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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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Buch schon weggegeben. Er nennt sich Freund
des Lord Byron
. Der Held dieser Denkwürdig¬
keiten war ein Seeräuber und hat dem Lord Byron
den Stoff zu seinem Corsar und den Giour ge¬
geben. Freilich können diese Denkwürdigkeiten für
eine Frau nicht so anziehend sein als für einen
Mann .... Für einen Mann? O! Es ist mein
Spott. Ich meine: für Männer wie wir sind; ich
meine: für einen Mann wie ich bin, der glaubt et¬
was zu sein, weil er sich schämt nichts zu sein. Ich
schwöre es Ihnen, als ich in dem Buche las, hob
ich meinen Arm hoch empor und redete ihn an:
Schlingel, alter Schlingel! sage mir doch, was hast
du denn gethan in deinem halben Jahrhunderte? Ich
saß am Kamine und starrte in die lodernde Glut.
Brennen -- leben! Von diesem Holze bleibt ein
wenig Asche übrig, das Andere Alles geht als Rauch
in die Luft. Aber dieser Rauch sammelt sich zu
Wolken, diese Wolken stürzen als Regen herab der
die Erde befruchtet, und so ernährt der Tod das
Leben. Auch von den Menschen bleibt nur ein we¬
nig Asche übrig, auch sein ganzes Dasein geht in
Rauch auf; aber dieser Rauch wird nicht zur Wolke,
er kehrt nicht zurück, er befruchtet nichts. Wo kom¬
men nun die zahllosen, unbenutzten, ungenossenen
Kräfte aller der Millionen Menschen hin, die nichts
waren, die nichts werden durften? Die Erziehung

Buch ſchon weggegeben. Er nennt ſich Freund
des Lord Byron
. Der Held dieſer Denkwürdig¬
keiten war ein Seeräuber und hat dem Lord Byron
den Stoff zu ſeinem Corſar und den Giour ge¬
geben. Freilich können dieſe Denkwürdigkeiten für
eine Frau nicht ſo anziehend ſein als für einen
Mann .... Für einen Mann? O! Es iſt mein
Spott. Ich meine: für Männer wie wir ſind; ich
meine: für einen Mann wie ich bin, der glaubt et¬
was zu ſein, weil er ſich ſchämt nichts zu ſein. Ich
ſchwöre es Ihnen, als ich in dem Buche las, hob
ich meinen Arm hoch empor und redete ihn an:
Schlingel, alter Schlingel! ſage mir doch, was haſt
du denn gethan in deinem halben Jahrhunderte? Ich
ſaß am Kamine und ſtarrte in die lodernde Glut.
Brennen — leben! Von dieſem Holze bleibt ein
wenig Aſche übrig, das Andere Alles geht als Rauch
in die Luft. Aber dieſer Rauch ſammelt ſich zu
Wolken, dieſe Wolken ſtürzen als Regen herab der
die Erde befruchtet, und ſo ernährt der Tod das
Leben. Auch von den Menſchen bleibt nur ein we¬
nig Aſche übrig, auch ſein ganzes Daſein geht in
Rauch auf; aber dieſer Rauch wird nicht zur Wolke,
er kehrt nicht zurück, er befruchtet nichts. Wo kom¬
men nun die zahlloſen, unbenutzten, ungenoſſenen
Kräfte aller der Millionen Menſchen hin, die nichts
waren, die nichts werden durften? Die Erziehung

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[218/0230] Buch ſchon weggegeben. Er nennt ſich Freund des Lord Byron. Der Held dieſer Denkwürdig¬ keiten war ein Seeräuber und hat dem Lord Byron den Stoff zu ſeinem Corſar und den Giour ge¬ geben. Freilich können dieſe Denkwürdigkeiten für eine Frau nicht ſo anziehend ſein als für einen Mann .... Für einen Mann? O! Es iſt mein Spott. Ich meine: für Männer wie wir ſind; ich meine: für einen Mann wie ich bin, der glaubt et¬ was zu ſein, weil er ſich ſchämt nichts zu ſein. Ich ſchwöre es Ihnen, als ich in dem Buche las, hob ich meinen Arm hoch empor und redete ihn an: Schlingel, alter Schlingel! ſage mir doch, was haſt du denn gethan in deinem halben Jahrhunderte? Ich ſaß am Kamine und ſtarrte in die lodernde Glut. Brennen — leben! Von dieſem Holze bleibt ein wenig Aſche übrig, das Andere Alles geht als Rauch in die Luft. Aber dieſer Rauch ſammelt ſich zu Wolken, dieſe Wolken ſtürzen als Regen herab der die Erde befruchtet, und ſo ernährt der Tod das Leben. Auch von den Menſchen bleibt nur ein we¬ nig Aſche übrig, auch ſein ganzes Daſein geht in Rauch auf; aber dieſer Rauch wird nicht zur Wolke, er kehrt nicht zurück, er befruchtet nichts. Wo kom¬ men nun die zahlloſen, unbenutzten, ungenoſſenen Kräfte aller der Millionen Menſchen hin, die nichts waren, die nichts werden durften? Die Erziehung

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/230>, abgerufen am 21.11.2024.