlagen, und Alles herausgenommen. Darauf
ſagten die Ritter: Viel Glück zur Frankfurter Meſſe,
Ihr Herren; und kehrten mit ihrem Fange jubelnd
zur Burg zurück. Und weil ſie auf dieſe Art ihr
Brod verdienten, nannte man ſie Raubritter. Die
Waaren verkauften ſie dann um einen Spottpreis an
Juden, und ſo hatten ſie Geld. Die Juden ver¬
kauften den geplünderten Kaufleuten ihre eigenen
Waaren wieder und darauf zogen ſie zur Frankfur¬
ter Meſſe, und alles war gut. So iſt die Mauth
entſtanden, und was damals die Raubrit¬
ter waren, das ſind heute die Zöllner.“
„Jetzt gebt weiter Acht. Die Kaufherren über¬
legten endlich bei ſich: Wäre es nicht geſcheidter, wir
gäben den Rittern lieber gleich ſo viel baar Geld,
als ſie für unſere Waaren von den Juden bekommen?
Dieſe Spitzbuben laſſen ſich von uns zweimal ſo viel
bezahlen, als ſie ſelbſt bezahlten. So wäre die Hälfte
Profit und die Prügel wären auch geſpart. Sie
ſchickten alſo dem Ritter Kunz eine Deputation, die
trug ihm vor: Herr Ritter, Ihr ſeyd ein ehrlicher
Mann, Ihr habt uns nie etwas zu leid gethan;
aber Euer Nachbar, der Ritter Ruprecht, iſt ein
Spitzbube und ein Räuber, der, ſo oft wir vor bei¬
kommen, uns mishandelt und beraubt. Wir kommen
alſo, Euch einen Vorſchlag zu machen. So oft wir
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/97>, abgerufen am 16.02.2025.
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